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Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776.

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über die Kirnberg. Grundsätze der Harmonie etc.
gelassen. Vielleicht werden die ausgelaßnen Septimenaccorde
die zufälligen Septimenaccorde seyn, damit die wesentlichen
einen Gegensatz bekommen. Wir werden es in der Folge er-
fahren.

§. 317.

Seite 6, §. 3. "Jeder wesentlich zu diesen Grundac-
"corden gehörige Ton kann versetzt, d. i. zur Baßnote gema-
"chet werden."

Welches sind die zu diesen Grundaccorden zufällig gehö-
rigen Töne? Jeder Dreyklang besteht aus der Baßnote, Terz
und Quinte. Welcher Ton aus dem Dreyklang c e g ist we-
sentlich und welcher zufällig? Jst es c, e oder g?

§. 318.

Seite 8, §. 5. "Jn der Fortschreitung von einem Accord
"zum andern, kann jeder zu obigen Accorden" (d. i. den
Grundaccorden und den vermittelst der Umkehrung davon ab-
stammenden Sätzen,) "gehörige Ton, in welcher Stimme
"er auch liege, entweder einzeln oder mit andern zugleich, von
"oben oder unten, durch einen vorhergehenden Ton aufgehal-
"ten werden, der alsdenn dissoniret, und bald darauf in seine
"wesentliche Lage treten oder resolviren muß. Hieraus ent-
"stehet eine Menge dissonirender Accorde, deren Resolution in
"eben denselben Grundton geschicht, von welchem sie wie Vor-
"halte anzusehen sind."

Hier gehet die Schöpfung der Accorde an, welche der Hr.
Auctor nicht durch gehörige Regeln eingeschränket hat. Sind
die Consecutionen bey Fig. 101 und 102 nicht das ungereim-
teste Zeug von der Welt? Gleichwohl sind sie nach eben den
Grundsätzen, als die bey Fig. 103 und 104. erfunden wor-
den. Ferner hat der Auctor in seinen auf diese Regel fol-
genden Tabellen consonirende Accorde zu dissonirenden ge-
macht, als wenn die Aufhaltung eines Tons das Verhältniß
eines Jntervalls zu verändern im Stande wäre. Hierwider
werden alle Theoretiker und Practiker protestiren, und die Ver-
hältnisse 1. 2. 3, und 4. 5. 6 nur alsdenn für dissonirend hal-
ten, wenn die Temperatur nichts tauget. Man kann sich

übri-
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uͤber die Kirnberg. Grundſaͤtze der Harmonie ꝛc.
gelaſſen. Vielleicht werden die ausgelaßnen Septimenaccorde
die zufaͤlligen Septimenaccorde ſeyn, damit die weſentlichen
einen Gegenſatz bekommen. Wir werden es in der Folge er-
fahren.

§. 317.

Seite 6, §. 3. „Jeder weſentlich zu dieſen Grundac-
„corden gehoͤrige Ton kann verſetzt, d. i. zur Baßnote gema-
„chet werden.“

Welches ſind die zu dieſen Grundaccorden zufaͤllig gehoͤ-
rigen Toͤne? Jeder Dreyklang beſteht aus der Baßnote, Terz
und Quinte. Welcher Ton aus dem Dreyklang c e g iſt we-
ſentlich und welcher zufaͤllig? Jſt es c, e oder g?

§. 318.

