Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.Abendgebet allgemeinen Inhalts. meine Bestimmung, an Tod und Unsterblichkeit mei-ne Gewissenhaftigkeit täglich zu stärken suchen. Ich will keine Sünde, keinen Fehler für klein und unbe- deutend halten, weil stets mehrere und größere daraus folgen und folgen müssen. Jede noch so gemeine und geringscheinende Pflicht soll mir heilig und unverletz- lich seyn, weil ich sie nicht übertreten kann, ohne durch sie und mit ihr auch mehrere andere zu verab- säumen. Unschuld und Reinigkeit des Herzens müs- sen mir theurer als alles, theurer als mein Leben seyn, weil ich dieselben, wenn ich sie einmal verloren habe, nicht wieder zurück zu rufen vermag. Ich will allem dem entsagen, was den Leichtsinn und die Eitelkeit nähren, was mich gleichgültig gegen die Religion ma- chen, was mich zu sehr zerstreuen und dadurch von der geraden, sichern Bahn der Rechtschafsenheit und Tu- gend abführen kann. Feyerlich, o Gott, der du mein Schöpfer und Abendgebet allgemeinen Inhalts. meine Beſtimmung, an Tod und Unſterblichkeit mei-ne Gewiſſenhaftigkeit täglich zu ſtärken ſuchen. Ich will keine Sünde, keinen Fehler für klein und unbe- deutend halten, weil ſtets mehrere und größere daraus folgen und folgen müſſen. Jede noch ſo gemeine und geringſcheinende Pflicht ſoll mir heilig und unverletz- lich ſeyn, weil ich ſie nicht übertreten kann, ohne durch ſie und mit ihr auch mehrere andere zu verab- ſäumen. Unſchuld und Reinigkeit des Herzens müſ- ſen mir theurer als alles, theurer als mein Leben ſeyn, weil ich dieſelben, wenn ich ſie einmal verloren habe, nicht wieder zurück zu rufen vermag. Ich will allem dem entſagen, was den Leichtſinn und die Eitelkeit nähren, was mich gleichgültig gegen die Religion ma- chen, was mich zu ſehr zerſtreuen und dadurch von der geraden, ſichern Bahn der Rechtſchafſenheit und Tu- gend abführen kann. Feyerlich, o Gott, der du mein Schöpfer und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0174" n="162"/><fw place="top" type="header">Abendgebet allgemeinen Inhalts.</fw><lb/> meine Beſtimmung, an Tod und Unſterblichkeit mei-<lb/> ne Gewiſſenhaftigkeit täglich zu ſtärken ſuchen. Ich<lb/> will keine Sünde, keinen Fehler für klein und unbe-<lb/> deutend halten, weil ſtets mehrere und größere daraus<lb/> folgen und folgen müſſen. Jede noch ſo gemeine und<lb/> geringſcheinende Pflicht ſoll mir heilig und unverletz-<lb/> lich ſeyn, weil ich ſie nicht übertreten kann, ohne<lb/> durch ſie und mit ihr auch mehrere andere zu verab-<lb/> ſäumen. Unſchuld und Reinigkeit des Herzens müſ-<lb/> ſen mir theurer als alles, theurer als mein Leben ſeyn,<lb/> weil ich dieſelben, wenn ich ſie einmal verloren habe,<lb/> nicht wieder zurück zu rufen vermag. Ich will allem<lb/> dem entſagen, was den Leichtſinn und die Eitelkeit<lb/> nähren, was mich gleichgültig gegen die Religion ma-<lb/> chen, was mich zu ſehr zerſtreuen und dadurch von der<lb/> geraden, ſichern Bahn der Rechtſchafſenheit und Tu-<lb/> gend abführen kann.</p><lb/> <p>Feyerlich, o Gott, der du mein Schöpfer und<lb/> Richter biſt, feyerlich verſpreche ich es dir in dieſer<lb/> Abendſtunde, die Jahre meiner Jugend, die ſchön-<lb/> ſten und hoffnungsvolleſten meines Lebens, ſo zu ge-<lb/> nießen und ſo anzuwenden, daß ihr Andenken nicht<lb/> mit Reue und Verwirrung, ſondern mit Zufrieden-<lb/> heit und Freude für mich verbunden ſey. Du haſt<lb/> meinen Stand mit Unſchuld gezieret; und die Treue,<lb/> womit ich dieſe Unſchuld bewahre, ſoll eine neue Zier-<lb/> de deſſelben ſeyn! Amen.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [162/0174]
Abendgebet allgemeinen Inhalts.
meine Beſtimmung, an Tod und Unſterblichkeit mei-
ne Gewiſſenhaftigkeit täglich zu ſtärken ſuchen. Ich
will keine Sünde, keinen Fehler für klein und unbe-
deutend halten, weil ſtets mehrere und größere daraus
folgen und folgen müſſen. Jede noch ſo gemeine und
geringſcheinende Pflicht ſoll mir heilig und unverletz-
lich ſeyn, weil ich ſie nicht übertreten kann, ohne
durch ſie und mit ihr auch mehrere andere zu verab-
ſäumen. Unſchuld und Reinigkeit des Herzens müſ-
ſen mir theurer als alles, theurer als mein Leben ſeyn,
weil ich dieſelben, wenn ich ſie einmal verloren habe,
nicht wieder zurück zu rufen vermag. Ich will allem
dem entſagen, was den Leichtſinn und die Eitelkeit
nähren, was mich gleichgültig gegen die Religion ma-
chen, was mich zu ſehr zerſtreuen und dadurch von der
geraden, ſichern Bahn der Rechtſchafſenheit und Tu-
gend abführen kann.
Feyerlich, o Gott, der du mein Schöpfer und
Richter biſt, feyerlich verſpreche ich es dir in dieſer
Abendſtunde, die Jahre meiner Jugend, die ſchön-
ſten und hoffnungsvolleſten meines Lebens, ſo zu ge-
nießen und ſo anzuwenden, daß ihr Andenken nicht
mit Reue und Verwirrung, ſondern mit Zufrieden-
heit und Freude für mich verbunden ſey. Du haſt
meinen Stand mit Unſchuld gezieret; und die Treue,
womit ich dieſe Unſchuld bewahre, ſoll eine neue Zier-
de deſſelben ſeyn! Amen.
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