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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Drittes Buch. Drittes Hauptstück.
sellschaft hingegen, begreifen das Recht den Zweck derselben
mit gemeinschaftlichen Kräften zu befördern, und was ihm
entgegen seyn würde zu entfernen, folglich in dieser Rück-
sicht die nöthigen Gesetze zu geben, geistliche Aemter zu be-
setzen, und Mitglieder welche den Gesetzen der Gesellschaft
zuwider handeln durch zweckmäßige Mittel zu bessern, oder
auszuschließen.

Dieses ius sacrorum steht ursprünglich in jedem Staat
der in diesem sich gebildeten kirchlichen Gesellschaft allein
zu, mit Ausschluß aller fremden Gewalt außerhalb des
Staats. Gedenkbar ist aber daß die Kirchen mehrerer
Staaten sich zu gemeinschaftlicher Ausübung dieser Rechte
vereinigen, und sofern eine große gleiche Gesellschaft oder
Kirche bilden. Das war auch in den ersten Jahrhunder-
ten der christlichen Religion auf den besondren und öcu-
menischen Concilien geschehn, bis sich die Päbste zu Häuptern
dieser gleichen Gesellschaft aufwarfen, sie in eine ungleiche
umschufen, und ihre angemaaßte Oberherrschaft über alle
Mitglieder der Kirchen der einzelnen christlichen Staaten
ohne Unterschied, über Könige wie über Unterthanen, und
noch dazu oft weit über die Grenzen der kirchlichen Gewalt
auf Gegenstände erstreckten, die nicht der Kirche sondern
der weltlichen Oberherrschaft angehören.

§. 108.
Von dem Unterschied zwischen catholischen und andren
Staaten
.

In Gefolge der Reformation aber trennte sich nicht
nur eine beträchtliche Zahl Staaten ganz von dieser un-
gleichen römischen Kirchengesellschaft und bildete für sich
ihre eigenen unabhängigen Kirchengesellschaften (§. 27.) son-
dern selbst diejenigen Staaten welche in dem Schooße der
römischen Kirche als Mitglieder einer großen ungleichen
Kirchengesellschaft die Oberherrschaft des Pabsts anzuerken-
nen fortfuhren, haben theils nach und nach die Rechte der
weltlichen Oberherrschaft über die Kirche wiederum an sich
zu ziehn und ungekränkter zu üben angefangen, theils die

Rechte,

Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck.
ſellſchaft hingegen, begreifen das Recht den Zweck derſelben
mit gemeinſchaftlichen Kraͤften zu befoͤrdern, und was ihm
entgegen ſeyn wuͤrde zu entfernen, folglich in dieſer Ruͤck-
ſicht die noͤthigen Geſetze zu geben, geiſtliche Aemter zu be-
ſetzen, und Mitglieder welche den Geſetzen der Geſellſchaft
zuwider handeln durch zweckmaͤßige Mittel zu beſſern, oder
auszuſchließen.

Dieſes ius ſacrorum ſteht urſpruͤnglich in jedem Staat
der in dieſem ſich gebildeten kirchlichen Geſellſchaft allein
zu, mit Ausſchluß aller fremden Gewalt außerhalb des
Staats. Gedenkbar iſt aber daß die Kirchen mehrerer
Staaten ſich zu gemeinſchaftlicher Ausuͤbung dieſer Rechte
vereinigen, und ſofern eine große gleiche Geſellſchaft oder
Kirche bilden. Das war auch in den erſten Jahrhunder-
ten der chriſtlichen Religion auf den beſondren und oͤcu-
meniſchen Concilien geſchehn, bis ſich die Paͤbſte zu Haͤuptern
dieſer gleichen Geſellſchaft aufwarfen, ſie in eine ungleiche
umſchufen, und ihre angemaaßte Oberherrſchaft uͤber alle
Mitglieder der Kirchen der einzelnen chriſtlichen Staaten
ohne Unterſchied, uͤber Koͤnige wie uͤber Unterthanen, und
noch dazu oft weit uͤber die Grenzen der kirchlichen Gewalt
auf Gegenſtaͤnde erſtreckten, die nicht der Kirche ſondern
der weltlichen Oberherrſchaft angehoͤren.

§. 108.
Von dem Unterſchied zwiſchen catholiſchen und andren
Staaten
.

In Gefolge der Reformation aber trennte ſich nicht
nur eine betraͤchtliche Zahl Staaten ganz von dieſer un-
gleichen roͤmiſchen Kirchengeſellſchaft und bildete fuͤr ſich
ihre eigenen unabhaͤngigen Kirchengeſellſchaften (§. 27.) ſon-
dern ſelbſt diejenigen Staaten welche in dem Schooße der
roͤmiſchen Kirche als Mitglieder einer großen ungleichen
Kirchengeſellſchaft die Oberherrſchaft des Pabſts anzuerken-
nen fortfuhren, haben theils nach und nach die Rechte der
weltlichen Oberherrſchaft uͤber die Kirche wiederum an ſich
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[132/0160] Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck. ſellſchaft hingegen, begreifen das Recht den Zweck derſelben mit gemeinſchaftlichen Kraͤften zu befoͤrdern, und was ihm entgegen ſeyn wuͤrde zu entfernen, folglich in dieſer Ruͤck- ſicht die noͤthigen Geſetze zu geben, geiſtliche Aemter zu be- ſetzen, und Mitglieder welche den Geſetzen der Geſellſchaft zuwider handeln durch zweckmaͤßige Mittel zu beſſern, oder auszuſchließen. Dieſes ius ſacrorum ſteht urſpruͤnglich in jedem Staat der in dieſem ſich gebildeten kirchlichen Geſellſchaft allein zu, mit Ausſchluß aller fremden Gewalt außerhalb des Staats. Gedenkbar iſt aber daß die Kirchen mehrerer Staaten ſich zu gemeinſchaftlicher Ausuͤbung dieſer Rechte vereinigen, und ſofern eine große gleiche Geſellſchaft oder Kirche bilden. Das war auch in den erſten Jahrhunder- ten der chriſtlichen Religion auf den beſondren und oͤcu- meniſchen Concilien geſchehn, bis ſich die Paͤbſte zu Haͤuptern dieſer gleichen Geſellſchaft aufwarfen, ſie in eine ungleiche umſchufen, und ihre angemaaßte Oberherrſchaft uͤber alle Mitglieder der Kirchen der einzelnen chriſtlichen Staaten ohne Unterſchied, uͤber Koͤnige wie uͤber Unterthanen, und noch dazu oft weit uͤber die Grenzen der kirchlichen Gewalt auf Gegenſtaͤnde erſtreckten, die nicht der Kirche ſondern der weltlichen Oberherrſchaft angehoͤren. §. 108. Von dem Unterſchied zwiſchen catholiſchen und andren Staaten. In Gefolge der Reformation aber trennte ſich nicht nur eine betraͤchtliche Zahl Staaten ganz von dieſer un- gleichen roͤmiſchen Kirchengeſellſchaft und bildete fuͤr ſich ihre eigenen unabhaͤngigen Kirchengeſellſchaften (§. 27.) ſon- dern ſelbſt diejenigen Staaten welche in dem Schooße der roͤmiſchen Kirche als Mitglieder einer großen ungleichen Kirchengeſellſchaft die Oberherrſchaft des Pabſts anzuerken- nen fortfuhren, haben theils nach und nach die Rechte der weltlichen Oberherrſchaft uͤber die Kirche wiederum an ſich zu ziehn und ungekraͤnkter zu uͤben angefangen, theils die Rechte,

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/160>, abgerufen am 04.12.2024.