Seite 8, §. 5. „Jn der Fortſchreitung von einem Accord
„zum andern, kann jeder zu obigen Accorden“ (d. i. den
Grundaccorden und den vermittelſt der Umkehrung davon ab-
ſtammenden Saͤtzen,) „gehoͤrige Ton, in welcher Stimme
„er auch liege, entweder einzeln oder mit andern zugleich, von
„oben oder unten, durch einen vorhergehenden Ton aufgehal-
„ten werden, der alsdenn diſſoniret, und bald darauf in ſeine
„weſentliche Lage treten oder reſolviren muß. Hieraus ent-
„ſtehet eine Menge diſſonirender Accorde, deren Reſolution in
„eben denſelben Grundton geſchicht, von welchem ſie wie Vor-
„halte anzuſehen ſind.“

Hier gehet die Schoͤpfung der Accorde an, welche der Hr.
Auctor nicht durch gehoͤrige Regeln eingeſchraͤnket hat. Sind
die Conſecutionen bey Fig. 101 und 102 nicht das ungereim-
teſte Zeug von der Welt? Gleichwohl ſind ſie nach eben den
Grundſaͤtzen, als die bey Fig. 103 und 104. erfunden wor-
den. Ferner hat der Auctor in ſeinen auf dieſe Regel fol-
genden Tabellen conſonirende Accorde zu diſſonirenden ge-
macht, als wenn die Aufhaltung eines Tons das Verhaͤltniß
eines Jntervalls zu veraͤndern im Stande waͤre. Hierwider
werden alle Theoretiker und Practiker proteſtiren, und die Ver-
haͤltniſſe 1. 2. 3, und 4. 5. 6 nur alsdenn fuͤr diſſonirend hal-
ten, wenn die Temperatur nichts tauget. Man kann ſich

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[291/0311] uͤber die Kirnberg. Grundſaͤtze der Harmonie ꝛc. gelaſſen. Vielleicht werden die ausgelaßnen Septimenaccorde die zufaͤlligen Septimenaccorde ſeyn, damit die weſentlichen einen Gegenſatz bekommen. Wir werden es in der Folge er- fahren. §. 317. Seite 6, §. 3. „Jeder weſentlich zu dieſen Grundac- „corden gehoͤrige Ton kann verſetzt, d. i. zur Baßnote gema- „chet werden.“ Welches ſind die zu dieſen Grundaccorden zufaͤllig gehoͤ- rigen Toͤne? Jeder Dreyklang beſteht aus der Baßnote, Terz und Quinte. Welcher Ton aus dem Dreyklang c e g iſt we- ſentlich und welcher zufaͤllig? Jſt es c, e oder g? §. 318. Seite 8, §. 5. „Jn der Fortſchreitung von einem Accord „zum andern, kann jeder zu obigen Accorden“ (d. i. den Grundaccorden und den vermittelſt der Umkehrung davon ab- ſtammenden Saͤtzen,) „gehoͤrige Ton, in welcher Stimme „er auch liege, entweder einzeln oder mit andern zugleich, von „oben oder unten, durch einen vorhergehenden Ton aufgehal- „ten werden, der alsdenn diſſoniret, und bald darauf in ſeine „weſentliche Lage treten oder reſolviren muß. Hieraus ent- „ſtehet eine Menge diſſonirender Accorde, deren Reſolution in „eben denſelben Grundton geſchicht, von welchem ſie wie Vor- „halte anzuſehen ſind.“ Hier gehet die Schoͤpfung der Accorde an, welche der Hr. Auctor nicht durch gehoͤrige Regeln eingeſchraͤnket hat. Sind die Conſecutionen bey Fig. 101 und 102 nicht das ungereim- teſte Zeug von der Welt? Gleichwohl ſind ſie nach eben den Grundſaͤtzen, als die bey Fig. 103 und 104. erfunden wor- den. Ferner hat der Auctor in ſeinen auf dieſe Regel fol- genden Tabellen conſonirende Accorde zu diſſonirenden ge- macht, als wenn die Aufhaltung eines Tons das Verhaͤltniß eines Jntervalls zu veraͤndern im Stande waͤre. Hierwider werden alle Theoretiker und Practiker proteſtiren, und die Ver- haͤltniſſe 1. 2. 3, und 4. 5. 6 nur alsdenn fuͤr diſſonirend hal- ten, wenn die Temperatur nichts tauget. Man kann ſich uͤbri- T 2

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Zitationshilfe: Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/311>, abgerufen am 23.11.2024.