Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.Die Vorsicht bey der Wahl eines Gatten. Ja, so unüberlegt und thöricht es von mir ge- Nein, o Gott, das häusliche, das eheliche wür-
Die Vorſicht bey der Wahl eines Gatten. Ja, ſo unüberlegt und thöricht es von mir ge- Nein, o Gott, das häusliche, das eheliche wür-
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Die Vorſicht bey der Wahl eines Gatten.
Ja, ſo unüberlegt und thöricht es von mir ge-
handelt ſeyn würde, wenn ich ohne Rückſicht auf die
Zukunft zu nehmen, ohne an die Mittel zur Befrie-
digung nothwendiger Bedürfniſſe zu denken und blos
nach leidenſchaftlicher Reigung das wichtigſte Band
knüpfte: ſo niedrig und unedel würde es ſeyn, wenn
ich einem verſtändigen, arbeitſamen, tugendhaften
Freunde, einem gutdenkenden und gemeinnützigen
Manne, der mich liebet und hochſchätzet, der mich
glücklich machen kann und will, an welchem ich nichts
als den Mangel des Reichthums und großer Ehren-
ſtellen auszuſetzen habe, meine Hand verſagen wollte.
Mag es immer eine unleugbare Erfahrung ſeyn, daß
ſich Mancher hinter der Maske der Verſtellung zu ver-
bergen und unſre Vorſicht zu hintergehen weiß: deſto
mehr muß ich mich aber freuen, wenn ich nicht in
dieſe Verlegenheit komme, wenn ich von den ſchlech-
ten, laſterhaften Geſinnungen eines ſolchen im vor-
aus überzeugt bin, wenn ich den reichen und angeſe-
henen Tugendfeind kenne und, vor ihm gewarnt, nicht
die Beute ſeiner Bosheit und die Mitgenoſſin ſeiner
Thorheiten und Vergehungen werden darf. Oder ſoll
ich mir wohl einbilden, daß ſein Anſehen und Vermö-
gen den Mangel des Verſtandes und der Tugend bey
ihm erſetzen, daß er mich blos durch jenes beglücken
könne und werde?
Nein, o Gott, das häusliche, das eheliche
Glück kommt mir nur an der Hand der Weisheit
und der Tugend entgegen. Nur die wahre, edle
Liebe, die auf gegenſeitigen Verdienſten und liebens-
wür-
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