Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.Die Vorsicht bey der Wahl eines Gatten. Freuden und Annehmlichkeiten habe ich nicht in diesenersten Jahren meines Lebens genossen! wie froh und heiter war da mein Gemüthszustand! wie leicht und sorgenfrey gieng ich auf meinem Wege fort! wie we- nig kannte und empfand ich die mannichfaltigen Wi- derwärtigkeiten, die sonst jeden Stand umringen! Ja, die Jahre, welche ich zurückgelegt habe, sind die angenehmsten; denn es sind die Jahre der Kind- heit und Jugend: und Kindheit und Jugend sollen sich ihres Lebens ganz vorzüglich freuen, um sich mit desto mehr Lust und Eifer auf ihre künftige Bestim- mung vorbereiten zu können. Dank und Lob, o Gott, sey dir für dieses alles Aber
Die Vorſicht bey der Wahl eines Gatten. Freuden und Annehmlichkeiten habe ich nicht in dieſenerſten Jahren meines Lebens genoſſen! wie froh und heiter war da mein Gemüthszuſtand! wie leicht und ſorgenfrey gieng ich auf meinem Wege fort! wie we- nig kannte und empfand ich die mannichfaltigen Wi- derwärtigkeiten, die ſonſt jeden Stand umringen! Ja, die Jahre, welche ich zurückgelegt habe, ſind die angenehmſten; denn es ſind die Jahre der Kind- heit und Jugend: und Kindheit und Jugend ſollen ſich ihres Lebens ganz vorzüglich freuen, um ſich mit deſto mehr Luſt und Eifer auf ihre künftige Beſtim- mung vorbereiten zu können. Dank und Lob, o Gott, ſey dir für dieſes alles Aber
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0154" n="142"/><fw place="top" type="header">Die Vorſicht bey der Wahl eines Gatten.</fw><lb/> Freuden und Annehmlichkeiten habe ich nicht in dieſen<lb/> erſten Jahren meines Lebens genoſſen! wie froh und<lb/> heiter war da mein Gemüthszuſtand! wie leicht und<lb/> ſorgenfrey gieng ich auf meinem Wege fort! wie we-<lb/> nig kannte und empfand ich die mannichfaltigen Wi-<lb/> derwärtigkeiten, die ſonſt jeden Stand umringen!<lb/> Ja, die Jahre, welche ich zurückgelegt habe, ſind<lb/> die angenehmſten; denn es ſind die Jahre der Kind-<lb/> heit und Jugend: und Kindheit und Jugend ſollen<lb/> ſich ihres Lebens ganz vorzüglich freuen, um ſich mit<lb/> deſto mehr Luſt und Eifer auf ihre künftige Beſtim-<lb/> mung vorbereiten zu können.</p><lb/> <p>Dank und Lob, o Gott, ſey dir für dieſes alles<lb/> von mir geſagt! Ich erkenne und verehre deine weiſe<lb/> Güte, deine väterliche Fürſorge, deine huldreiche<lb/> Menſchenliebe, die ich bisher in ſo reichem Maße an<lb/> mir und meinen Schickſalen erfahren habe. Dank<lb/> und Lob ſey dir dafür geſagt, daß unter deiner Leitung<lb/> und Veranſtaltung mein Verſtand und mein Herz ge-<lb/> bildet worden ſind, daß ich mich nun zu der Würde des<lb/> Menſchen und des Chriſten erhoben habe, daß ich<lb/> geſchickt und fähig bin, meine weibliche Beſtimmung<lb/> zu erfüllen und das zu werden und zu leiſten, was<lb/> du bey meinem Eintritte in die Welt wollteſt, daß<lb/> ich werden und leiſten ſollte! Ich ſehe mit Dankbar-<lb/> keit und Rührung auf die verfloſſenen Jahre und Ta-<lb/> ge meines Lebens zurück. Das Andenken an dieſel-<lb/> ben wird mich ſtets vergnügen. Die Erinnerung an<lb/> meine Jugendfreuden wird ſtets mit den angenehmſten,<lb/> froheſten Empfindungen für mich verbunden ſeyn.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Aber</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [142/0154]
Die Vorſicht bey der Wahl eines Gatten.
Freuden und Annehmlichkeiten habe ich nicht in dieſen
erſten Jahren meines Lebens genoſſen! wie froh und
heiter war da mein Gemüthszuſtand! wie leicht und
ſorgenfrey gieng ich auf meinem Wege fort! wie we-
nig kannte und empfand ich die mannichfaltigen Wi-
derwärtigkeiten, die ſonſt jeden Stand umringen!
Ja, die Jahre, welche ich zurückgelegt habe, ſind
die angenehmſten; denn es ſind die Jahre der Kind-
heit und Jugend: und Kindheit und Jugend ſollen
ſich ihres Lebens ganz vorzüglich freuen, um ſich mit
deſto mehr Luſt und Eifer auf ihre künftige Beſtim-
mung vorbereiten zu können.
Dank und Lob, o Gott, ſey dir für dieſes alles
von mir geſagt! Ich erkenne und verehre deine weiſe
Güte, deine väterliche Fürſorge, deine huldreiche
Menſchenliebe, die ich bisher in ſo reichem Maße an
mir und meinen Schickſalen erfahren habe. Dank
und Lob ſey dir dafür geſagt, daß unter deiner Leitung
und Veranſtaltung mein Verſtand und mein Herz ge-
bildet worden ſind, daß ich mich nun zu der Würde des
Menſchen und des Chriſten erhoben habe, daß ich
geſchickt und fähig bin, meine weibliche Beſtimmung
zu erfüllen und das zu werden und zu leiſten, was
du bey meinem Eintritte in die Welt wollteſt, daß
ich werden und leiſten ſollte! Ich ſehe mit Dankbar-
keit und Rührung auf die verfloſſenen Jahre und Ta-
ge meines Lebens zurück. Das Andenken an dieſel-
ben wird mich ſtets vergnügen. Die Erinnerung an
meine Jugendfreuden wird ſtets mit den angenehmſten,
froheſten Empfindungen für mich verbunden ſeyn.
Aber
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern:
Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |