Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.Das kränkelnde und schwächliche Mädchen. Ferne sey also es von mir, ein Leben zu verachten nicht
Das kränkelnde und ſchwächliche Mädchen. Ferne ſey alſo es von mir, ein Leben zu verachten nicht
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Das kränkelnde und ſchwächliche Mädchen.
Ferne ſey alſo es von mir, ein Leben zu verachten
und gering zu ſchätzen, das ich aus deiner Hand
empfangen habe, weil es dann und wann mit ſchmerz-
haften und unangenehmen Empfindungen verbunden
iſt. Schon die Freude, welche ich dann empfinde,
wenn ich mich auf eine kürzere oder längere Zeit ge-
ſund und munter fühle, und die nur mir in meinen
Umſtänden eigen iſt, ſchon dieſe Freude iſt ein unſchätz-
bares Gut, welches diejenigen nicht kennen, die
bey dem ununterbrochenen Genuſſe der Geſundheit
gleichgültig gegen dieſelbe werden. Ferne ſey es von
mir, das, was ich entbehre, übertrieben zu ſchätzen,
und laute, geräuſchvolle Vergnügungen für die einzigen
und höchſten zu halten. Freylich darf ich nie oder
ſelten an dieſen Antheil nehmen, ohne ihren Genuß
durch ſchmerzhafte Nachempfindungen theuer zu bezah-
len: aber es bleiben mir ja andere ſinnliche Freuden
übrig, die ſtiller und unſchädlicher und wohlthätiger
für mich ſind. Kann ich doch in der ſchönen Natur
und in der Beobachtung deiner Werke alle meine Sin-
ne auf die edelſte Weiſe ergötzen. Kann ich doch die
reinen geiſtigen Vergnügungen deſto ungeſtörter auf-
ſuchen und genießen, die des Menſchen und des
Chriſten ſo würdig ſind. Welche edle, ununterbro-
chene Freuden gewähret mir nicht die Freundſchaft und
der vertraute Umgang mit auserwählten, tugendhaf-
ten Perſonen! Welches wahre, ſtets ſchmackhafte Ver-
gnügen finde ich nicht in dem Nachdenken über wichti-
ge Dinge und in der Erwerbung neuer und gemeinnü-
tziger Kenntniſſe! Mit welchem hohen Entzücken iſt
nicht
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