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Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776.

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Anhang etc. Dritter Abschnitt. Vorzüge
geleget werden, indem man zeiget, wie die Secunde aus der
Umkehrung der Septime, und die None aus der Hinzufügung
einer Unterterz zu dem Baßton des Septimenaccords entste-
het. -- Durch Hülfe des Grundbasses wird die verschiedne
Natur der Quarten, z. E. der Quarten aus dem Terzquarten-
und Secundenaccord, und der Quarte aus dem Quartquin-
tenaccord begreiflich gemachet werden. Jch erinnere mich ei-
nes ehemaligen mündlichen Streits mit einem gewissen vor-
treflichen Doppelcontrapunctisten aus einer sehr berühmten
Schule, *) welchem der Unterscheid zwischen diesen Quarten vor
etwann funfzehn oder sechszehn Jahren noch nicht einleuch-
tend war. -- Kurz, um alles Detail zu vermeiden, die Lehre
von der Vorbereitung und Auflösung der Dissonanzen, und wie
wichtig ist diese Lehre! kann durch keine andere als die auf den
Grundbaß erbauete Methode, aufs bequemste und geschwin-
deste einem Schüler beygebracht werden. Bey allen Accor-
den, die von der Septime entstehen, es sey auf was für eine
Art es sey, lieget die Behandlung der Septime zum Grunde,
und es kann vermittelst einer einzigen Regel abgemachet wer-
den, was nach andern Methoden durch zwanzig und mehrere
bewirket werden soll.

§. 285.

Bey der Lehre von der Verdoppelung der Jntervalle
kann man den Grundbaß in Ansehung der von den Dreyklän-
gen und Septimenaccorden durch die Umkehrung entstehenden
Sätze, ausgenommen bey dem Quartsextenaccord, nützlich
gebrauchen. Soll er aber in eben dieser Absicht bey den die
Octave übersteigenden zusammengesetzten Accorden gebrauchet
werden, so muß man solche als Grundaccorde in ihrer Art
und nicht als Accorde betrachten, welche von der Septime
hergeleitet worden sind.

§. 286.

Aus allem vorhergehenden wird man übrigens sehen, daß
der Grundbaß nicht für Meister, sondern für Schüler, nicht
für diejenigen, die schon ein richtiges Gefühl von Harmonie
haben, sondern für diejenigen, die es erst erlangen sollen, er-

funden
*) Der Hr. Kirnberger kennet ihn.

Anhang ꝛc. Dritter Abſchnitt. Vorzuͤge
geleget werden, indem man zeiget, wie die Secunde aus der
Umkehrung der Septime, und die None aus der Hinzufuͤgung
einer Unterterz zu dem Baßton des Septimenaccords entſte-
het. — Durch Huͤlfe des Grundbaſſes wird die verſchiedne
Natur der Quarten, z. E. der Quarten aus dem Terzquarten-
und Secundenaccord, und der Quarte aus dem Quartquin-
tenaccord begreiflich gemachet werden. Jch erinnere mich ei-
nes ehemaligen muͤndlichen Streits mit einem gewiſſen vor-
treflichen Doppelcontrapunctiſten aus einer ſehr beruͤhmten
Schule, *) welchem der Unterſcheid zwiſchen dieſen Quarten vor
etwann funfzehn oder ſechszehn Jahren noch nicht einleuch-
tend war. — Kurz, um alles Detail zu vermeiden, die Lehre
von der Vorbereitung und Aufloͤſung der Diſſonanzen, und wie
wichtig iſt dieſe Lehre! kann durch keine andere als die auf den
Grundbaß erbauete Methode, aufs bequemſte und geſchwin-
deſte einem Schuͤler beygebracht werden. Bey allen Accor-
den, die von der Septime entſtehen, es ſey auf was fuͤr eine
Art es ſey, lieget die Behandlung der Septime zum Grunde,
und es kann vermittelſt einer einzigen Regel abgemachet wer-
den, was nach andern Methoden durch zwanzig und mehrere
bewirket werden ſoll.

