Marperger, Paul Jacob: Beschreibung der Banqven. Halle (Saale) u. a., 1717.Das II. Capitel und eine neue Million Profit bringen/ welches durch die Rechen-Kunstam besten sich beweisen läst. Allein unsers Herrn D. Bechers Propo- sition etwas näher zu examiniren/ so führet er erstlich in seiner Rela- tion an/ daß die Holländer keine Hypothec, Land oder Zoll einneh- men/ welches nicht entweder in ihrem Land selbst/ oder nah dabey ge- legen wäre. Daß sie hierin gar grosse Ursachen haben/ ist aus der Be- schaffenheit der veränderlichen Welt-Händel und Conjuncturen bekannt. Daß aber auch eines Landes-Herrn seine Cammer dergleichen Verpfän- dungen auff allewege zu meiden/ und/ was von Alters her verpfändet worden ist/ sorgfältig wieder einzulösen ihr höchstes Interesse seyn solte/ solches wird wohl Niemand in Abrede seyn können. Diesem aber unge- acht haben doch die Holländer nach der Zeit auff Hypothequen in fremden Ländern gelegen Geld vorgeschossen/ und seynd darumb doch (auch so gar bey wiedrigen Conjuncturen) nicht darum gefähret worden/ daß also obbemeldte Regul schon ihre Exception leidet. Was den Unter- scheid zwischen Loß- und Leib-Renten betrifft/ ist davon in unserm Tractat de Montibus Pietatis ausführlich gehandelt/ und pag. 254. unterschied- liche Arten künstlicher Eintheilungen solcher Leib-Renten/ sonderlich aber/ was die Tontine sey/ gewiesen/ und dabey auch Anleitung gegeben wor- den/ wie ein in Geld-Nöthen steckender Etaat noch leichter in seinem eige- nen Lande zu Auffrichtung solcher Leib-Renten und zwar dergestalt gelan- gen könte/ daß der zu Bezahlung solcher Renten destinirte fundus nach und nach dem Landes-Herrn selbsten zu gute käme/ und endlich das auf- genommene Capital gäntzlich absorbiret würde. Da der Author anfänglich von 15. pro Cent gedencket/ so ist der einer
Das II. Capitel und eine neue Million Profit bringen/ welches durch die Rechen-Kunſtam beſten ſich beweiſen laͤſt. Allein unſers Herrn D. Bechers Propo- ſition etwas naͤher zu examiniren/ ſo fuͤhret er erſtlich in ſeiner Rela- tion an/ daß die Hollaͤnder keine Hypothec, Land oder Zoll einneh- men/ welches nicht entweder in ihrem Land ſelbſt/ oder nah dabey ge- legen waͤre. Daß ſie hierin gar groſſe Urſachen haben/ iſt aus der Be- ſchaffenheit der veraͤnderlichen Welt-Haͤndel und Conjuncturen bekannt. Daß aber auch eines Landes-Herrn ſeine Cammer dergleichen Verpfaͤn- dungen auff allewege zu meiden/ und/ was von Alters her verpfaͤndet worden iſt/ ſorgfaͤltig wieder einzuloͤſen ihr hoͤchſtes Intereſſe ſeyn ſolte/ ſolches wird wohl Niemand in Abrede ſeyn koͤnnen. Dieſem aber unge- acht haben doch die Hollaͤnder nach der Zeit auff Hypothequen in fremden Laͤndern gelegen Geld vorgeſchoſſen/ und ſeynd darumb doch (auch ſo gar bey wiedrigen Conjuncturen) nicht darum gefaͤhret worden/ daß alſo obbemeldte Regul ſchon ihre Exception leidet. Was den Unter- ſcheid zwiſchen Loß- und Leib-Renten betrifft/ iſt davon in unſerm Tractat de Montibus Pietatis ausfuͤhrlich gehandelt/ und pag. 254. unterſchied- liche Arten kuͤnſtlicher Eintheilungen