Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Dreyzehnter Abschnitt.
nanzen. Daß wir diese Dissonanzen nicht in ihrer arithmeti-
schen Reinigkeit hören können, daran lieget nichts. Können
wir doch nicht einmal unsere Quinten und großen Terzen, so-
bald solche temperiret werden, in ihren vollkommnen Verhält-
nissen hören.

Dreyzehnter Abschnitt.
Von der Nothwendigkeit der Temperatur.


§. 109.

Ohne Zweifel würde diejenige Ausübung der Musik voll-
kommen seyn, wo mit den übrigen Regeln der schönen
Ausübung eine völlige Reinigkeit der Jntervalle verbunden
werden könnte. Wer dieses läugnen wollte, müßte beweisen,
daß z. E. ein harter harmonischer Dreyklang von 81, 64, 54,
worinnen die große Terz c:e 81:64=(5:4)+(81:80),
und die kleine Terz e:g 32:27=(6:5)--(81:80), voll-
kommner wäre, als der harte Dreyklang [Formel 1] und da
dieser Beweis mit nichts andern als einem ungesunden Gehör
geführet werden könnte, so würde man wohl nicht Ursach ha-
ben, ihn gelten zu lassen.

§. 110.

Es stehet aber nicht in unserm Vermögen, die Töne in
ihrer völligen Reinigkeit auszuüben, und wir müssen also mit
einer weniger vollkommnen Ausübung zufrieden seyn. Es
seyn die sechs Noten:

g, cf, dg, c

Diese sind nach ihrer völligen Reinigkeit in Zahlen:

[Formel 2]

Wer

Dreyzehnter Abſchnitt.
nanzen. Daß wir dieſe Diſſonanzen nicht in ihrer arithmeti-
ſchen Reinigkeit hoͤren koͤnnen, daran lieget nichts. Koͤnnen
wir doch nicht einmal unſere Quinten und großen Terzen, ſo-
bald ſolche temperiret werden, in ihren vollkommnen Verhaͤlt-
niſſen hoͤren.

Dreyzehnter Abſchnitt.
Von der Nothwendigkeit der Temperatur.


§. 109.

Ohne Zweifel wuͤrde diejenige Ausuͤbung der Muſik voll-
kommen ſeyn, wo mit den uͤbrigen Regeln der ſchoͤnen
Ausuͤbung eine voͤllige Reinigkeit der Jntervalle verbunden
werden koͤnnte. Wer dieſes laͤugnen wollte, muͤßte beweiſen,
daß z. E. ein harter harmoniſcher Dreyklang von 81, 64, 54,
worinnen die große Terz c:e 81:64=(5:4)+(81:80),
und die kleine Terz e:g 32:27=(6:5)—(81:80), voll-
kommner waͤre, als der harte Dreyklang [Formel 1] und da
dieſer Beweis mit nichts andern als einem ungeſunden Gehoͤr
gefuͤhret werden koͤnnte, ſo wuͤrde man wohl nicht Urſach ha-
ben, ihn gelten zu laſſen.

§. 110.

Es ſtehet aber nicht in unſerm Vermoͤgen, die Toͤne in
ihrer voͤlligen Reinigkeit auszuuͤben, und wir muͤſſen alſo mit
einer weniger vollkommnen Ausuͤbung zufrieden ſeyn. Es
ſeyn die ſechs Noten:

g, cf, dg, c

Dieſe ſind nach ihrer voͤlligen Reinigkeit in Zahlen:

[Formel 2]

