Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Viertes Buch. Drittes Hauptstück.
Preußen bey Gelegenheit der von diesem zu Embden errichteten
ostindischen Handelsgesellschaft gaben, finden sich in Moser
Versuch
Th. VII. S. 449. Ueber die Triester Handelsgesellschaft
in Merc. h. et politique 1750. p. 520. 1776. T. II. p. 53. 328. und
in Moser Versuch Th. VII. S. 359. u. f. Die bey Gelegen-
heit des letzteren Streits zwischen Spanien und Großbritannien
über den Handel nach Nutkasund 1790 von spanischer Seite er-
folgte Aeußerungen s. Hist. pol. Magazin 1790. S. 182. ent-
halten, so weit sie auch getrieben worden, keinen Widerspruch
des allgemeinen Grundsatzes der Freyheit des Handels und der
Schiffarth in alle Welttheile, wenn schon Portugal und Spa-
nien ihn nie förmlich anerkannt zu haben scheinen.
§. 139.
Von dem Handel mit den Europäischen Besitzungen.

Der Handel mit den Europaischen Besitzungen der
Mächte Europens ist hingegen jetzt allgemein so frey, daß
wenn man Kriegs- und Represalien-Fälle a) ausnimmt,
kein Europäischer Staat den Unterthanen des andren, selbst
wenn er keinen Vertrag mit diesem eingegangen ist, den
Handel mit seinen Europäischen Besitzungen ganz unter-
sagt. So lange indeß keine Handelsbündnisse eingegangen
worden, hindert jene unbestimmte Handelsfreyheit nicht die-
sen Handel, so wie man es für gut findet, zu beschränken,
und daher nicht nur 1) gewisse Orte oder Provinzen von
diesem Handel auszunehmen b), sondern auch 2) die Art
vorzuschreiben, wie er von Fremden geführet werden könne c),
3) die Einfuhr gewisser Waaren ganz zu verbieten und das
Verzeichniß dieser Contrebande willkührlich zu erweitern,
4) Zölle anzulegen und zu erhöhen, 5) hierinn eine Nation
vor der andern zu begünstigen, wie man es seinem Vortheil
gemäß findet, 6) die Rechte der Oberherrschaft unbeschränkt
über alle Fremden welche des Handels wegen in einen Staat
eintreten, oder sich niederlassen, und über ihre Güter aus-
zuüben; endlich 7) im Fall eines Bruches, nach der Strenge
des natürlichen Völkerrechts zu verfahren.


a)
Viertes Buch. Drittes Hauptſtuͤck.
Preußen bey Gelegenheit der von dieſem zu Embden errichteten
oſtindiſchen Handelsgeſellſchaft gaben, finden ſich in Moſer
Verſuch
Th. VII. S. 449. Ueber die Trieſter Handelsgeſellſchaft
in Merc. h. et politique 1750. p. 520. 1776. T. II. p. 53. 328. und
in Moſer Verſuch Th. VII. S. 359. u. f. Die bey Gelegen-
heit des letzteren Streits zwiſchen Spanien und Großbritannien
uͤber den Handel nach Nutkaſund 1790 von ſpaniſcher Seite er-
folgte Aeußerungen ſ. Hiſt. pol. Magazin 1790. S. 182. ent-
halten, ſo weit ſie auch getrieben worden, keinen Widerſpruch
des allgemeinen Grundſatzes der Freyheit des Handels und der
Schiffarth in alle Welttheile, wenn ſchon Portugal und Spa-
nien ihn nie foͤrmlich anerkannt zu haben ſcheinen.
§. 139.
Von dem Handel mit den Europaͤiſchen Beſitzungen.

