Marperger, Paul Jacob: Der allzeit-fertige Handels-Correspondent. 4. Aufl. Hamburg, 1717.samt darzu gehörigen Antworten. theilt in Handel und Wandel/ dem Verrähter Judaswurde von unsern Heyland der Beutel zugestellet/ da indessen die andern Aposteln den heiligen Geist empfin- gen. Also siehet man noch täglich die Gottlosen (wor- unter auch die Geitzigen zu rechnen) mit vielen Gütern prangen. Und doch dabey/ sonderlich diese letztere Art Menschen eben so grossen Mangel leiden/ als der Tan- talus, welcher bis an den Mund in Wasser gestanden/ und doch dabey vor Durst verschmachtete. Ehrlich und bürgerlich zu leben erfordert wenig Geld/ und noch weniger wohl zu sterben; Der gröste Gewinn ist/ wer Gottsfürchtig ist/ und lässet ihm genügen/ wir seynd bloß auf die Welt kommen/ bloß werden wir auch wie- der dahin fahren. Ein mittelmäßiges Gut bey dem man in Ruhe lebt/ ist besser/ als ein beschwerlicher Reichthum: aber der Geitzhals ist so närrisch/ daß er lieber aus einen trüben Wasser mit Mühe und Gefahr schöpffet/ als aus einen kleinen/ ob wohl klaren Bäch- lein. Ja was noch mehr ist; Er vermeynet/ er ver- liere alles was er nicht gewinnet/ und diese Begierde ist allezeit mit Neid und Sorge vermischet/ so lange er sein Hertz an das Zeitliche hänget/ und zu den Geld- Klumpen sagt: du bist mein Gott. Jch will indessen dem Herrn wohlmeynend rahten/ sich der grossen Last des Geitzes zu entladen/ je näher er (alters halber) ist/ den Todten-Berg hinanzusteigen/ man samle sich viel- mehr Schätze die die Diebe nicht stehlen/ oder die Motten verzehren können/ man mache sich Freunde mit den ungerechten Mammon, und überlasse andern seinen Neben-Bürgern auch ein Stück Brod/ so wird man hinführo ein geruhiger Gewissen haben können. Womit verharre etc. XXIX. X x 3
ſamt darzu gehoͤrigen Antworten. theilt in Handel und Wandel/ dem Verraͤhter Judaswurde von unſern Heyland der Beutel zugeſtellet/ da indeſſen die andern Apoſteln den heiligen Geiſt empfin- gen. Alſo ſiehet man noch taͤglich die Gottloſen (wor- unter auch die Geitzigen zu rechnen) mit vielen Guͤtern prangen. Und doch dabey/ ſonderlich dieſe letztere Art Menſchen eben ſo groſſen Mangel leiden/ als der Tan- talus, welcher bis an den Mund in Waſſer geſtanden/ und doch dabey vor Durſt verſchmachtete. Ehrlich und buͤrgerlich zu leben erfordert wenig Geld/ und noch weniger wohl zu ſterben; Der groͤſte Gewinn iſt/ wer Gottsfuͤrchtig iſt/ und laͤſſet ihm genuͤgen/ wir ſeynd bloß auf die Welt kommen/ bloß werden wir auch wie- der dahin fahren. Ein mittelmaͤßiges Gut bey dem man in Ruhe lebt/ iſt beſſer/ als ein beſchwerlicher Reichthum: aber der Geitzhals iſt ſo naͤrriſch/ daß er lieber aus einen truͤben Waſſer mit Muͤhe und Gefahr ſchoͤpffet/ als aus einen kleinen/ ob wohl klaren Baͤch- lein. Ja was noch mehr iſt; Er vermeynet/ er ver- liere alles was er nicht gewinnet/ und dieſe Begierde iſt allezeit mit Neid und Sorge vermiſchet/ ſo lange er ſein Hertz an das Zeitliche haͤnget/ und zu den Geld- Klumpen ſagt: du biſt mein Gott. Jch will indeſſen dem Herrn wohlmeynend rahten/ ſich der groſſen Laſt des Geitzes zu entladen/ je naͤher er (alters halber) iſt/ den Todten-Berg hinanzuſteigen/ man ſamle ſich viel- mehr Schaͤtze die die Diebe nicht ſtehlen/ oder die Motten verzehren koͤnnen/ man mache ſich Freunde mit den ungerechten Mammon, und uͤberlaſſe andern ſeinen Neben-Buͤrgern auch ein Stuͤck Brod/ ſo wird man hinfuͤhro ein geruhiger Gewiſſen haben koͤnnen. Womit verharre ꝛc. XXIX. X x 3
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ſamt darzu gehoͤrigen Antworten.
theilt in Handel und Wandel/ dem Verraͤhter Judas
wurde von unſern Heyland der Beutel zugeſtellet/ da
indeſſen die andern Apoſteln den heiligen Geiſt empfin-
gen. Alſo ſiehet man noch taͤglich die Gottloſen (wor-
unter auch die Geitzigen zu rechnen) mit vielen Guͤtern
prangen. Und doch dabey/ ſonderlich dieſe letztere Art
Menſchen eben ſo groſſen Mangel leiden/ als der Tan-
talus, welcher bis an den Mund in Waſſer geſtanden/
und doch dabey vor Durſt verſchmachtete. Ehrlich
und buͤrgerlich zu leben erfordert wenig Geld/ und noch
weniger wohl zu ſterben; Der groͤſte Gewinn iſt/ wer
Gottsfuͤrchtig iſt/ und laͤſſet ihm genuͤgen/ wir ſeynd
bloß auf die Welt kommen/ bloß werden wir auch wie-
der dahin fahren. Ein mittelmaͤßiges Gut bey dem
man in Ruhe lebt/ iſt beſſer/ als ein beſchwerlicher
Reichthum: aber der Geitzhals iſt ſo naͤrriſch/ daß er
lieber aus einen truͤben Waſſer mit Muͤhe und Gefahr
ſchoͤpffet/ als aus einen kleinen/ ob wohl klaren Baͤch-
lein. Ja was noch mehr iſt; Er vermeynet/ er ver-
liere alles was er nicht gewinnet/ und dieſe Begierde
iſt allezeit mit Neid und Sorge vermiſchet/ ſo lange er
ſein Hertz an das Zeitliche haͤnget/ und zu den Geld-
Klumpen ſagt: du biſt mein Gott. Jch will indeſſen
dem Herrn wohlmeynend rahten/ ſich der groſſen Laſt
des Geitzes zu entladen/ je naͤher er (alters halber) iſt/
den Todten-Berg hinanzuſteigen/ man ſamle ſich viel-
mehr Schaͤtze die die Diebe nicht ſtehlen/ oder die
Motten verzehren koͤnnen/ man mache ſich Freunde
mit den ungerechten Mammon, und uͤberlaſſe andern
ſeinen Neben-Buͤrgern auch ein Stuͤck Brod/ ſo wird
man hinfuͤhro ein geruhiger Gewiſſen haben koͤnnen.
Womit verharre ꝛc.
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