Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.Unverletzlichkeit u. Unabhängigkeit des Gesandten. daher würde weder dessen Auslieferung als ein vollkomm-nes Recht begehrt, noch er mit Gewalt herausgezogen wer- den dürfen. Aber das allgemeine Völkerrecht geht so weit nicht, Nach der Praxis ward zwar ehemahls, so lange über- Was von dem Hotel des Gesandten gesagt worden, Zollbeam- R 2
Unverletzlichkeit u. Unabhaͤngigkeit des Geſandten. daher wuͤrde weder deſſen Auslieferung als ein vollkomm-nes Recht begehrt, noch er mit Gewalt herausgezogen wer- den duͤrfen. Aber das allgemeine Voͤlkerrecht geht ſo weit nicht, Nach der Praxis ward zwar ehemahls, ſo lange uͤber- Was von dem Hotel des Geſandten geſagt worden, Zollbeam- R 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0287" n="259"/><fw place="top" type="header">Unverletzlichkeit u. Unabhaͤngigkeit des Geſandten.</fw><lb/> daher wuͤrde weder deſſen Auslieferung als ein vollkomm-<lb/> nes Recht begehrt, noch er mit Gewalt herausgezogen wer-<lb/> den duͤrfen.</p><lb/> <p>Aber das allgemeine Voͤlkerrecht geht ſo weit nicht,<lb/> und das poſitive leidet Beſchraͤnkungen, wenn unbeſchadet<lb/> des Zwecks der Geſandſchaft die Sicherheit des Staats ſie<lb/> erfordert. Nun hat der Geſandte kein Recht einen ihm<lb/> nicht unterworfenen Verbrecher der Juſtiz des Landes vor-<lb/> zuenthalten; wenn er daher demjenigen den der Staat er-<lb/> wieſener oder geargwohnter Verbrechen wegen verfolgt, in<lb/> ſeinem Hauſe Zuflucht ertheilet, und auf erfolgte Requiſi-<lb/> tion deſſen Auslieferung verweigert, ſo iſt der Staat, wenn<lb/> er von der Aufnahme gewiß iſt, berechtiget nicht nur die<lb/> Flucht des Aufgenommenen durch alle zweckmaͤßige Mittel<lb/> von außen zu verhindern, ſondern ſelbſt ihn mit Gewalt<lb/> aus dem Hauſe des Geſandten wegzufuͤhren, der alle Fol-<lb/> gen ſeines unrechtmaͤßigen Betragens ſich ſelbſt beyzumeſ-<lb/> ſen hat <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">c</hi></hi>).</p><lb/> <p>Nach der Praxis ward zwar ehemahls, ſo lange uͤber-<lb/> haupt mit den <hi rendition="#aq">privilegiis aſyli</hi> verſchwenderiſch umgegan-<lb/> gen, wurde den Geſandten ein <hi rendition="#aq">ius aſyli</hi> fuͤr ihre Haͤuſer<lb/> faſt durchgehends eingeraͤumt, und noch jetzt behauptet es<lb/> jeder Geſandte, auch giebt es noch einige Hoͤfe in welchen<lb/> das Herkommen zum Vortheil der Geſandten iſt <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">d</hi></hi>), und<lb/> an manchen andren wird in Faͤllen von Privatverbrechen<lb/> (fuͤr welche aber der Geſandte ſelten Schutz ertheilt) nach-<lb/> geſehn, aber jeder Staat haͤlt ſich fuͤr berechtiget diejenigen<lb/> die er als Staatsverbrecher verfolgt, im Weigerungsfall<lb/> mit Gewalt aus den Haͤuſern der Geſandten wegzufuͤhren <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">e</hi></hi>);<lb/> daher ſind Streitigkeiten in ſolchen Faͤllen unvermeidlich,<lb/> die aber mehrentheils ſchon eine Mißhelligkeit der Hoͤfe<lb/> zum Grunde haben.</p><lb/> <p>Was von dem Hotel des Geſandten geſagt worden,<lb/> gilt auch von deſſen Waͤgen, die wenn ſie gleich an den<lb/> mehreſten Hoͤfen von der gewoͤhnlichen Durchſuchung der<lb/> <fw place="bottom" type="sig">R 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Zollbeam-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [259/0287]
Unverletzlichkeit u. Unabhaͤngigkeit des Geſandten.
daher wuͤrde weder deſſen Auslieferung als ein vollkomm-
nes Recht begehrt, noch er mit Gewalt herausgezogen wer-
den duͤrfen.
Aber das allgemeine Voͤlkerrecht geht ſo weit nicht,
und das poſitive leidet Beſchraͤnkungen, wenn unbeſchadet
des Zwecks der Geſandſchaft die Sicherheit des Staats ſie
erfordert. Nun hat der Geſandte kein Recht einen ihm
nicht unterworfenen Verbrecher der Juſtiz des Landes vor-
zuenthalten; wenn er daher demjenigen den der Staat er-
wieſener oder geargwohnter Verbrechen wegen verfolgt, in
ſeinem Hauſe Zuflucht ertheilet, und auf erfolgte Requiſi-
tion deſſen Auslieferung verweigert, ſo iſt der Staat, wenn
er von der Aufnahme gewiß iſt, berechtiget nicht nur die
Flucht des Aufgenommenen durch alle zweckmaͤßige Mittel
von außen zu verhindern, ſondern ſelbſt ihn mit Gewalt
aus dem Hauſe des Geſandten wegzufuͤhren, der alle Fol-
gen ſeines unrechtmaͤßigen Betragens ſich ſelbſt beyzumeſ-
ſen hat c).
Nach der Praxis ward zwar ehemahls, ſo lange uͤber-
haupt mit den privilegiis aſyli verſchwenderiſch umgegan-
gen, wurde den Geſandten ein ius aſyli fuͤr ihre Haͤuſer
faſt durchgehends eingeraͤumt, und noch jetzt behauptet es
jeder Geſandte, auch giebt es noch einige Hoͤfe in welchen
das Herkommen zum Vortheil der Geſandten iſt d), und
an manchen andren wird in Faͤllen von Privatverbrechen
(fuͤr welche aber der Geſandte ſelten Schutz ertheilt) nach-
geſehn, aber jeder Staat haͤlt ſich fuͤr berechtiget diejenigen
die er als Staatsverbrecher verfolgt, im Weigerungsfall
mit Gewalt aus den Haͤuſern der Geſandten wegzufuͤhren e);
daher ſind Streitigkeiten in ſolchen Faͤllen unvermeidlich,
die aber mehrentheils ſchon eine Mißhelligkeit der Hoͤfe
zum Grunde haben.
Was von dem Hotel des Geſandten geſagt worden,
gilt auch von deſſen Waͤgen, die wenn ſie gleich an den
mehreſten Hoͤfen von der gewoͤhnlichen Durchſuchung der
Zollbeam-
R 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |