Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.Siebentes Buch. Fünftes Hauptstück. sen in besondrem Sinn Unverletzlichkeit a) beygelegt, undihre Person als heilig betrachtet wird, so ist es weil die Würde des Staats den sie vorstellen und das Interesse das jeder Staat hat, daß die Bevollmächtigten des andren sicher und ungestört mit ihm handeln können, es in noch höherem Grad nothwendig macht alle Beleidigungen von ihnen abzu- wenden. Ein Souverain muß daher nicht nur sich selbst aller Verletzungen gegen fremde Gesandte enthalten, son- dern muß auch die von andren an sie verübte Verbrechen unabbittlich und als Staatsverbrechen b) mit noch härte- rer Strafe als das Vergehn sonst mit sich bringen würde strafen, sofern nemlich 1) der Verbrecher es gewust oder wissen müssen, daß der Beleidigte ein Gesandter sey, und 2) der Beleidiger seiner Gerichtbarkeit unterworfen ist. Alle Europäische Mächte erkennen diese Unverletzlich- a) C. v. Bynkershoek de foro competente legatorum C. I. §. 8. J. Hoogeveen legationum origo et sanctimonia Lugd. Batav. 1763. 4. Schleusing de legatorum inuiolabilitate. Lips. 1690. Viteb. 1743. 4. b) L. 7. D. ad L. Jul. de vi publica L. vlt. D. de legationibus. c) Ist der Staat hiervon nicht zum voraus benachrichtiget, so kann der Gesandte keines der gesandschaftlichen Vorrechte ehe fordern, ehe sein Beglaubigungsschreiben angenommen worden. S. ein Beyspiel eines hierüber in Betreff des französischen Grafen de la Sale entstandenen Streits in Adlung Staatsgeschichte Th. VI. S. 303 u. f. Merc. h. et pol. T. 124. p. 419. 525. 670. Kein Staat ist daher auch schuldig einen Gefangenen loszulassen, wenn dieser ein Beglaubigungsschreiben erhält. d) Ob
Siebentes Buch. Fuͤnftes Hauptſtuͤck. ſen in beſondrem Sinn Unverletzlichkeit a) beygelegt, undihre Perſon als heilig betrachtet wird, ſo iſt es weil die Wuͤrde des Staats den ſie vorſtellen und das Intereſſe das jeder Staat hat, daß die Bevollmaͤchtigten des andren ſicher und ungeſtoͤrt mit ihm handeln koͤnnen, es in noch hoͤherem Grad nothwendig macht alle Beleidigungen von ihnen abzu- wenden. Ein Souverain muß daher nicht nur ſich ſelbſt aller Verletzungen gegen fremde Geſandte enthalten, ſon- dern muß auch die von andren an ſie veruͤbte Verbrechen unabbittlich und als Staatsverbrechen b) mit noch haͤrte- rer Strafe als das Vergehn ſonſt mit ſich bringen wuͤrde ſtrafen, ſofern nemlich 1) der Verbrecher es gewuſt oder wiſſen muͤſſen, daß der Beleidigte ein Geſandter ſey, und 2) der Beleidiger ſeiner Gerichtbarkeit unterworfen iſt. Alle Europaͤiſche Maͤchte erkennen dieſe Unverletzlich- a) C. v. Bynkershoek de foro competente legatorum C. I. §. 8. J. Hoogeveen legationum origo et ſanctimonia Lugd. Batav. 1763. 4. Schleusing de legatorum inuiolabilitate. Lipſ. 1690. Viteb. 1743. 4. b) L. 7. D. ad L. Jul. de vi publica L. vlt. D. de legationibus. c) Iſt der Staat hiervon nicht zum voraus benachrichtiget, ſo kann der Geſandte keines der geſandſchaftlichen Vorrechte ehe fordern, ehe ſein Beglaubigungsſchreiben angenommen worden. S. ein Beyſpiel eines hieruͤber in Betreff des franzoͤſiſchen Grafen de la Sale entſtandenen Streits in Adlung Staatsgeſchichte Th. VI. S. 303 u. f. Merc. h. et pol. T. 124. p. 419. 525. 670. Kein Staat iſt daher auch ſchuldig einen Gefangenen loszulaſſen, wenn dieſer ein Beglaubigungsſchreiben erhaͤlt. d) Ob
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Siebentes Buch. Fuͤnftes Hauptſtuͤck.
ſen in beſondrem Sinn Unverletzlichkeit a) beygelegt, und
ihre Perſon als heilig betrachtet wird, ſo iſt es weil die
Wuͤrde des Staats den ſie vorſtellen und das Intereſſe das
jeder Staat hat, daß die Bevollmaͤchtigten des andren ſicher
und ungeſtoͤrt mit ihm handeln koͤnnen, es in noch hoͤherem
Grad nothwendig macht alle Beleidigungen von ihnen abzu-
wenden. Ein Souverain muß daher nicht nur ſich ſelbſt
aller Verletzungen gegen fremde Geſandte enthalten, ſon-
dern muß auch die von andren an ſie veruͤbte Verbrechen
unabbittlich und als Staatsverbrechen b) mit noch haͤrte-
rer Strafe als das Vergehn ſonſt mit ſich bringen wuͤrde
ſtrafen, ſofern nemlich 1) der Verbrecher es gewuſt oder
wiſſen muͤſſen, daß der Beleidigte ein Geſandter ſey, und
2) der Beleidiger ſeiner Gerichtbarkeit unterworfen iſt.
Alle Europaͤiſche Maͤchte erkennen dieſe Unverletzlich-
keit den Geſandten der verſchiedenen Klaſſen an, und zwar
von dem Augenblick an wo der Geſandte von deſſen Sen-
dung ſie voraus unterrichtet waren c), ihr Gebiet beruͤhrt,
bis zu dem wo er es wieder verlaſſen hat, ſo daß die chriſt-
lichen Maͤchte ſelbſt den Geſandten ihres Feindes der zur
Zeit des Bruchs bey ihnen iſt ſicher ziehn laſſen. Nur die
Tuͤrken haben die rohe Sitte d) beybehalten, bey Annaͤhe-
rung, oder im Fall eines Bruches, den Geſandten ihres Geg-
ners in die ſieben Thuͤrme zu werfen.
a⁾ C. v. Bynkershoek de foro competente legatorum C. I. §. 8. J.
Hoogeveen legationum origo et ſanctimonia Lugd. Batav. 1763. 4.
Schleusing de legatorum inuiolabilitate. Lipſ. 1690. Viteb. 1743. 4.
b⁾ L. 7. D. ad L. Jul. de vi publica L. vlt. D. de legationibus.
c⁾ Iſt der Staat hiervon nicht zum voraus benachrichtiget, ſo kann
der Geſandte keines der geſandſchaftlichen Vorrechte ehe fordern,
ehe ſein Beglaubigungsſchreiben angenommen worden. S. ein
Beyſpiel eines hieruͤber in Betreff des franzoͤſiſchen Grafen de la
Sale entſtandenen Streits in Adlung Staatsgeſchichte Th. VI.
S. 303 u. f. Merc. h. et pol. T. 124. p. 419. 525. 670. Kein Staat
iſt daher auch ſchuldig einen Gefangenen loszulaſſen, wenn dieſer
ein Beglaubigungsſchreiben erhaͤlt.
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