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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

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Empfindungen und Aussichten
anfangen wird, sich selbst einigermasen zu kennen und
die äussern Gegenstände zu unterscheiden. Jch denke
mir das Vergnügen, welches ich dann empfinden
werde, wenn es meinen Mutternamen lallt. Jch
sehe, mit welcher zärtlichen Begierde dasselbe meine
Gesellschaft suchen, wie es sich an mich drängen, wie
es meine Stimme und meinen Zuruf verstehen wird.
Jch vergegenwärtige mir die Zeit, wo es mich durch
seine Offenheit und Unschuld, durch seine Einfalt und
Aufrichtigkeit, durch seine natürlichen, kunstlosen
Gespräche und Fragen ergötzt, wo es täglich mehr
Dinge kennen und unterscheiden lernt, täglich wißbe-
gieriger wird, tausendmal in seinen Urtheilen irret
und eben so oft von seinem Jrrthume zurückkommt;
die Zeit, wo ich ganz Mutter für dasselbe seyn,
meinen ersten Unterricht anfangen und seinem schwa-
chen Verstande zu Hülfe kommen kann.

Jch versetze mich in die Jahre seiner Jugend
und vergnüge mich an dem Gedanken, daß dieses itzt
so unwissende und mit sich selbst noch unbekannte Kind
dereinst ein weiser und verständiger Mensch werden
kann und wird. Jch stelle mir vor, wie seine Kräfte
geübt, seine Fähigkeiten entwickelt, seine Anlagen
ausgebildet und erhöhet werden; wie es dich, seinen
Vater, Schöpfer, Versorger, Erhalter, kennen ler-
net; dich erst unter dem Bilde des gütigsten und
weisesten Menschen, des huldreichsten und zärtlichsten
Vaters, und dann immer mehr als den Urquell alles
Lebens, aller Vollkommenheit und Glückseligkeit,
als den Herrn der Natur, als den Allweisen, Allgü-

tigen,

Empfindungen und Ausſichten
anfangen wird, ſich ſelbſt einigermaſen zu kennen und
die äuſſern Gegenſtände zu unterſcheiden. Jch denke
mir das Vergnügen, welches ich dann empfinden
werde, wenn es meinen Mutternamen lallt. Jch
ſehe, mit welcher zärtlichen Begierde daſſelbe meine
Geſellſchaft ſuchen, wie es ſich an mich drängen, wie
es meine Stimme und meinen Zuruf verſtehen wird.
Jch vergegenwärtige mir die Zeit, wo es mich durch
ſeine Offenheit und Unſchuld, durch ſeine Einfalt und
Aufrichtigkeit, durch ſeine natürlichen, kunſtloſen
Geſpräche und Fragen ergötzt, wo es täglich mehr
Dinge kennen und unterſcheiden lernt, täglich wißbe-
gieriger wird, tauſendmal in ſeinen Urtheilen irret
und eben ſo oft von ſeinem Jrrthume zurückkommt;
die Zeit, wo ich ganz Mutter für daſſelbe ſeyn,
meinen erſten Unterricht anfangen und ſeinem ſchwa-
chen Verſtande zu Hülfe kommen kann.

Jch verſetze mich in die Jahre ſeiner Jugend
und vergnüge mich an dem Gedanken, daß dieſes itzt
ſo unwiſſende und mit ſich ſelbſt noch unbekannte Kind
dereinſt ein weiſer und verſtändiger Menſch werden
kann und wird. Jch ſtelle mir vor, wie ſeine Kräfte
geübt, ſeine Fähigkeiten entwickelt, ſeine Anlagen
ausgebildet und erhöhet werden; wie es dich, ſeinen
Vater, Schöpfer, Verſorger, Erhalter, kennen ler-
net; dich erſt unter dem Bilde des gütigſten und
weiſeſten Menſchen, des huldreichſten und zärtlichſten
Vaters, und dann immer mehr als den Urquell alles
Lebens, aller Vollkommenheit und Glückſeligkeit,
als den Herrn der Natur, als den Allweiſen, Allgü-

tigen,
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[236/0248] Empfindungen und Ausſichten anfangen wird, ſich ſelbſt einigermaſen zu kennen und die äuſſern Gegenſtände zu unterſcheiden. Jch denke mir das Vergnügen, welches ich dann empfinden werde, wenn es meinen Mutternamen lallt. Jch ſehe, mit welcher zärtlichen Begierde daſſelbe meine Geſellſchaft ſuchen, wie es ſich an mich drängen, wie es meine Stimme und meinen Zuruf verſtehen wird. Jch vergegenwärtige mir die Zeit, wo es mich durch ſeine Offenheit und Unſchuld, durch ſeine Einfalt und Aufrichtigkeit, durch ſeine natürlichen, kunſtloſen Geſpräche und Fragen ergötzt, wo es täglich mehr Dinge kennen und unterſcheiden lernt, täglich wißbe- gieriger wird, tauſendmal in ſeinen Urtheilen irret und eben ſo oft von ſeinem Jrrthume zurückkommt; die Zeit, wo ich ganz Mutter für daſſelbe ſeyn, meinen erſten Unterricht anfangen und ſeinem ſchwa- chen Verſtande zu Hülfe kommen kann. Jch verſetze mich in die Jahre ſeiner Jugend und vergnüge mich an dem Gedanken, daß dieſes itzt ſo unwiſſende und mit ſich ſelbſt noch unbekannte Kind dereinſt ein weiſer und verſtändiger Menſch werden kann und wird. Jch ſtelle mir vor, wie ſeine Kräfte geübt, ſeine Fähigkeiten entwickelt, ſeine Anlagen ausgebildet und erhöhet werden; wie es dich, ſeinen Vater, Schöpfer, Verſorger, Erhalter, kennen ler- net; dich erſt unter dem Bilde des gütigſten und weiſeſten Menſchen, des huldreichſten und zärtlichſten Vaters, und dann immer mehr als den Urquell alles Lebens, aller Vollkommenheit und Glückſeligkeit, als den Herrn der Natur, als den Allweiſen, Allgü- tigen,

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Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/248>, abgerufen am 21.11.2024.