Der Handel mit den Europaiſchen Beſitzungen der
Maͤchte Europens iſt hingegen jetzt allgemein ſo frey, daß
wenn man Kriegs- und Repreſalien-Faͤlle a) ausnimmt,
kein Europaͤiſcher Staat den Unterthanen des andren, ſelbſt
wenn er keinen Vertrag mit dieſem eingegangen iſt, den
Handel mit ſeinen Europaͤiſchen Beſitzungen ganz unter-
ſagt. So lange indeß keine Handelsbuͤndniſſe eingegangen
worden, hindert jene unbeſtimmte Handelsfreyheit nicht die-
ſen Handel, ſo wie man es fuͤr gut findet, zu beſchraͤnken,
und daher nicht nur 1) gewiſſe Orte oder Provinzen von
dieſem Handel auszunehmen b), ſondern auch 2) die Art
vorzuſchreiben, wie er von Fremden gefuͤhret werden koͤnne c),
3) die Einfuhr gewiſſer Waaren ganz zu verbieten und das
Verzeichniß dieſer Contrebande willkuͤhrlich zu erweitern,
4) Zoͤlle anzulegen und zu erhoͤhen, 5) hierinn eine Nation
vor der andern zu beguͤnſtigen, wie man es ſeinem Vortheil
gemaͤß findet, 6) die Rechte der Oberherrſchaft unbeſchraͤnkt
uͤber alle Fremden welche des Handels wegen in einen Staat
eintreten, oder ſich niederlaſſen, und uͤber ihre Guͤter aus-
zuuͤben; endlich 7) im Fall eines Bruches, nach der Strenge
des natuͤrlichen Voͤlkerrechts zu verfahren.


a)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <note place="end" n="g)"><pb facs="#f0198" n="170"/><fw place="top" type="header">Viertes Buch. Drittes Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</fw><lb/>
Preußen bey Gelegenheit der von die&#x017F;em zu Embden errichteten<lb/>
o&#x017F;tindi&#x017F;chen Handelsge&#x017F;ell&#x017F;chaft gaben, finden &#x017F;ich in <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Mo&#x017F;er</hi><lb/>
Ver&#x017F;uch</hi> Th. <hi rendition="#aq">VII.</hi> S. 449. Ueber die Trie&#x017F;ter Handelsge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
in <hi rendition="#aq">Merc. h. et politique 1750. p. 520. 1776. T. II. p.</hi> 53. 328. und<lb/>
in <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Mo&#x017F;er</hi> Ver&#x017F;uch</hi> Th. <hi rendition="#aq">VII.</hi> S. 359. u. f. Die bey Gelegen-<lb/>
heit des letzteren Streits zwi&#x017F;chen Spanien und Großbritannien<lb/>
u&#x0364;ber den Handel nach Nutka&#x017F;und 1790 von &#x017F;pani&#x017F;cher Seite er-<lb/>
folgte Aeußerungen &#x017F;. <hi rendition="#fr">Hi&#x017F;t. pol. Magazin</hi> 1790. S. 182. ent-<lb/>
halten, &#x017F;o weit &#x017F;ie auch getrieben worden, keinen Wider&#x017F;pruch<lb/>
des allgemeinen Grund&#x017F;atzes der Freyheit des Handels und der<lb/>
Schiffarth in alle Welttheile, wenn &#x017F;chon Portugal und Spa-<lb/>
nien ihn nie <hi rendition="#fr">fo&#x0364;rmlich</hi> anerkannt zu haben &#x017F;cheinen.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 139.<lb/><hi rendition="#fr">Von dem Handel mit den Europa&#x0364;i&#x017F;chen Be&#x017F;itzungen.</hi></head><lb/>
            <p>Der Handel mit den Europai&#x017F;chen Be&#x017F;itzungen der<lb/>
Ma&#x0364;chte Europens i&#x017F;t hingegen jetzt allgemein &#x017F;o frey, daß<lb/>
wenn man Kriegs- und Repre&#x017F;alien-Fa&#x0364;lle <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>) ausnimmt,<lb/>
kein Europa&#x0364;i&#x017F;cher Staat den Unterthanen des andren, &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
wenn er keinen Vertrag mit die&#x017F;em eingegangen i&#x017F;t, den<lb/>
Handel mit &#x017F;einen Europa&#x0364;i&#x017F;chen Be&#x017F;itzungen ganz unter-<lb/>
&#x017F;agt. So lange indeß keine Handelsbu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;e eingegangen<lb/>