Wer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0110" n="90"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Dreyzehnter Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
nanzen. Daß wir die&#x017F;e Di&#x017F;&#x017F;onanzen nicht in ihrer arithmeti-<lb/>
&#x017F;chen Reinigkeit ho&#x0364;ren ko&#x0364;nnen, daran lieget nichts. Ko&#x0364;nnen<lb/>
wir doch nicht einmal un&#x017F;ere Quinten und großen Terzen, &#x017F;o-<lb/>
bald &#x017F;olche temperiret werden, in ihren vollkommnen Verha&#x0364;lt-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;en ho&#x0364;ren.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Dreyzehnter Ab&#x017F;chnitt.</hi><lb/>
Von der Nothwendigkeit der Temperatur.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 109.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">O</hi>hne Zweifel wu&#x0364;rde diejenige Ausu&#x0364;bung der Mu&#x017F;ik voll-<lb/>
kommen &#x017F;eyn, wo mit den u&#x0364;brigen Regeln der &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/>
Ausu&#x0364;bung eine vo&#x0364;llige Reinigkeit der Jntervalle verbunden<lb/>
werden ko&#x0364;nnte. Wer die&#x017F;es la&#x0364;ugnen wollte, mu&#x0364;ßte bewei&#x017F;en,<lb/>
daß z. E. ein harter harmoni&#x017F;cher Dreyklang von 81, 64, 54,<lb/>
worinnen die große Terz <hi rendition="#aq">c:e</hi> 81:64=(5:4)+(81:80),<lb/>
und die kleine Terz <hi rendition="#aq">e:g</hi> 32:27=(6:5)&#x2014;(81:80), voll-<lb/>
kommner wa&#x0364;re, als der harte Dreyklang <formula/> und da<lb/>
die&#x017F;er Beweis mit nichts andern als einem unge&#x017F;unden Geho&#x0364;r<lb/>
gefu&#x0364;hret werden ko&#x0364;nnte, &#x017F;o wu&#x0364;rde man wohl nicht Ur&#x017F;ach ha-<lb/>
ben, ihn gelten zu la&#x017F;&#x017F;en.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 110.</head><lb/>
            <p>Es &#x017F;tehet aber nicht in un&#x017F;erm Vermo&#x0364;gen, die To&#x0364;ne in<lb/>
ihrer vo&#x0364;lligen Reinigkeit auszuu&#x0364;ben, und wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en al&#x017F;o mit<lb/>
einer weniger vollkommnen Ausu&#x0364;bung zufrieden &#x017F;eyn. Es<lb/>
&#x017F;eyn die &#x017F;echs Noten:</p><lb/>
            <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">g, cf, dg, c</hi> </hi> </p><lb/>
            <p>Die&#x017F;e &#x017F;ind nach ihrer vo&#x0364;lligen Reinigkeit in Zahlen:</p><lb/>
            <p>
              <formula/>
            </p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Wer</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0110] Dreyzehnter Abſchnitt. nanzen. Daß wir dieſe Diſſonanzen nicht in ihrer arithmeti- ſchen Reinigkeit hoͤren koͤnnen, daran lieget nichts. Koͤnnen wir doch nicht einmal unſere Quinten und großen Terzen, ſo- bald ſolche temperiret werden, in ihren vollkommnen Verhaͤlt- niſſen hoͤren. Dreyzehnter Abſchnitt. Von der Nothwendigkeit der Temperatur. §. 109. Ohne Zweifel wuͤrde diejenige Ausuͤbung der Muſik voll- kommen ſeyn, wo mit den uͤbrigen Regeln der ſchoͤnen Ausuͤbung eine voͤllige Reinigkeit der Jntervalle verbunden werden koͤnnte. Wer dieſes laͤugnen wollte, muͤßte beweiſen, daß z. E. ein harter harmoniſcher Dreyklang von 81, 64, 54, worinnen die große Terz c:e 81:64=(5:4)+(81:80), und die kleine Terz e:g 32:27=(6:5)—(81:80), voll- kommner waͤre, als der harte Dreyklang [FORMEL] und da dieſer Beweis mit nichts andern als einem ungeſunden Gehoͤr gefuͤhret werden koͤnnte, ſo wuͤrde man wohl nicht Urſach ha- ben, ihn gelten zu laſſen. §. 110. Es ſtehet aber nicht in unſerm Vermoͤgen, die Toͤne in ihrer voͤlligen Reinigkeit auszuuͤben, und wir muͤſſen alſo mit einer weniger vollkommnen Ausuͤbung zufrieden ſeyn. Es ſeyn die ſechs Noten: g, cf, dg, c Dieſe ſind nach ihrer voͤlligen Reinigkeit in Zahlen: [FORMEL] Wer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/110
Zitationshilfe: Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/110>, abgerufen am 21.11.2024.