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Marperger, Paul Jacob: Beschreibung Des Hutmacher-Handwercks. Altenburg, 1719.

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und Andolosia vermacht, doch mit der Condition, daß
beyde Kleinode ihnen zum allgemeinen Brüderlichen
Gebrauch verbleiben, und nicht von einander getrennt
werden solten, allein Andolosia hatte nach des Vaters
Tode seinen ältern Bruder Ampedo so viel gute Worte
gegeben, daß er ihme den Seckel (nach dem sie zu vor 2.
Kisten mit Geld daraus angefüllet) mit auff die Reise
hätte folgen lassen, da er ihme denn in Engelland von
der jungen Königin Agrippina durch falsche Liebe wäre
abgelocket worden. Dieser Untreu halber sich nun zu
rächen, und den verlohrnen Seckel wieder zu gewinnen,
wäre er wieder nach Hauß gereiset, hätte den hinterlas-
senen Wünsch-Hut geholet, sich damit auffs neue nach
Engeland gewünschet, und als er an Königl. Hof ange-
kommen, sich vor einen Juwelirer verkleidet ausgege-
ben, welcher der Königlichen Princeßin schöne Juwe-
len zu weisen hätte. Wie sie ihn nun hierauff in ihr Zim-
mer kommen lassen, und einige Juwelen ausgesuchet
und bedungen, solche auch hernach aus des Andolosiae
Seckel zahlen wollen, da habe er sein Wünsch-Hüt-
lein auffgesetzt, sie die Princeßin in Arm genommen,
und sich mit ihr in ein weit entfernetes Land gewünschet.
Und was der Mährlein, die von diesem Fortunatischen
Wünsch-Hütlein erzehlet werden, mehr seyn möchten,
die der Länge nach in dem sogenannten Fortunati Seckel-
und Wünsch-Hütlein-Büchlein zu lesen seyn.

Des grossen Alexandri Haupt-Zierath soll anfäng-
lich Macedonisch, nachmahls, als er sich die Persische
Weichlichkeit belieben lassen, Persianisch gewesen seyn.
Von diesen letztern schreibt Justinus lib. II. daß, als eins-
mahls der Alexander im Absteigen von dem Pferd, den
Lysimachum mit der Spitze seiner Lantze hefftig an die
Stirn verwundet, da habe das Blut nicht eher können
gestillet werden, biß der Alexander seinen Königlichen
Hut abgenommen, und solchen dem Lysimacho (um
die Wunde desto besser zusammen zu halten) auff den
Kopff gesetzet, welches dem Lysimacho das erste Vorzei-
chen gewesen, daß er dermahleins würds König wer-
den.

Von

des Hutmacher-Handwercks.
und Andoloſia vermacht, doch mit der Condition, daß
beyde Kleinode ihnen zum allgemeinen Bruͤderlichen
Gebrauch verbleiben, und nicht von einander getrennt
werden ſolten, allein Andoloſia hatte nach des Vaters
Tode ſeinen aͤltern Bruder Ampedo ſo viel gute Worte
gegeben, daß er ihme den Seckel (nach dem ſie zu vor 2.
Kiſten mit Geld daraus angefuͤllet) mit auff die Reiſe
haͤtte folgen laſſen, da er ihme denn in Engelland von
der jungen Koͤnigin Agrippina durch falſche Liebe waͤre
abgelocket worden. Dieſer Untreu halber ſich nun zu
raͤchen, und den verlohrnen Seckel wieder zu gewinnen,
waͤre er wieder nach Hauß gereiſet, haͤtte den hinterlaſ-
ſenen Wuͤnſch-Hut geholet, ſich damit auffs neue nach
Engeland gewuͤnſchet, und als er an Koͤnigl. Hof ange-
kommen, ſich vor einen Juwelirer verkleidet ausgege-
ben, welcher der Koͤniglichen Princeßin ſchoͤne Juwe-
len zu weiſen haͤtte. Wie ſie ihn nun hierauff in ihr Zim-
mer kommen laſſen, und einige Juwelen ausgeſuchet
und bedungen, ſolche auch hernach aus des Andoloſiæ
Seckel zahlen wollen, da habe er ſein Wuͤnſch-Huͤt-
lein auffgeſetzt, ſie die Princeßin in Arm genommen,
und ſich mit ihr in ein weit entfernetes Land gewuͤnſchet.
Und was der Maͤhrlein, die von dieſem Fortunatiſchen
Wuͤnſch-Huͤtlein erzehlet werden, mehr ſeyn moͤchten,
die der Laͤnge nach in dem ſogenannten Fortunati Seckel-
und Wuͤnſch-Huͤtlein-Buͤchlein zu leſen ſeyn.

