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Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715.

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Der Kauffmanns-Diener Beobachtung.
wann er seiner Sach nicht recht gewiß ist/ auf mensch-
liche Hülffe/ sondern dencke/ daß nach dem gemei-
nen Sprichwort/ nechst GOtt/ die Freunde in der
Kisten/ die gewißten seyn. Dieses wollen wir zwar
nicht verläugnen/ daß nicht ein junger Anfänger
vielmals von vornehmen Freunden und Blutsver-
wandten/ einen grossen Vortheil ziehe; Einmal/
daß sie ihm würcklich mit baaren Geld/ Waaren und
Credit aushelffen; sondern die Handels-Leute ha-
ben auch viel andere Wege/ durch welche sie einan-
der favorisiren können; als wann sie einem z. E.
das erste Geficht/ den Vorkauff und nechsten Preiß
in einer Waar gönnen/ einander Commissiones
zuweisen/ recommandiren/ und in gewissen Din-
gen/ auf welchen Vortheil zu erjagen/ mit partici-
pi
ren lassen; allein es seynd rara Contingentia,
nach eben einem andern Sprichwort/ welches bey
ihnen im Gebrauch ist/ daß nehmlich Handlung keine
Freundschafft leide. Woraus wir nur dieses Mora-
le
unsern jungen Anfängern geben wollen/ daß
reiche Freunde und Blutsverwandte zu haben/ zwar
gut/ aber sich nicht allzuviel darauf zu verlassen
sey.

Die Zeiten und Conjuncturen bey Unterneh-
mung einer Handlung anzusehen/ ist meines Be-
dünckens höchst nothwendig; man höret gemeini-
glich von alten wohlhabenden Kauffleuten sagen/
sie hätten zu guter Zeit angefangen/ es wäre da-
mals noch nicht alles so überhäufft gewesen/ wie
jetzund/ die Waare hätte noch etwas gegolten/ es
wäre noch Geld/ Treue und Glauben unter den
Leuten gewesen/ nun wollte jederman handlen/ die

Waa-
E e

Der Kauffmanns-Diener Beobachtung.
wann er ſeiner Sach nicht recht gewiß iſt/ auf menſch-
liche Huͤlffe/ ſondern dencke/ daß nach dem gemei-
nen Sprichwort/ nechſt GOtt/ die Freunde in der
Kiſten/ die gewißten ſeyn. Dieſes wollen wir zwar
nicht verlaͤugnen/ daß nicht ein junger Anfaͤnger
vielmals von vornehmen Freunden und Blutsver-
wandten/ einen groſſen Vortheil ziehe; Einmal/
daß ſie ihm wuͤrcklich mit baaren Geld/ Waaren und
Credit aushelffen; ſondern die Handels-Leute ha-
ben auch viel andere Wege/ durch welche ſie einan-
der favoriſiren koͤnnen; als wann ſie einem z. E.
das erſte Geficht/ den Vorkauff und nechſten Preiß
in einer Waar goͤnnen/ einander Commiſſiones
zuweiſen/ recommandiren/ und in gewiſſen Din-
gen/ auf welchen Vortheil zu erjagen/ mit partici-
pi
ren laſſen; allein es ſeynd rara Contingentia,
nach eben einem andern Sprichwort/ welches bey
ihnen im Gebrauch iſt/ daß nehmlich Handlung keine
Freundſchafft leide. Woraus wir nur dieſes Mora-
le
unſern jungen Anfaͤngern geben wollen/ daß
reiche Freunde und Blutsverwandte zu haben/ zwar
gut/ aber ſich nicht allzuviel darauf zu verlaſſen
ſey.

Die Zeiten und Conjuncturen bey Unterneh-
mung einer Handlung anzuſehen/ iſt meines Be-
duͤnckens hoͤchſt nothwendig; man hoͤret gemeini-
glich von alten wohlhabenden Kauffleuten ſagen/
ſie haͤtten zu guter Zeit angefangen/ es waͤre da-
mals noch nicht alles ſo uͤberhaͤufft geweſen/ wie
jetzund/ die Waare haͤtte noch etwas gegolten/ es
waͤre noch Geld/ Treue und Glauben unter den
Leuten geweſen/ nun wollte jederman handlen/ die

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[433/0459] Der Kauffmanns-Diener Beobachtung. wann er ſeiner Sach nicht recht gewiß iſt/ auf menſch- liche Huͤlffe/ ſondern dencke/ daß nach dem gemei- nen Sprichwort/ nechſt GOtt/ die Freunde in der Kiſten/ die gewißten ſeyn. Dieſes wollen wir zwar nicht verlaͤugnen/ daß nicht ein junger Anfaͤnger vielmals von vornehmen Freunden und Blutsver- wandten/ einen groſſen Vortheil ziehe; Einmal/ daß ſie ihm wuͤrcklich mit baaren Geld/ Waaren und Credit aushelffen; ſondern die Handels-Leute ha- ben auch viel andere Wege/ durch welche ſie einan- der favoriſiren koͤnnen; als wann ſie einem z. E. das erſte Geficht/ den Vorkauff und nechſten Preiß in einer Waar goͤnnen/ einander Commiſſiones zuweiſen/ recommandiren/ und in gewiſſen Din- gen/ auf welchen Vortheil zu erjagen/ mit partici- piren laſſen; allein es ſeynd rara Contingentia, nach eben einem andern Sprichwort/ welches bey ihnen im Gebrauch iſt/ daß nehmlich Handlung keine Freundſchafft leide. Woraus wir nur dieſes Mora- le unſern jungen Anfaͤngern geben wollen/ daß reiche Freunde und Blutsverwandte zu haben/ zwar gut/ aber ſich nicht allzuviel darauf zu verlaſſen ſey. Die Zeiten und Conjuncturen bey Unterneh- mung einer Handlung anzuſehen/ iſt meines Be- duͤnckens hoͤchſt nothwendig; man hoͤret gemeini- glich von alten wohlhabenden Kauffleuten ſagen/ ſie haͤtten zu guter Zeit angefangen/ es waͤre da- mals noch nicht alles ſo uͤberhaͤufft geweſen/ wie jetzund/ die Waare haͤtte noch etwas gegolten/ es waͤre noch Geld/ Treue und Glauben unter den Leuten geweſen/ nun wollte jederman handlen/ die Waa- E e

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Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715/459>, abgerufen am 25.11.2024.