Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.Die Unschuld. eine gewisse, untrügliche Erfahrung, daß mit demVerluste der Unschuld auch der Verlust des häuslichen Glücks und aller Freude, aller Ruhe und Zufrieden- heit verbunden ist. Und wie leicht, o Gott, wie leicht wird nicht O ich will und darf mich nicht der Sicherheit, Gott
Die Unſchuld. eine gewiſſe, untrügliche Erfahrung, daß mit demVerluſte der Unſchuld auch der Verluſt des häuslichen Glücks und aller Freude, aller Ruhe und Zufrieden- heit verbunden iſt. Und wie leicht, o Gott, wie leicht wird nicht O ich will und darf mich nicht der Sicherheit, Gott
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Die Unſchuld.
eine gewiſſe, untrügliche Erfahrung, daß mit dem
Verluſte der Unſchuld auch der Verluſt des häuslichen
Glücks und aller Freude, aller Ruhe und Zufrieden-
heit verbunden iſt.
Und wie leicht, o Gott, wie leicht wird nicht
die ſo zarte Frucht der Unſchuld zerknickt und vergif-
tet! Wie bald iſt ein Schritt gethan, der zu dem
Abgrunde des Verderbens führet! Ohne die äuſſerſte
Vorſicht, ohne die größte Behutſamkeit kann mich die
ſorgfältigſte Erziehung, das beſte Herz, der aufge-
klärteſte Verſtand nicht vor dieſem Elende ſchützen.
Der jugendliche Leichtſinn, die Macht der Eitell eit,
die Zerſtreuungen der Mode, ein ſchlüpfriches, über-
raſchendes Buch, ſind das nicht alles ganz gewöhn-
liche und alltägliche Dinge, die mich in einem, oft ab-
ſichtlich vorbereiteten, Augenblicke von der Bahn der
Tugend entfernen können? Iſt nicht die Schmeiche-
ley ein wirkſames, ſchleichendes Gift, das die beſten
Grundſätze meines jungen, unerfahrnen Herzens erſchüt-
tern, meinen, obgleich ſonſt hellen, Verſtand umne-
beln und mich endlich den ſchändlichen Abſichten des
geübten Verführers überliefern kann?
O ich will und darf mich nicht der Sicherheit,
dieſer ungetreuen Freundin der Tugend, überlaſſen,
die ſchon oft den Verluſt der Unſchuld beſchleunigte und
bewirken half. Das Gut, auf deſſen Erhaltung es
hier ankommt, iſt zu koſtbar, zu heilig, zu uner-
ſetzlich, als daß ich mit der Rechtſchaffenheit meiner
Geſinnungen nicht auch die ſtrengſte Vorſicht und Wach-
famkeit verbinden ſollte. Schenke du mir, gütigſter
Gott
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