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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Sechste Buch.
Sie lieben sich noch hier: Eneas sieht in gleichen
Die Phoedram/ Procrin und die Eryphylen schleichen
Mit hoch betrübtem sinn: Die zeiget ihm die leich
Und wunden ihres sohns/ der dem Orestes gleich
Die mutter schluge tod und greulich sich befleckte/
Den auch sein rasen muth/ wie jenen/ tödtlich schreckte/
Und umb das leben bracht/ er sieht Pastphaen
Und die Evadnen/ auch Laodamien gehn
Bey diesen in geleit. Hiernebenst sieht er wandern
Den Caeneus bey dem wald herumb mit vielen andern/
Der war ein Jüngeling/ und wurd in eine frau
Verwandelt/ und noch einst mit grosser wunder schaw
Durch grosse bitt und wuntsch in einen mann verkehret/
Vom Meergott/ blieb darnach gantz fest und unversehret.
Darunter fand sich auch die Dido/ welche sich
Entleibet/ und nun erst nach solchen todesstich
Irrt in dem wald herumb. So bald Eneas kömmet
Was näher zu ihr hin/ und wer sie sey/ vernimmet
In dem er sie erkennt in dunckeln/ wies pflegt seyn/
Wenn durch die wolcke man erblickt des mondenschein:;
Ließ er das zähren Naß abfliessen von den wangen/
Und sprach sie an mit lieb und hertzlichen verlangen:
Du arme Dido du/ so hast du selbselbst dich/
Wie mir wurd kund gethan/ entleibet jämmerlich?
Ich habe leider! Schuld an deinem tod und leiche/
O königin/ ich bin ungern aus deinem reiche
Gezogen/ welches mir von hertzen nun ist leid/
Daß ich bezeugen kan mit einem theuren eyd.
Allein
Das Sechſte Buch.
Sie lieben ſich noch hier: Eneas ſieht in gleichen
Die Phoedram/ Procrin und die Eryphylen ſchleichen
Mit hoch betruͤbtem ſinn: Die zeiget ihm die leich
Und wunden ihres ſohns/ der dem Oreſtes gleich
Die mutter ſchluge tod und greulich ſich befleckte/
Den auch ſein raſen muth/ wie jenen/ toͤdtlich ſchreckte/
Und umb das leben bracht/ er ſieht Paſtphaen
Und die Evadnen/ auch Laodamien gehn
Bey dieſen in geleit. Hiernebenſt ſieht er wandern
Den Caeneus bey dem wald herumb mit vielen andern/
Der war ein Juͤngeling/ und wurd in eine frau
Verwandelt/ und noch einſt mit groſſer wunder ſchaw
Durch groſſe bitt und wuntſch in einen mann verkehret/
Vom Meergott/ blieb darnach gantz feſt und unverſehret.
Darunter fand ſich auch die Dido/ welche ſich
Entleibet/ und nun erſt nach ſolchen todesſtich
Irrt in dem wald herumb. So bald Eneas koͤmmet
Was naͤher zu ihr hin/ und wer ſie ſey/ vernimmet
In dem er ſie erkennt in dunckeln/ wies pflegt ſeyn/
Wenn durch die wolcke man erblickt des mondenſchein:;
Ließ er das zaͤhren Naß abflieſſen von den wangen/
Und ſprach ſie an mit lieb und hertzlichen verlangen:
Du arme Dido du/ ſo haſt du ſelbſelbſt dich/
Wie mir wurd kund gethan/ entleibet jaͤmmerlich?
Ich habe leider! Schuld an deinem tod und leiche/
O koͤnigin/ ich bin ungern aus deinem reiche
Gezogen/ welches mir von hertzen nun iſt leid/
Daß ich bezeugen kan mit einem theuren eyd.
Allein
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[288/0310] Das Sechſte Buch. Sie lieben ſich noch hier: Eneas ſieht in gleichen Die Phoedram/ Procrin und die Eryphylen ſchleichen Mit hoch betruͤbtem ſinn: Die zeiget ihm die leich Und wunden ihres ſohns/ der dem Oreſtes gleich Die mutter ſchluge tod und greulich ſich befleckte/ Den auch ſein raſen muth/ wie jenen/ toͤdtlich ſchreckte/ Und umb das leben bracht/ er ſieht Paſtphaen Und die Evadnen/ auch Laodamien gehn Bey dieſen in geleit. Hiernebenſt ſieht er wandern Den Caeneus bey dem wald herumb mit vielen andern/ Der war ein Juͤngeling/ und wurd in eine frau Verwandelt/ und noch einſt mit groſſer wunder ſchaw Durch groſſe bitt und wuntſch in einen mann verkehret/ Vom Meergott/ blieb darnach gantz feſt und unverſehret. Darunter fand ſich auch die Dido/ welche ſich Entleibet/ und nun erſt nach ſolchen todesſtich Irrt in dem wald herumb. So bald Eneas koͤmmet Was naͤher zu ihr hin/ und wer ſie ſey/ vernimmet In dem er ſie erkennt in dunckeln/ wies pflegt ſeyn/ Wenn durch die wolcke man erblickt des mondenſchein:; Ließ er das zaͤhren Naß abflieſſen von den wangen/ Und ſprach ſie an mit lieb und hertzlichen verlangen: Du arme Dido du/ ſo haſt du ſelbſelbſt dich/ Wie mir wurd kund gethan/ entleibet jaͤmmerlich? Ich habe leider! Schuld an deinem tod und leiche/ O koͤnigin/ ich bin ungern aus deinem reiche Gezogen/ welches mir von hertzen nun iſt leid/ Daß ich bezeugen kan mit einem theuren eyd. Allein

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/310>, abgerufen am 22.11.2024.