erworbenen Einsichten folgt und nicht aus Vorurtheil und Leidenschaften, sondern nach deutlich erkannten Gründen und Absichten handelt; als einen Christen, der aus der Religion seine Hauptsache macht und auf- richtig bemühet ist, sich nach dem Geiste und Sinne Jesu und seiner Lehre zu bilden.
Jch sehe die Zeit kommen, wo ich mich mit Thränen der Liebe und der Freude von demselben tren- nen werde, wo es in die große Welt eintritt, wo es sich seinen bestimmten Beruf wählt, oder nach dem Berufe, den du ihm selbst angewiesen hast, zu handeln anfängt, wo mir deine Anordnung und die Natur dasselbe ab- fordern. Jch stelle mir vor, wie es seine Bestim- mung erreicht, ein besonderes, von mir unabhängiges Glied der Gesellschaft wird und zum Besten derselben so oder anders das seinige beyträgt. Jch nehme schon itzt im Geiste an seinem Glücke, an seinen Schicksalen, an seinem guten Rufe, an seiner Ehre Theil, die sei- ne Einsichten, seine Tugend und Gemeinnützigkeit be- lohnen werden.
Jch vergegenwärtige mir dasselbe in seiner schönsten Blüthe, in seiner vollen Reife, und denke mich dabey, wie ich alt und schwach und kraftlos werde. Dann wird das hülflose Kind, das ich itzt auf meinen Armen trage und an meine Brust drücke, mein Trost, meine Freude und Stütze seyn. Dann wird es sich von Dank und Liebe durchdrungen so an mich anschließen, wie ich mich itzt an dasselbe anschließe. Dann wird es mir die Mühe, die Beschwerlichkeiten, die Arbeiten, die
ich
Empfindungen und Ausſichten
erworbenen Einſichten folgt und nicht aus Vorurtheil und Leidenſchaften, ſondern nach deutlich erkannten Gründen und Abſichten handelt; als einen Chriſten, der aus der Religion ſeine Hauptſache macht und auf- richtig bemühet iſt, ſich nach dem Geiſte und Sinne Jeſu und ſeiner Lehre zu bilden.
Jch ſehe die Zeit kommen, wo ich mich mit Thränen der Liebe und der Freude von demſelben tren- nen werde, wo es in die große Welt eintritt, wo es ſich ſeinen beſtimmten Beruf wählt, oder nach dem Berufe, den du ihm ſelbſt angewieſen haſt, zu handeln anfängt, wo mir deine Anordnung und die Natur daſſelbe ab- fordern. Jch ſtelle mir vor, wie es ſeine Beſtim- mung erreicht, ein beſonderes, von mir unabhängiges Glied der Geſellſchaft wird und zum Beſten derſelben ſo oder anders das ſeinige beyträgt. Jch nehme ſchon itzt im Geiſte an ſeinem Glücke, an ſeinen Schickſalen, an ſeinem guten Rufe, an ſeiner Ehre Theil, die ſei- ne Einſichten, ſeine Tugend und Gemeinnützigkeit be- lohnen werden.
Jch vergegenwärtige mir daſſelbe in ſeiner ſchönſten Blüthe, in ſeiner vollen Reife, und denke mich dabey, wie ich alt und ſchwach und kraftlos werde. Dann wird das hülfloſe Kind, das ich itzt auf meinen Armen trage und an meine Bruſt drücke, mein Troſt, meine Freude und Stütze ſeyn. Dann wird es ſich von Dank und Liebe durchdrungen ſo an mich anſchließen, wie ich mich itzt an daſſelbe anſchließe. Dann wird es mir die Mühe, die Beſchwerlichkeiten, die Arbeiten, die
ich
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Empfindungen und Ausſichten
erworbenen Einſichten folgt und nicht aus Vorurtheil
und Leidenſchaften, ſondern nach deutlich erkannten
Gründen und Abſichten handelt; als einen Chriſten,
der aus der Religion ſeine Hauptſache macht und auf-
richtig bemühet iſt, ſich nach dem Geiſte und Sinne
Jeſu und ſeiner Lehre zu bilden.
Jch ſehe die Zeit kommen, wo ich mich mit
Thränen der Liebe und der Freude von demſelben tren-
nen werde, wo es in die große Welt eintritt, wo es ſich
ſeinen beſtimmten Beruf wählt, oder nach dem Berufe,
den du ihm ſelbſt angewieſen haſt, zu handeln anfängt,
wo mir deine Anordnung und die Natur daſſelbe ab-
fordern. Jch ſtelle mir vor, wie es ſeine Beſtim-
mung erreicht, ein beſonderes, von mir unabhängiges
Glied der Geſellſchaft wird und zum Beſten derſelben ſo
oder anders das ſeinige beyträgt. Jch nehme ſchon
itzt im Geiſte an ſeinem Glücke, an ſeinen Schickſalen,
an ſeinem guten Rufe, an ſeiner Ehre Theil, die ſei-
ne Einſichten, ſeine Tugend und Gemeinnützigkeit be-
lohnen werden.
Jch vergegenwärtige mir daſſelbe in ſeiner ſchönſten
Blüthe, in ſeiner vollen Reife, und denke mich dabey, wie
ich alt und ſchwach und kraftlos werde. Dann wird das
hülfloſe Kind, das ich itzt auf meinen Armen trage und
an meine Bruſt drücke, mein Troſt, meine Freude
und Stütze ſeyn. Dann wird es ſich von Dank und
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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/250>, abgerufen am 16.02.2025.
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