Marperger, Paul Jacob: Beschreibung Des Hutmacher-Handwercks. Altenburg, 1719.Beschreibung Stange gesteckter Hut Ursach mit gewesen, daßdie Schweitzer von ihrer damahligen Obrigkeit, dem hochlöblichen Hause Oesterreich abgefallen, solches wird aus folgender Historia zu ersehen seyn: Ein gewisser Käyserlicher Land-Vogt, Nahmens Geißler/ hatte einen Hut auff dem Marckt zu Altdorff, einem Haupt-Flecken des Urner Landes in der Schweitz, stecken lassen, mit Befehl, daß jedermann, der vorbey gienge/ sich dafür neigen, und als wenn er der Land-Vogt selbst zugegen, den Hut grüssen solte. Dieses weigerte sich nun ein braver weidlicher Mann, Nahmens Wilhelm Tell zu thun, als welcher ohne Reverenz zu machen, vorbey gieng, darü- ber aber gleich als ein Ungehorsamer verfolget, und in Arrest gezogen wurde. Weil er nun über dem auch schon im Verdacht war, ob hätte er mit andern ihre Freyheit liebenden einen Bund gemachet, die Land-Vögte, weil selbige das Volck so sehr beschwerten, aus dem Wege zu räu- men, als wurde er in der Inquisition unter an- dern auch auff diesen Artieul befragt, und als er nichts gestehen wolte, ihme aufferleget, weil er vor einen guten Armbrust-Schützen passirte, seinem einigen Söhnlein, welches an einen Baum gestellet wurde, einen Apffel vom Kopff zu schies- sen. So der betrübte Vater auch thun muste, und auch glücklich vollendete; als ihn aber hierauff der Land-Vogt fragte, warum er 2. Pfeile zu diesem Schuß in den Köcher gestecket hätte, ant- wortete der tapffre Mann unverzagt: Wenn ihme der
Beſchreibung Stange geſteckter Hut Urſach mit geweſen, daßdie Schweitzer von ihrer damahligen Obrigkeit, dem hochloͤblichen Hauſe Oeſterreich abgefallen, ſolches wird aus folgender Hiſtoria zu erſehen ſeyn: Ein gewiſſer Kaͤyſerlicher Land-Vogt, Nahmens Geißler/ hatte einen Hut auff dem Marckt zu Altdorff, einem Haupt-Flecken des Urner Landes in der Schweitz, ſtecken laſſen, mit Befehl, daß jedermann, der vorbey gienge/ ſich dafuͤr neigen, und als wenn er der Land-Vogt ſelbſt zugegen, den Hut gruͤſſen ſolte. Dieſes weigerte ſich nun ein braver weidlicher Mann, Nahmens Wilhelm Tell zu thun, als welcher ohne Reverenz zu machen, vorbey gieng, daruͤ- ber aber gleich als ein Ungehorſamer verfolget, und in Arreſt gezogen wurde. Weil er nun uͤber dem auch ſchon im Verdacht war, ob haͤtte er mit andern ihre Freyheit liebenden einen Bund gemachet, die Land-Voͤgte, weil ſelbige das Volck ſo ſehr beſchweꝛten, aus dem Wege zu raͤu- men, als wurde er in der Inquiſition unter an- dern auch auff dieſen Artieul befragt, und als er nichts geſtehen wolte, ihme aufferleget, weil er vor einen guten Armbruſt-Schuͤtzen pasſirte, ſeinem einigen Soͤhnlein, welches an einen Baum geſtellet wurde, einen Apffel vom Kopff zu ſchieſ- ſen. So der betruͤbte Vater auch thun muſte, und auch gluͤcklich vollendete; als ihn aber hierauff der Land-Vogt fragte, warum er 2. Pfeile zu dieſem Schuß in den Koͤcher geſtecket haͤtte, ant- wortete der tapffre Mann unverzagt: Wenn ihme der
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Beſchreibung
Stange geſteckter Hut Urſach mit geweſen, daß
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dem hochloͤblichen Hauſe Oeſterreich abgefallen,
ſolches wird aus folgender Hiſtoria zu erſehen
ſeyn: Ein gewiſſer Kaͤyſerlicher Land-Vogt,
Nahmens Geißler/ hatte einen Hut auff dem
Marckt zu Altdorff, einem Haupt-Flecken des
Urner Landes in der Schweitz, ſtecken laſſen, mit
Befehl, daß jedermann, der vorbey gienge/ ſich
dafuͤr neigen, und als wenn er der Land-Vogt
ſelbſt zugegen, den Hut gruͤſſen ſolte. Dieſes
weigerte ſich nun ein braver weidlicher Mann,
Nahmens Wilhelm Tell zu thun, als welcher
ohne Reverenz zu machen, vorbey gieng, daruͤ-
ber aber gleich als ein Ungehorſamer verfolget,
und in Arreſt gezogen wurde. Weil er nun uͤber
dem auch ſchon im Verdacht war, ob haͤtte er
mit andern ihre Freyheit liebenden einen Bund
gemachet, die Land-Voͤgte, weil ſelbige das
Volck ſo ſehr beſchweꝛten, aus dem Wege zu raͤu-
men, als wurde er in der Inquiſition unter an-
dern auch auff dieſen Artieul befragt, und als er
nichts geſtehen wolte, ihme aufferleget, weil er
vor einen guten Armbruſt-Schuͤtzen pasſirte,
ſeinem einigen Soͤhnlein, welches an einen Baum
geſtellet wurde, einen Apffel vom Kopff zu ſchieſ-
ſen. So der betruͤbte Vater auch thun muſte, und
auch gluͤcklich vollendete; als ihn aber hierauff
der Land-Vogt fragte, warum er 2. Pfeile zu
dieſem Schuß in den Koͤcher geſtecket haͤtte, ant-
wortete der tapffre Mann unverzagt: Wenn ihme
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