Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776.Anhang etc. Einleitung. Von dem Unterscheid würdig war, nur in dem Jahrhundert Friedrichs, oder sei-ner Durchlauchtigsten Schwester Amalia zu erscheinen, und nach welchem sich keiner, welcher sich genugsam kennet, ein- fallen lassen wird, seine Kräfte über diese Materie zu versu- chen. So wenig als der Streit über den Grundbaß den Au- ctor jenes Werks, den berühmten Herrn Carl Phil. Eman. Bach, intereßirte, so konnte er sich nicht enthalten, in selbi- gem zur Rettung der Wahrheit einige Zeilen einfließen zu las- sen, welche seine Gesinnungen wegen des Ursprungs der den Umfang der Octave übersteigenden Accorde genugsam an den Tag legten. Der Erfolg war, daß der Hr. Sorge über die Entstehung der Accorde zu schreiben aufhörte, *) und Arndts Paradies-Gärtlein zu studiren anfieng **). §. 244. Sollte nicht jemand, der die über den Grundbaß seit weniger also *) Er schreibt in seiner Anleitung zur Fantasie, Seite 79. "Mein "Hochzuehrender Herr Bach! ich werde es mir für eine Ehre schätzen, "von ihnen überwunden zu werden. Aber --." Bey diesem Aber wird vielen der Vers aus dem Gellert einfallen: Blau war er, rief sie aus, willst du dich noch nicht geben? **) Jn voriger Anleitung, Seite 80. ***) Man sehe desselben Kunst des reinen Satzes, ingleichen seine
Grundsätze der Harmonie, ingleichen gewisse hieher, gehörigel Artikel in der Sulzerschen Theorie der Künste. Anhang ꝛc. Einleitung. Von dem Unterſcheid wuͤrdig war, nur in dem Jahrhundert Friedrichs, oder ſei-ner Durchlauchtigſten Schweſter Amalia zu erſcheinen, und nach welchem ſich keiner, welcher ſich genugſam kennet, ein- fallen laſſen wird, ſeine Kraͤfte uͤber dieſe Materie zu verſu- chen. So wenig als der Streit uͤber den Grundbaß den Au- ctor jenes Werks, den beruͤhmten Herrn Carl Phil. Eman. Bach, intereßirte, ſo konnte er ſich nicht enthalten, in ſelbi- gem zur Rettung der Wahrheit einige Zeilen einfließen zu laſ- ſen, welche ſeine Geſinnungen wegen des Urſprungs der den Umfang der Octave uͤberſteigenden Accorde genugſam an den Tag legten. Der Erfolg war, daß der Hr. Sorge uͤber die Entſtehung der Accorde zu ſchreiben aufhoͤrte, *) und Arndts Paradies-Gaͤrtlein zu ſtudiren anfieng **). §. 244. Sollte nicht jemand, der die uͤber den Grundbaß ſeit weniger alſo *) Er ſchreibt in ſeiner Anleitung zur Fantaſie, Seite 79. „Mein „Hochzuehrender Herr Bach! ich werde es mir fuͤr eine Ehre ſchaͤtzen, „von ihnen uͤberwunden zu werden. Aber —.‟ Bey dieſem Aber wird vielen der Vers aus dem Gellert einfallen: Blau war er, rief ſie aus, willſt du dich noch nicht geben? **) Jn voriger Anleitung, Seite 80. ***) Man ſehe deſſelben Kunſt des reinen Satzes, ingleichen ſeine
Grundſaͤtze der Harmonie, ingleichen gewiſſe hieher, gehoͤrigel Artikel in der Sulzerſchen Theorie der Kuͤnſte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0250" n="230"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anhang ꝛc. Einleitung. Von dem Unterſcheid</hi></fw><lb/> wuͤrdig war, nur in dem Jahrhundert <hi rendition="#fr">Friedrichs,</hi> oder ſei-<lb/> ner Durchlauchtigſten Schweſter <hi rendition="#fr">Amalia</hi> zu erſcheinen, und<lb/> nach welchem ſich keiner, welcher ſich genugſam kennet, ein-<lb/> fallen laſſen wird, ſeine Kraͤfte uͤber dieſe Materie zu verſu-<lb/> chen. So wenig als der Streit uͤber den Grundbaß den Au-<lb/> ctor jenes Werks, den beruͤhmten Herrn <hi rendition="#fr">Carl Phil. Eman.<lb/> Bach,</hi> intereßirte, ſo konnte er ſich nicht enthalten, in ſelbi-<lb/> gem zur Rettung der Wahrheit einige Zeilen einfließen zu laſ-<lb/> ſen, welche ſeine Geſinnungen wegen des Urſprungs der den<lb/> Umfang der Octave uͤberſteigenden Accorde genugſam an den<lb/> Tag legten. Der Erfolg war, daß der Hr. Sorge uͤber die<lb/> Entſtehung der Accorde zu ſchreiben aufhoͤrte, <note place="foot" n="*)">Er ſchreibt in ſeiner Anleitung zur <hi rendition="#fr">Fantaſie,</hi> Seite 79. „Mein<lb/> „Hochzuehrender Herr Bach! ich werde es mir fuͤr eine Ehre ſchaͤtzen,<lb/> „von ihnen uͤberwunden zu werden. Aber —.