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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

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Die Macht und der Einfluß böser Beyspiele.
gangbaren Lastern verleitet, ohne daß ich es selbst be-
merke, ja ohne daß ich mir die gerinste Mühe gäbe,
ihnen entgegen zu arbeiten. Da denke und wünsche
und urtheile und handle ich so wie andere, ob ich schon
bey meinen Einsichten und Religionskenntnissen wissen
kann und oft wirklich weiß, daß ich vernünftiger den-
ken, etwas ganz anders wünschen, nach andern Grund-
sätzen urtheilen und besser handeln soll.

Ja, ich darf mir in meinen Jahren nicht das
Nachdenken und den Scharfsinn zutrauen, die zur
Entkräftung der bösen und verführerischen Beyspiele
nöthig sind. Ich darf mich hier nicht auf meinen noch
ungeübten Verstand verlassen, wo das Herz so bereit-
willig ist, alle Eindrücke anzunehmen, die andere auf
dasselbe machen. Ich muß vielmehr den schlechten
Beyspielen gute und tugendhafte entgegensetzen, um
mir meine Pflichten durch diese eben so zu erleichtern,
als jene dem Laster den Weg bahnen. Ich muß mir
die Schönheit und Vortreff lichkeit der Tugend durch
das Muster edler und gutgesinnter Personen versinn-
lichen, um den Neigungen und Lockungen zum Laster
desto leichter widerstehen zu können.

In dieser Absicht will ich besonders in der Wahl
meiner Jugendfreundinnen behutsam und vorsichtig
seyn. Ich will meinen guten Aeltern und andern
erklärten Tugendfreunden, nicht aber fremden und mir
in Absicht ihres Charakters unbekannten Personen
ähnlich zu werden suchen. Ich will mir nur einige
wenige, nicht aber die große Menge zum Muster vor-
setzen und dann mein ganzes Bestreben darauf rich-

ten,

Die Macht und der Einfluß böſer Beyſpiele.
gangbaren Laſtern verleitet, ohne daß ich es ſelbſt be-
merke, ja ohne daß ich mir die gerinſte Mühe gäbe,
ihnen entgegen zu arbeiten. Da denke und wünſche
und urtheile und handle ich ſo wie andere, ob ich ſchon
bey meinen Einſichten und Religionskenntniſſen wiſſen
kann und oft wirklich weiß, daß ich vernünftiger den-
ken, etwas ganz anders wünſchen, nach andern Grund-
ſätzen urtheilen und beſſer handeln ſoll.

Ja, ich darf mir in meinen Jahren nicht das
Nachdenken und den Scharfſinn zutrauen, die zur
Entkräftung der böſen und verführeriſchen Beyſpiele
nöthig ſind. Ich darf mich hier nicht auf meinen noch
ungeübten Verſtand verlaſſen, wo das Herz ſo bereit-
willig iſt, alle Eindrücke anzunehmen, die andere auf
daſſelbe machen. Ich muß vielmehr den ſchlechten
Beyſpielen gute und tugendhafte entgegenſetzen, um
mir meine Pflichten durch dieſe eben ſo zu erleichtern,
als jene dem Laſter den Weg bahnen. Ich muß mir
die Schönheit und Vortreff lichkeit der Tugend durch
das Muſter edler und gutgeſinnter Perſonen verſinn-
lichen, um den Neigungen und Lockungen zum Laſter
deſto leichter widerſtehen zu können.

In dieſer Abſicht will ich beſonders in der Wahl
meiner Jugendfreundinnen behutſam und vorſichtig
ſeyn. Ich will meinen guten Aeltern und andern
erklärten Tugendfreunden, nicht aber fremden und mir
in Abſicht ihres Charakters unbekannten Perſonen
ähnlich zu werden ſuchen. Ich will mir nur einige
wenige, nicht aber die große Menge zum Muſter vor-
ſetzen und dann mein ganzes Beſtreben darauf rich-

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[58/0070] Die Macht und der Einfluß böſer Beyſpiele. gangbaren Laſtern verleitet, ohne daß ich es ſelbſt be- merke, ja ohne daß ich mir die gerinſte Mühe gäbe, ihnen entgegen zu arbeiten. Da denke und wünſche und urtheile und handle ich ſo wie andere, ob ich ſchon bey meinen Einſichten und Religionskenntniſſen wiſſen kann und oft wirklich weiß, daß ich vernünftiger den- ken, etwas ganz anders wünſchen, nach andern Grund- ſätzen urtheilen und beſſer handeln ſoll. Ja, ich darf mir in meinen Jahren nicht das Nachdenken und den Scharfſinn zutrauen, die zur Entkräftung der böſen und verführeriſchen Beyſpiele nöthig ſind. Ich darf mich hier nicht auf meinen noch ungeübten Verſtand verlaſſen, wo das Herz ſo bereit- willig iſt, alle Eindrücke anzunehmen, die andere auf daſſelbe machen. Ich muß vielmehr den ſchlechten Beyſpielen gute und tugendhafte entgegenſetzen, um mir meine Pflichten durch dieſe eben ſo zu erleichtern, als jene dem Laſter den Weg bahnen. Ich muß mir die Schönheit und Vortreff lichkeit der Tugend durch das Muſter edler und gutgeſinnter Perſonen verſinn- lichen, um den Neigungen und Lockungen zum Laſter deſto leichter widerſtehen zu können. In dieſer Abſicht will ich beſonders in der Wahl meiner Jugendfreundinnen behutſam und vorſichtig ſeyn. Ich will meinen guten Aeltern und andern erklärten Tugendfreunden, nicht aber fremden und mir in Abſicht ihres Charakters unbekannten Perſonen ähnlich zu werden ſuchen. Ich will mir nur einige wenige, nicht aber die große Menge zum Muſter vor- ſetzen und dann mein ganzes Beſtreben darauf rich- ten,

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Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/70>, abgerufen am 27.11.2024.