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Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776.

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Anhang etc. Erster Abschnitt.
Erster Abschnitt.
Von den wesentlichen und zufälligen Disso-
nanzen in der Harmonie.


§. 254.

Jede Dissonanz, welche bloß der Melodie wegen gebrauchet
wird, und in Ansehung der Harmonie so gut da, als
nicht da seyn kann, wird in der Lehre von der Harmonie eine
zufällige Dissonanz genennet. Dergleichen sind alle disso-
nirende Durchgangs und Wechselnoten, (durchgehende
oder wechselnde) oder wie man sonsten saget, regulär und ir-
regulär durchgehende Noten. *) Auf diese Weise sind die Durch-
gangsnoten, oder regulär durchgehenden Noten bey Fig. 20, und
die Wechselnoten oder irregulär durchgehende Noten bey Fig.
21. zufällige Dissonanzen. Die erstern fallen allezeit auf den
Nachschlag, und die leztern auf den Anschlag einer Harmonie.

§. 255.

Jede Dissonanz, welche sowohl der Melodie als Harmo-
nie wegen da ist, heisset eine wesentliche Dissonanz. Der-
gleichen sind 1) die aus der Aufhaltung entstehenden Dis-
sonanzen, dergleichen man bey Fig. 22 und 23 siehet; 2) die aus
der Anticipation des regulären Durchgangs entstehen, wie
bey Fig. 24, 25, 26 und 27. Jch übergehe allhier die dissoni-
renden Dreyklänge.

§. 256.

Sobald eine Consonanz aufgehalten wird, so entsteht eine
andere Harmonie, als entstanden seyn würde, wenn diese Con-
sonanz nicht wäre aufgehalten worden. Die eine Harmonie
kann nicht wie die andere im Generalbaß ausgedrücket werden;
denn der Septimenaccord z. E. hat ganz andere Bestandtheile
als der Sextenaccord. Eine Dissonanz, die ihr eigenes Ac-
compagnement hat, und im Generalbaß ausgedrückt werden
muß, hat keinen erborgten Platz wie die zufälligen Dissonan-

zen,
*) Man sehe Fuxens Grad. ad Parnass. nach der Mizlerschen Uebersetzung
Seite 80. und anderswo.
Anhang ꝛc. Erſter Abſchnitt.
Erſter Abſchnitt.
Von den weſentlichen und zufaͤlligen Diſſo-
nanzen in der Harmonie.


§. 254.

Jede Diſſonanz, welche bloß der Melodie wegen gebrauchet
wird, und in Anſehung der Harmonie ſo gut da, als
nicht da ſeyn kann, wird in der Lehre von der Harmonie eine
zufaͤllige Diſſonanz genennet. Dergleichen ſind alle diſſo-
nirende Durchgangs und Wechſelnoten, (durchgehende
oder wechſelnde) oder wie man ſonſten ſaget, regulaͤr und ir-
regulaͤr durchgehende Noten. *) Auf dieſe Weiſe ſind die Durch-
gangsnoten, oder regulaͤr durchgehenden Noten bey Fig. 20, und
die Wechſelnoten oder irregulaͤr durchgehende Noten bey Fig.
21. zufaͤllige Diſſonanzen. Die erſtern fallen allezeit auf den
Nachſchlag, und die leztern auf den Anſchlag einer Harmonie.

§. 255.

Jede Diſſonanz, welche ſowohl der Melodie als Harmo-
nie wegen da iſt, heiſſet eine weſentliche Diſſonanz. Der-
gleichen ſind 1) die aus der Aufhaltung entſtehenden Diſ-
ſonanzen, dergleichen man bey Fig. 22 und 23 ſiehet; 2) die aus
der Anticipation des regulaͤren Durchgangs entſtehen, wie
bey Fig. 24, 25, 26 und 27. Jch uͤbergehe allhier die diſſoni-
renden Dreyklaͤnge.

§. 256.

Sobald eine Conſonanz aufgehalten wird, ſo entſteht eine
andere Harmonie, als entſtanden ſeyn wuͤrde, wenn dieſe Con-
ſonanz nicht waͤre aufgehalten worden. Die eine Harmonie
kann nicht wie die andere im Generalbaß ausgedruͤcket werden;
denn der Septimenaccord z. E. hat ganz andere Beſtandtheile
als der Sextenaccord. Eine Diſſonanz, die ihr eigenes Ac-
compagnement hat, und im Generalbaß ausgedruͤckt werden
muß, hat keinen erborgten Platz wie die zufaͤlligen Diſſonan-

zen,
*) Man ſehe Fuxens Grad. ad Parnaſſ. nach der Mizlerſchen Ueberſetzung
Seite 80. und anderswo.
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[240/0260] Anhang ꝛc. Erſter Abſchnitt. Erſter Abſchnitt. Von den weſentlichen und zufaͤlligen Diſſo- nanzen in der Harmonie. §. 254. Jede Diſſonanz, welche bloß der Melodie wegen gebrauchet wird, und in Anſehung der Harmonie ſo gut da, als nicht da ſeyn kann, wird in der Lehre von der Harmonie eine zufaͤllige Diſſonanz genennet. Dergleichen ſind alle diſſo- nirende Durchgangs und Wechſelnoten, (durchgehende oder wechſelnde) oder wie man ſonſten ſaget, regulaͤr und ir- regulaͤr durchgehende Noten. *) Auf dieſe Weiſe ſind die Durch- gangsnoten, oder regulaͤr durchgehenden Noten bey Fig. 20, und die Wechſelnoten oder irregulaͤr durchgehende Noten bey Fig. 21. zufaͤllige Diſſonanzen. Die erſtern fallen allezeit auf den Nachſchlag, und die leztern auf den Anſchlag einer Harmonie. §. 255. Jede Diſſonanz, welche ſowohl der Melodie als Harmo- nie wegen da iſt, heiſſet eine weſentliche Diſſonanz. Der- gleichen ſind 1) die aus der Aufhaltung entſtehenden Diſ- ſonanzen, dergleichen man bey Fig. 22 und 23 ſiehet; 2) die aus der Anticipation des regulaͤren Durchgangs entſtehen, wie bey Fig. 24, 25, 26 und 27. Jch uͤbergehe allhier die diſſoni- renden Dreyklaͤnge. §. 256. Sobald eine Conſonanz aufgehalten wird, ſo entſteht eine andere Harmonie, als entſtanden ſeyn wuͤrde, wenn dieſe Con- ſonanz nicht waͤre aufgehalten worden. Die eine Harmonie kann nicht wie die andere im Generalbaß ausgedruͤcket werden; denn der Septimenaccord z. E. hat ganz andere Beſtandtheile als der Sextenaccord. Eine Diſſonanz, die ihr eigenes Ac- compagnement hat, und im Generalbaß ausgedruͤckt werden muß, hat keinen erborgten Platz wie die zufaͤlligen Diſſonan- zen, *) Man ſehe Fuxens Grad. ad Parnaſſ. nach der Mizlerſchen Ueberſetzung Seite 80. und anderswo.

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Zitationshilfe: Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/260>, abgerufen am 22.11.2024.