‟ Bey dieſem Aber<lb/> wird vielen der Vers aus dem <hi rendition="#fr">Gellert</hi> einfallen:<lb/> Blau war er, rief ſie aus, willſt du dich noch nicht geben?</note> und <hi rendition="#fr">Arndts<lb/> Paradies-Gaͤrtlein</hi> zu ſtudiren anfieng <note place="foot" n="**)">Jn voriger Anleitung, Seite 80.</note>.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>§. 244.</head><lb/> <p>Sollte nicht jemand, der die uͤber den Grundbaß ſeit weniger<lb/> Zeit bekannt gewordnen Verſuche des Hrn. Kirnberger <note place="foot" n="***)">Man ſehe deſſelben <hi rendition="#fr">Kunſt</hi> des reinen Satzes, ingleichen ſeine<lb/><hi rendition="#fr">Grundſaͤtze</hi> der Harmonie, ingleichen gewiſſe hieher, gehoͤrigel Artikel<lb/> in der <hi rendition="#fr">Sulzerſchen Theorie</hi> der Kuͤnſte.</note><lb/> zum erſtenmal ſieht, und nur fluͤchtig durchblaͤttert, auf die<lb/> Gedanken kommen, als wenn derſelbe das Rameauſche Sy-<lb/> ſtem durch das ſeinige wiederlegen wollte? Jch muß geſtehen,<lb/> daß es mir ſelbſt das erſtemal ſo ergangen iſt, zumal da ich<lb/> hin und wieder den Nahmen des Hrn. Rameau mit einer etwas<lb/> ungewoͤhnlichen Lebhaftigkeit angefuͤhret fand. Jch wuͤrde<lb/> auch vielleicht bey dieſer Meinung geblieben ſeyn, wenn ich<lb/> nicht die Lehrſaͤtze des Hrn. Kirnberger zum zweytenmal gele-<lb/> ſen, und ſie etwas genauer gepruͤfet haͤtte, als es das erſtemal<lb/> nicht geſchehen war. Jch fieng an zu merken, daß dieſer<lb/> ſcharfſinnige Tonkuͤnſtler dem Kunſtworte <hi rendition="#fr">Grundbaß</hi> eine<lb/> andere Bedeutung als der Hr. Rameau gegeben hatte, und<lb/> alſo eine ganz andere Materie behandelte. Weil er aber dem<lb/> Hrn. Rameau einmal dieſes Kunſtwort abgeborget hatte, und<lb/> <fw place="bottom" type="catch">alſo</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [230/0250]
Anhang ꝛc. Einleitung. Von dem Unterſcheid
wuͤrdig war, nur in dem Jahrhundert Friedrichs, oder ſei-
ner Durchlauchtigſten Schweſter Amalia zu erſcheinen, und
nach welchem ſich keiner, welcher ſich genugſam kennet, ein-
fallen laſſen wird, ſeine Kraͤfte uͤber dieſe Materie zu verſu-
chen. So wenig als der Streit uͤber den Grundbaß den Au-
ctor jenes Werks, den beruͤhmten Herrn Carl Phil. Eman.
Bach, intereßirte, ſo konnte er ſich nicht enthalten, in ſelbi-
gem zur Rettung der Wahrheit einige Zeilen einfließen zu laſ-
ſen, welche ſeine Geſinnungen wegen des Urſprungs der den
Umfang der Octave uͤberſteigenden Accorde genugſam an den
Tag legten. Der Erfolg war, daß der Hr. Sorge uͤber die
Entſtehung der Accorde zu ſchreiben aufhoͤrte, *) und Arndts
Paradies-Gaͤrtlein zu ſtudiren anfieng **).
§. 244.
Sollte nicht jemand, der die uͤber den Grundbaß ſeit weniger
Zeit bekannt gewordnen Verſuche des Hrn. Kirnberger ***)
zum erſtenmal ſieht, und nur fluͤchtig durchblaͤttert, auf die
Gedanken kommen, als wenn derſelbe das Rameauſche Sy-
ſtem durch das ſeinige wiederlegen wollte? Jch muß geſtehen,
daß es mir ſelbſt das erſtemal ſo ergangen iſt, zumal da ich
hin und wieder den Nahmen des Hrn. Rameau mit einer etwas
ungewoͤhnlichen Lebhaftigkeit angefuͤhret fand. Jch wuͤrde
auch vielleicht bey dieſer Meinung geblieben ſeyn, wenn ich
nicht die Lehrſaͤtze des Hrn. Kirnberger zum zweytenmal gele-
ſen, und ſie etwas genauer gepruͤfet haͤtte, als es das erſtemal
nicht geſchehen war. Jch fieng an zu merken, daß dieſer
ſcharfſinnige Tonkuͤnſtler dem Kunſtworte Grundbaß eine
andere Bedeutung als der Hr. Rameau gegeben hatte, und
alſo eine ganz andere Materie behandelte. Weil er aber dem
Hrn. Rameau einmal dieſes Kunſtwort abgeborget hatte, und
alſo
*) Er ſchreibt in ſeiner Anleitung zur Fantaſie, Seite 79. „Mein
„Hochzuehrender Herr Bach! ich werde es mir fuͤr eine Ehre ſchaͤtzen,
„von ihnen uͤberwunden zu werden. Aber —.‟ Bey dieſem Aber
wird vielen der Vers aus dem Gellert einfallen:
Blau war er, rief ſie aus, willſt du dich noch nicht geben?
**) Jn voriger Anleitung, Seite 80.
***) Man ſehe deſſelben Kunſt des reinen Satzes, ingleichen ſeine
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