ſolcher Leib-Renten/ ſonderlich aber/ was die Tontine ſey/ gewieſen/ und dabey auch Anleitung gegeben wor- den/ wie ein in Geld-Noͤthen ſteckender Etaat noch leichter in ſeinem eige- nen Lande zu Auffrichtung ſolcher Leib-Renten und zwar dergeſtalt gelan- gen koͤnte/ daß der zu Bezahlung ſolcher Renten deſtinirte fundus nach und nach dem Landes-Herrn ſelbſten zu gute kaͤme/ und endlich das auf- genommene Capital gaͤntzlich abſorbiret wuͤrde. Da der Author anfaͤnglich von 15. pro Cent gedencket/ ſo iſt der einer
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Das II. Capitel
und eine neue Million Profit bringen/ welches durch die Rechen-Kunſt
am beſten ſich beweiſen laͤſt. Allein unſers Herrn D. Bechers Propo-
ſition etwas naͤher zu examiniren/ ſo fuͤhret er erſtlich in ſeiner Rela-
tion an/ daß die Hollaͤnder keine Hypothec, Land oder Zoll einneh-
men/ welches nicht entweder in ihrem Land ſelbſt/ oder nah dabey ge-
legen waͤre. Daß ſie hierin gar groſſe Urſachen haben/ iſt aus der Be-
ſchaffenheit der veraͤnderlichen Welt-Haͤndel und Conjuncturen bekannt.
Daß aber auch eines Landes-Herrn ſeine Cammer dergleichen Verpfaͤn-
dungen auff allewege zu meiden/ und/ was von Alters her verpfaͤndet
worden iſt/ ſorgfaͤltig wieder einzuloͤſen ihr hoͤchſtes Intereſſe ſeyn ſolte/
ſolches wird wohl Niemand in Abrede ſeyn koͤnnen. Dieſem aber unge-
acht haben doch die Hollaͤnder nach der Zeit auff Hypothequen in
fremden Laͤndern gelegen Geld vorgeſchoſſen/ und ſeynd darumb doch (auch
ſo gar bey wiedrigen Conjuncturen) nicht darum gefaͤhret worden/ daß
alſo obbemeldte Regul ſchon ihre Exception leidet. Was den Unter-
ſcheid zwiſchen Loß- und Leib-Renten betrifft/ iſt davon in unſerm Tractat
de Montibus Pietatis ausfuͤhrlich gehandelt/ und pag. 254. unterſchied-
liche Arten kuͤnſtlicher Eintheilungen ſolcher Leib-Renten/ ſonderlich aber/
was die Tontine ſey/ gewieſen/ und dabey auch Anleitung gegeben wor-
den/ wie ein in Geld-Noͤthen ſteckender Etaat noch leichter in ſeinem eige-
nen Lande zu Auffrichtung ſolcher Leib-Renten und zwar dergeſtalt gelan-
gen koͤnte/ daß der zu Bezahlung ſolcher Renten deſtinirte fundus nach
und nach dem Landes-Herrn ſelbſten zu gute kaͤme/ und endlich das auf-
genommene Capital gaͤntzlich abſorbiret wuͤrde.
Da der Author anfaͤnglich von 15. pro Cent gedencket/ ſo iſt der
Calculus richtig/ daß eine Million RThlr. Capitals, wann ſie 40. Jahr
mit 15. pro Centum verintereſſiret werden ſolte/ nach Ablauff ſolcher
Zeit 6. Millionen Intereſſe tragen wuͤrde; Und obgleich die an Capi-
tal bekommene Million davon abzurechnen/ ſo waͤren doch in 40. Jah-
ren 5. Millionen aus dem Land oder Revenüen desjenigen Potentaten/
der die Million auffgenommen/ vor Intereſſe ausgegangen/ welches
ein uͤbeles Facit in der Cammer-Rechnung machen wuͤrde/ zumahl wann
mit der auffgenommenen Million nichts wieder gewonnen/ oder ſolche gar
unnuͤtz ausgegeben waͤre/ da dann die Ausgab in wenig Wochen oder
Monaten geſchehen kan/ dem Lande hingegen eine Jaͤhrliche Laſt von
einer
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