Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

Caput XII.
be oder nicht/ findet sich dieses letztere/ so seye er ge-
dultig vertraue GOtt/ führe sich dabey demüthig
und gelassen auf/ vergelte nicht Böses mit Bösem/
noch Scheltwort mit Scheltworten/ und dencke/ es
sey viel besser/ man werde beneidet/ als beklaget. Vor
allen hüte er sich vor Processen und Zanck-Händ-
len/ als welche auch die besten Handlungen ruini-
ren/ und sonderlich einen jungen Menschen/ in eine
solche Decadenz und verwirrten Zustand bringen
können/ daß er niemals hernach wieder recht zu
Kräfften kommen kan.

Gegen diejenige/ welchen sein Aufkommen oder
Verderben indifferent ist/ kan er sich auch also be-
zeigen/ und sich allezeit in der Gleichheit gegen sie
verhalten/ jedoch mehr durch Höflichkeit und Dienst-
fertigkeit sie zu gewinnen suchen/ damit sie aus der
Indifference heraus gehen/ und ihme Gegen-
Freundschafft erzeigen mögen.

Jnsonderheit muß er sich in allen seinem Thun
denenjenigen dienstfertig und danckbar erweisen/
welche ihme zu seinem Etablissement mit Rath und
That beygestanden. Wie eine Jungfer ihre Jung-
ferschafft; also muß ein Kauffmann/ sonderlich ein
junger angehender/ sorgfältig seinen Credit bewah-
ren/ und lieber seinem Leib und Bequemlichkeit ab-
brechen/ als daß er nicht Wort halten/ oder einen
Tag die versprochene Wieder-Bezahlung aufschte-
ben sollte. Ohne Credit und anderer Leut Hülffe kan
wohl niemand so leicht/ sonderlich von jungen an-
gehenden Kauffleuten/ leben; ich wollte aber lieber/
daß einer seine Sachen von unten auf ins Kleine/
und so viel als möglich mit eigenen Mitteln anfien-

ge/

Caput XII.
be oder nicht/ findet ſich dieſes letztere/ ſo ſeye er ge-
dultig vertraue GOtt/ fuͤhre ſich dabey demuͤthig
und gelaſſen auf/ vergelte nicht Boͤſes mit Boͤſem/
noch Scheltwort mit Scheltworten/ und dencke/ es
ſey viel beſſer/ man werde beneidet/ als beklaget. Vor
allen huͤte er ſich vor Proceſſen und Zanck-Haͤnd-
len/ als welche auch die beſten Handlungen ruini-
ren/ und ſonderlich einen jungen Menſchen/ in eine
ſolche Decadenz und verwirrten Zuſtand bringen
koͤnnen/ daß er niemals hernach wieder recht zu
Kraͤfften kommen kan.

Gegen diejenige/ welchen ſein Aufkommen oder
Verderben indifferent iſt/ kan er ſich auch alſo be-
zeigen/ und ſich allezeit in der Gleichheit gegen ſie
verhalten/ jedoch mehr durch Hoͤflichkeit und Dienſt-
fertigkeit ſie zu gewinnen ſuchen/ damit ſie aus der
Indifference heraus gehen/ und ihme Gegen-
Freundſchafft erzeigen moͤgen.

Jnſonderheit muß er ſich in allen ſeinem Thun
denenjenigen dienſtfertig und danckbar erweiſen/
welche ihme zu ſeinem Etabliſſement mit Rath und
That beygeſtanden. Wie eine Jungfer ihre Jung-
ferſchafft; alſo muß ein Kauffmann/ ſonderlich ein
junger angehender/ ſorgfaͤltig ſeinen Credit bewah-
ren/ und lieber ſeinem Leib und Bequemlichkeit ab-
brechen/ als daß er nicht Wort halten/ oder einen
Tag die verſprochene Wieder-Bezahlung aufſchte-
ben ſollte. Ohne Credit und anderer Leut Huͤlffe kan
wohl niemand ſo leicht/ ſonderlich von jungen an-
gehenden Kauffleuten/ leben; ich wollte aber lieber/
daß einer ſeine Sachen von unten auf ins Kleine/
und ſo viel als moͤglich mit eigenen Mitteln anfien-

