Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.Bey einem lasterhaften Kinde. ich nichts ausrichten, nichts verbessern. Nein, ichwill mich vielmehr bemühen, die Pflichten, die ich in dieser Absicht auf mir habe, treu und sorgfältig zu erfüllen. Jch will als Mutter die Fehler meines Kindes so viel möglich zu vergüten und das von ihm gestiftete Böse, so viel in meinen Kräften stehet, wie- der gut zu machen suchen. Jch will allen denen, wel- chen es Beleidigungen und Kränkungen zugefüget hat, mit desto größerer Liebe und Achtung begegnen. Jch will diejenigen, die von ihm zum Laster verführet wor- den sind, auf den Weg der Tugend zurückzubringen bemühet seyn. Jch will den Schaden, welchen das- selbe gewissen Personen verursachet hat, so oder an- ders ersetzen. Jch will wenigstens dem Uebel, wel- ches dasselbe stiftet, aus allen Kräften entgegen ar- beiten und mich in keiner Betrachtung seiner Sünden und Vergehungen theilhaftig machen. Dieß bin ich dir, o Gott, dieß bin ich der Gesellschaft schuldig. Dadurch allein kann ich andere davon überzeugen, daß ich an den Ausschweifungen meines Kindes unschul- dig bin, daß ich sie verabscheue und mich herzlich darüber betrübe, daß ich dasselbe im Ernste zu bessern und zu seiner Pflicht zurückzurufen wünsche. Vorzüglich aber, o Gott, vorzüglich liegt es und T 2
Bey einem laſterhaften Kinde. ich nichts ausrichten, nichts verbeſſern. Nein, ichwill mich vielmehr bemühen, die Pflichten, die ich in dieſer Abſicht auf mir habe, treu und ſorgfältig zu erfüllen. Jch will als Mutter die Fehler meines Kindes ſo viel möglich zu vergüten und das von ihm geſtiftete Böſe, ſo viel in meinen Kräften ſtehet, wie- der gut zu machen ſuchen. Jch will allen denen, wel- chen es Beleidigungen und Kränkungen zugefüget hat, mit deſto größerer Liebe und Achtung begegnen. Jch will diejenigen, die von ihm zum Laſter verführet wor- den ſind, auf den Weg der Tugend zurückzubringen bemühet ſeyn. Jch will den Schaden, welchen daſ- ſelbe gewiſſen Perſonen verurſachet hat, ſo oder an- ders erſetzen. Jch will wenigſtens dem Uebel, wel- ches daſſelbe ſtiftet, aus allen Kräften entgegen ar- beiten und mich in keiner Betrachtung ſeiner Sünden und Vergehungen theilhaftig machen. Dieß bin ich dir, o Gott, dieß bin ich der Geſellſchaft ſchuldig. Dadurch allein kann ich andere davon überzeugen, daß ich an den Ausſchweifungen meines Kindes unſchul- dig bin, daß ich ſie verabſcheue und mich herzlich darüber betrübe, daß ich daſſelbe im Ernſte zu beſſern und zu ſeiner Pflicht zurückzurufen wünſche. Vorzüglich aber, o Gott, vorzüglich liegt es und T 2
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Bey einem laſterhaften Kinde.
ich nichts ausrichten, nichts verbeſſern. Nein, ich
will mich vielmehr bemühen, die Pflichten, die ich in
dieſer Abſicht auf mir habe, treu und ſorgfältig zu
erfüllen. Jch will als Mutter die Fehler meines
Kindes ſo viel möglich zu vergüten und das von ihm
geſtiftete Böſe, ſo viel in meinen Kräften ſtehet, wie-
der gut zu machen ſuchen. Jch will allen denen, wel-
chen es Beleidigungen und Kränkungen zugefüget hat,
mit deſto größerer Liebe und Achtung begegnen. Jch
will diejenigen, die von ihm zum Laſter verführet wor-
den ſind, auf den Weg der Tugend zurückzubringen
bemühet ſeyn. Jch will den Schaden, welchen daſ-
ſelbe gewiſſen Perſonen verurſachet hat, ſo oder an-
ders erſetzen. Jch will wenigſtens dem Uebel, wel-
ches daſſelbe ſtiftet, aus allen Kräften entgegen ar-
beiten und mich in keiner Betrachtung ſeiner Sünden
und Vergehungen theilhaftig machen. Dieß bin ich
dir, o Gott, dieß bin ich der Geſellſchaft ſchuldig.
Dadurch allein kann ich andere davon überzeugen, daß
ich an den Ausſchweifungen meines Kindes unſchul-
dig bin, daß ich ſie verabſcheue und mich herzlich
darüber betrübe, daß ich daſſelbe im Ernſte zu beſſern
und zu ſeiner Pflicht zurückzurufen wünſche.
Vorzüglich aber, o Gott, vorzüglich liegt es
mir als einer ſorgfältigen und chriſtlichen Mutter ob,
dahin zu ſehen und zu arbeiten, daß ſein böſes und
laſterhaftes Beyſpiel für meine übrigen Kinder nicht
gefährlich wird. Denn wie oft geſchiehet es nicht,
daß Ein laſterhafter Menſch viele andere verführet
und
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