Des groſſen Alexandri Haupt-Zierath ſoll anfaͤng-
lich Macedoniſch, nachmahls, als er ſich die Perſiſche
Weichlichkeit belieben laſſen, Perſianiſch geweſen ſeyn.
Von dieſen letztern ſchreibt Juſtinus lib. II. daß, als eins-
mahls der Alexander im Abſteigen von dem Pferd, den
Lyſimachum mit der Spitze ſeiner Lantze hefftig an die
Stirn verwundet, da habe das Blut nicht eher koͤnnen
geſtillet werden, biß der Alexander ſeinen Koͤniglichen
Hut abgenommen, und ſolchen dem Lyſimacho (um
die Wunde deſto beſſer zuſammen zu halten) auff den
Kopff geſetzet, welches dem Lyſimacho das erſte Vorzei-
chen geweſen, daß er dermahleins wuͤrds Koͤnig wer-
den.

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[157/0163] des Hutmacher-Handwercks. und Andoloſia vermacht, doch mit der Condition, daß beyde Kleinode ihnen zum allgemeinen Bruͤderlichen Gebrauch verbleiben, und nicht von einander getrennt werden ſolten, allein Andoloſia hatte nach des Vaters Tode ſeinen aͤltern Bruder Ampedo ſo viel gute Worte gegeben, daß er ihme den Seckel (nach dem ſie zu vor 2. Kiſten mit Geld daraus angefuͤllet) mit auff die Reiſe haͤtte folgen laſſen, da er ihme denn in Engelland von der jungen Koͤnigin Agrippina durch falſche Liebe waͤre abgelocket worden. Dieſer Untreu halber ſich nun zu raͤchen, und den verlohrnen Seckel wieder zu gewinnen, waͤre er wieder nach Hauß gereiſet, haͤtte den hinterlaſ- ſenen Wuͤnſch-Hut geholet, ſich damit auffs neue nach Engeland gewuͤnſchet, und als er an Koͤnigl. Hof ange- kommen, ſich vor einen Juwelirer verkleidet ausgege- ben, welcher der Koͤniglichen Princeßin ſchoͤne Juwe- len zu weiſen haͤtte. Wie ſie ihn nun hierauff in ihr Zim- mer kommen laſſen, und einige Juwelen ausgeſuchet und bedungen, ſolche auch hernach aus des Andoloſiæ Seckel zahlen wollen, da habe er ſein Wuͤnſch-Huͤt- lein auffgeſetzt, ſie die Princeßin in Arm genommen, und ſich mit ihr in ein weit entfernetes Land gewuͤnſchet. Und was der Maͤhrlein, die von dieſem Fortunatiſchen Wuͤnſch-Huͤtlein erzehlet werden, mehr ſeyn moͤchten, die der Laͤnge nach in dem ſogenannten Fortunati Seckel- und Wuͤnſch-Huͤtlein-Buͤchlein zu leſen ſeyn. Des groſſen Alexandri Haupt-Zierath ſoll anfaͤng- lich Macedoniſch, nachmahls, als er ſich die Perſiſche Weichlichkeit belieben laſſen, Perſianiſch geweſen ſeyn. Von dieſen letztern ſchreibt Juſtinus lib. II. daß, als eins- mahls der Alexander im Abſteigen von dem Pferd, den Lyſimachum mit der Spitze ſeiner Lantze hefftig an die Stirn verwundet, da habe das Blut nicht eher koͤnnen geſtillet werden, biß der Alexander ſeinen Koͤniglichen Hut abgenommen, und ſolchen dem Lyſimacho (um die Wunde deſto beſſer zuſammen zu halten) auff den Kopff geſetzet, welches dem Lyſimacho das erſte Vorzei- chen geweſen, daß er dermahleins wuͤrds Koͤnig wer- den. Von

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Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Beschreibung Des Hutmacher-Handwercks. Altenburg, 1719. , S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_hutmacher_1719/163>, abgerufen am 21.11.2024.