worden, hindert jene unbe&#x017F;timmte Handelsfreyheit nicht die-<lb/>
&#x017F;en Handel, &#x017F;o wie man es fu&#x0364;r gut findet, zu be&#x017F;chra&#x0364;nken,<lb/>
und daher nicht nur 1) gewi&#x017F;&#x017F;e Orte oder Provinzen von<lb/>
die&#x017F;em Handel auszunehmen <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">b</hi></hi>), &#x017F;ondern auch 2) die Art<lb/>
vorzu&#x017F;chreiben, wie er von Fremden gefu&#x0364;hret werden ko&#x0364;nne <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">c</hi></hi>),<lb/>
3) die Einfuhr gewi&#x017F;&#x017F;er Waaren ganz zu verbieten und das<lb/>
Verzeichniß die&#x017F;er Contrebande willku&#x0364;hrlich zu erweitern,<lb/>
4) Zo&#x0364;lle anzulegen und zu erho&#x0364;hen, 5) hierinn eine Nation<lb/>
vor der andern zu begu&#x0364;n&#x017F;tigen, wie man es &#x017F;einem Vortheil<lb/>
gema&#x0364;ß findet, 6) die Rechte der Oberherr&#x017F;chaft unbe&#x017F;chra&#x0364;nkt<lb/>
u&#x0364;ber alle Fremden welche des Handels wegen in einen Staat<lb/>
eintreten, oder &#x017F;ich niederla&#x017F;&#x017F;en, und u&#x0364;ber ihre Gu&#x0364;ter aus-<lb/>
zuu&#x0364;ben; endlich 7) im Fall eines Bruches, nach der Strenge<lb/>
des natu&#x0364;rlichen Vo&#x0364;lkerrechts zu verfahren.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>)</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0198] Viertes Buch. Drittes Hauptſtuͤck. g⁾ Preußen bey Gelegenheit der von dieſem zu Embden errichteten oſtindiſchen Handelsgeſellſchaft gaben, finden ſich in Moſer Verſuch Th. VII. S. 449. Ueber die Trieſter Handelsgeſellſchaft in Merc. h. et politique 1750. p. 520. 1776. T. II. p. 53. 328. und in Moſer Verſuch Th. VII. S. 359. u. f. Die bey Gelegen- heit des letzteren Streits zwiſchen Spanien und Großbritannien uͤber den Handel nach Nutkaſund 1790 von ſpaniſcher Seite er- folgte Aeußerungen ſ. Hiſt. pol. Magazin 1790. S. 182. ent- halten, ſo weit ſie auch getrieben worden, keinen Widerſpruch des allgemeinen Grundſatzes der Freyheit des Handels und der Schiffarth in alle Welttheile, wenn ſchon Portugal und Spa- nien ihn nie foͤrmlich anerkannt zu haben ſcheinen. §. 139. Von dem Handel mit den Europaͤiſchen Beſitzungen. Der Handel mit den Europaiſchen Beſitzungen der Maͤchte Europens iſt hingegen jetzt allgemein ſo frey, daß wenn man Kriegs- und Repreſalien-Faͤlle a) ausnimmt, kein Europaͤiſcher Staat den Unterthanen des andren, ſelbſt wenn er keinen Vertrag mit dieſem eingegangen iſt, den Handel mit ſeinen Europaͤiſchen Beſitzungen ganz unter- ſagt. So lange indeß keine Handelsbuͤndniſſe eingegangen worden, hindert jene unbeſtimmte Handelsfreyheit nicht die- ſen Handel, ſo wie man es fuͤr gut findet, zu beſchraͤnken, und daher nicht nur 1) gewiſſe Orte oder Provinzen von dieſem Handel auszunehmen b), ſondern auch 2) die Art vorzuſchreiben, wie er von Fremden gefuͤhret werden koͤnne c), 3) die Einfuhr gewiſſer Waaren ganz zu verbieten und das Verzeichniß dieſer Contrebande willkuͤhrlich zu erweitern, 4) Zoͤlle anzulegen und zu erhoͤhen, 5) hierinn eine Nation vor der andern zu beguͤnſtigen, wie man es ſeinem Vortheil gemaͤß findet, 6) die Rechte der Oberherrſchaft unbeſchraͤnkt uͤber alle Fremden welche des Handels wegen in einen Staat eintreten, oder ſich niederlaſſen, und uͤber ihre Guͤter aus- zuuͤben; endlich 7) im Fall eines Bruches, nach der Strenge des natuͤrlichen Voͤlkerrechts zu verfahren. a)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/198
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/198>, abgerufen am 04.12.2024.