ge/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0464" n="438"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Caput XII.</hi></hi></fw><lb/>
be oder nicht/ findet &#x017F;ich die&#x017F;es letztere/ &#x017F;o &#x017F;eye er ge-<lb/>
dultig vertraue GOtt/ fu&#x0364;hre &#x017F;ich dabey demu&#x0364;thig<lb/>
und gela&#x017F;&#x017F;en auf/ vergelte nicht Bo&#x0364;&#x017F;es mit Bo&#x0364;&#x017F;em/<lb/>
noch Scheltwort mit Scheltworten/ und dencke/ es<lb/>
&#x017F;ey viel be&#x017F;&#x017F;er/ man werde beneidet/ als beklaget. Vor<lb/>
allen hu&#x0364;te er &#x017F;ich vor <hi rendition="#aq">Proce&#x017F;&#x017F;</hi>en und Zanck-Ha&#x0364;nd-<lb/>
len/ als welche auch die be&#x017F;ten Handlungen <hi rendition="#aq">ruini-</hi><lb/>
ren/ und &#x017F;onderlich einen jungen Men&#x017F;chen/ in eine<lb/>
&#x017F;olche <hi rendition="#aq">Decadenz</hi> und verwirrten Zu&#x017F;tand bringen<lb/>
ko&#x0364;nnen/ daß er niemals hernach wieder recht zu<lb/>
Kra&#x0364;fften kommen kan.</p><lb/>
        <p>Gegen diejenige/ welchen &#x017F;ein Aufkommen oder<lb/>
Verderben <hi rendition="#aq">indifferent</hi> i&#x017F;t/ kan er &#x017F;ich auch al&#x017F;o be-<lb/>
zeigen/ und &#x017F;ich allezeit in der Gleichheit gegen &#x017F;ie<lb/>
verhalten/ jedoch mehr durch Ho&#x0364;flichkeit und Dien&#x017F;t-<lb/>
fertigkeit &#x017F;ie zu gewinnen &#x017F;uchen/ damit &#x017F;ie aus der<lb/><hi rendition="#aq">Indifference</hi> heraus gehen/ und ihme Gegen-<lb/>
Freund&#x017F;chafft erzeigen mo&#x0364;gen.</p><lb/>
        <p>Jn&#x017F;onderheit muß er &#x017F;ich in allen &#x017F;einem Thun<lb/>
denenjenigen dien&#x017F;tfertig und danckbar erwei&#x017F;en/<lb/>
welche ihme zu &#x017F;einem <hi rendition="#aq">Etabli&#x017F;&#x017F;ement</hi> mit Rath und<lb/>
That beyge&#x017F;tanden. Wie eine Jungfer ihre Jung-<lb/>
fer&#x017F;chafft; al&#x017F;o muß ein Kauffmann/ &#x017F;onderlich ein<lb/>
junger angehender/ &#x017F;orgfa&#x0364;ltig &#x017F;einen <hi rendition="#aq">Credit</hi> bewah-<lb/>
ren/ und lieber &#x017F;einem Leib und Bequemlichkeit ab-<lb/>
brechen/ als daß er nicht Wort halten/ oder einen<lb/>
Tag die ver&#x017F;prochene Wieder-Bezahlung auf&#x017F;chte-<lb/>
ben &#x017F;ollte. Ohne <hi rendition="#aq">Credit</hi> und anderer Leut Hu&#x0364;lffe kan<lb/>
wohl niemand &#x017F;o leicht/ &#x017F;onderlich von jungen an-<lb/>
gehenden Kauffleuten/ leben; ich wollte aber lieber/<lb/>
daß einer &#x017F;eine Sachen von unten auf ins Kleine/<lb/>
und &#x017F;o viel als mo&#x0364;glich mit eigenen Mitteln anfien-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[438/0464] Caput XII. be oder nicht/ findet ſich dieſes letztere/ ſo ſeye er ge- dultig vertraue GOtt/ fuͤhre ſich dabey demuͤthig und gelaſſen auf/ vergelte nicht Boͤſes mit Boͤſem/ noch Scheltwort mit Scheltworten/ und dencke/ es ſey viel beſſer/ man werde beneidet/ als beklaget. Vor allen huͤte er ſich vor Proceſſen und Zanck-Haͤnd- len/ als welche auch die beſten Handlungen ruini- ren/ und ſonderlich einen jungen Menſchen/ in eine ſolche Decadenz und verwirrten Zuſtand bringen koͤnnen/ daß er niemals hernach wieder recht zu Kraͤfften kommen kan. Gegen diejenige/ welchen ſein Aufkommen oder Verderben indifferent iſt/ kan er ſich auch alſo be- zeigen/ und ſich allezeit in der Gleichheit gegen ſie verhalten/ jedoch mehr durch Hoͤflichkeit und Dienſt- fertigkeit ſie zu gewinnen ſuchen/ damit ſie aus der Indifference heraus gehen/ und ihme Gegen- Freundſchafft erzeigen moͤgen. Jnſonderheit muß er ſich in allen ſeinem Thun denenjenigen dienſtfertig und danckbar erweiſen/ welche ihme zu ſeinem Etabliſſement mit Rath und That beygeſtanden. Wie eine Jungfer ihre Jung- ferſchafft; alſo muß ein Kauffmann/ ſonderlich ein junger angehender/ ſorgfaͤltig ſeinen Credit bewah- ren/ und lieber ſeinem Leib und Bequemlichkeit ab- brechen/ als daß er nicht Wort halten/ oder einen Tag die verſprochene Wieder-Bezahlung aufſchte- ben ſollte. Ohne Credit und anderer Leut Huͤlffe kan wohl niemand ſo leicht/ ſonderlich von jungen an- gehenden Kauffleuten/ leben; ich wollte aber lieber/ daß einer ſeine Sachen von unten auf ins Kleine/ und ſo viel als moͤglich mit eigenen Mitteln anfien- ge/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715/464
Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715/464>, abgerufen am 25.11.2024.