§. 285.

Bey der Lehre von der Verdoppelung der Jntervalle
kann man den Grundbaß in Anſehung der von den Dreyklaͤn-
gen und Septimenaccorden durch die Umkehrung entſtehenden
Saͤtze, ausgenommen bey dem Quartſextenaccord, nuͤtzlich
gebrauchen. Soll er aber in eben dieſer Abſicht bey den die
Octave uͤberſteigenden zuſammengeſetzten Accorden gebrauchet
werden, ſo muß man ſolche als Grundaccorde in ihrer Art
und nicht als Accorde betrachten, welche von der Septime
hergeleitet worden ſind.

§. 286.

Aus allem vorhergehenden wird man uͤbrigens ſehen, daß
der Grundbaß nicht fuͤr Meiſter, ſondern fuͤr Schuͤler, nicht
fuͤr diejenigen, die ſchon ein richtiges Gefuͤhl von Harmonie
haben, ſondern fuͤr diejenigen, die es erſt erlangen ſollen, er-

funden
*) Der Hr. Kirnberger kennet ihn.
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[264/0284] Anhang ꝛc. Dritter Abſchnitt. Vorzuͤge geleget werden, indem man zeiget, wie die Secunde aus der Umkehrung der Septime, und die None aus der Hinzufuͤgung einer Unterterz zu dem Baßton des Septimenaccords entſte- het. — Durch Huͤlfe des Grundbaſſes wird die verſchiedne Natur der Quarten, z. E. der Quarten aus dem Terzquarten- und Secundenaccord, und der Quarte aus dem Quartquin- tenaccord begreiflich gemachet werden. Jch erinnere mich ei- nes ehemaligen muͤndlichen Streits mit einem gewiſſen vor- treflichen Doppelcontrapunctiſten aus einer ſehr beruͤhmten Schule, *) welchem der Unterſcheid zwiſchen dieſen Quarten vor etwann funfzehn oder ſechszehn Jahren noch nicht einleuch- tend war. — Kurz, um alles Detail zu vermeiden, die Lehre von der Vorbereitung und Aufloͤſung der Diſſonanzen, und wie wichtig iſt dieſe Lehre! kann durch keine andere als die auf den Grundbaß erbauete Methode, aufs bequemſte und geſchwin- deſte einem Schuͤler beygebracht werden. Bey allen Accor- den, die von der Septime entſtehen, es ſey auf was fuͤr eine Art es ſey, lieget die Behandlung der Septime zum Grunde, und es kann vermittelſt einer einzigen Regel abgemachet wer- den, was nach andern Methoden durch zwanzig und mehrere bewirket werden ſoll. §. 285. Bey der Lehre von der Verdoppelung der Jntervalle kann man den Grundbaß in Anſehung der von den Dreyklaͤn- gen und Septimenaccorden durch die Umkehrung entſtehenden Saͤtze, ausgenommen bey dem Quartſextenaccord, nuͤtzlich gebrauchen. Soll er aber in eben dieſer Abſicht bey den die Octave uͤberſteigenden zuſammengeſetzten Accorden gebrauchet werden, ſo muß man ſolche als Grundaccorde in ihrer Art und nicht als Accorde betrachten, welche von der Septime hergeleitet worden ſind. §. 286. Aus allem vorhergehenden wird man uͤbrigens ſehen, daß der Grundbaß nicht fuͤr Meiſter, ſondern fuͤr Schuͤler, nicht fuͤr diejenigen, die ſchon ein richtiges Gefuͤhl von Harmonie haben, ſondern fuͤr diejenigen, die es erſt erlangen ſollen, er- funden *) Der Hr. Kirnberger kennet ihn.

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Zitationshilfe: Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/284>, abgerufen am 22.11.2024.