Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Endigung der Gesandschaft.
c) Ob der Gesandte diese ohne besondere Erlaubniß seines Staats
annehmen dürfe hängt von der Landesverfassung ab. Die Ve-
netianischen dürfen es nicht; auch nicht die Niederländischen
Kluit hist. fed. T. II. p. 570.
d) Wo, wie am Reichstage, Geschenke der Art nicht hergebracht
find, da unterbleibt zuweilen der schriftliche Abschied.
§. 237.
3) Abreise ohne Rappel.

Bey außerordentlichen Gesandschaften 1) kann zuwei-
len der Gesandte kraft seiner Instruction Abschied nehmen,
ohne ein besonderes Rappelschreiben zu erwarten. Sonst
können 2) auch Fälle vorkommen, wo der Gesandte, es sey
wegen seines persönlichen Betragens, oder retorsionsweise,
oder aus anderen Staatsursachen von dem Hofe bey welchen
er residirt ausgeschafft a) wird, so daß man ihm entweder
wissen läßt, daß er Abschied nehmen könne, oder ihm be-
fiehlt in nahmhafter Frist sich zu entfernen, oder ihn mit Ge-
walt über die Grenze schafft. Endlich giebt es 3) Fälle,
wo der Gesandte ohne seinen Rappel zu erwarten von freyen
Stücken den Hof ohne Abschied verläßt, wenn er sich über
grobe Verletzung des Völkerrechts gegen seine Person be-
schweren zu können glaubt.

a) F. C. Moser von Ausschaffung der Gesandten in dessen
kleinen Schriften
Th. VIII. S. 81. Th. IX. S. 1. C. H. Breu-
ning
specimen iuris controuersi de iure expellendi legatum alterius
gentis liberum
. Lips.
1764. 4.
§. 238.
4) Tod des Gesandten.

Daß auch durch den Tod des Gesandten die Gesand-
schaft zu Ende geht, leidet keinen Zweifel. In diesem Fall
kann für ihn ein anständiges Begräbniß gefordert werden.
Hat aber an dem Ort seiner Residenz keine öffentliche Uebung
seiner Religion statt, so hängt, außerhalb der Verträge, die
Frage ob er auf dem Kirchhofe und mit einem feyerlichen

Leichen-
S 4
Endigung der Geſandſchaft.
c) Ob der Geſandte dieſe ohne beſondere Erlaubniß ſeines Staats
annehmen duͤrfe haͤngt von der Landesverfaſſung ab. Die Ve-
netianiſchen duͤrfen es nicht; auch nicht die Niederlaͤndiſchen
Kluit hiſt. fed. T. II. p. 570.
d) Wo, wie am Reichstage, Geſchenke der Art nicht hergebracht
find, da unterbleibt zuweilen der ſchriftliche Abſchied.
§. 237.
3) Abreiſe ohne Rappel.

Bey außerordentlichen Geſandſchaften 1) kann zuwei-
len der Geſandte kraft ſeiner Inſtruction Abſchied nehmen,
ohne ein beſonderes Rappelſchreiben zu erwarten. Sonſt
koͤnnen 2) auch Faͤlle vorkommen, wo der Geſandte, es ſey
wegen ſeines perſoͤnlichen Betragens, oder retorſionsweiſe,
oder aus anderen Staatsurſachen von dem Hofe bey welchen
er reſidirt ausgeſchafft a) wird, ſo daß man ihm entweder
wiſſen laͤßt, daß er Abſchied nehmen koͤnne, oder ihm be-
fiehlt in nahmhafter Friſt ſich zu entfernen, oder ihn mit Ge-
walt uͤber die Grenze ſchafft. Endlich giebt es 3) Faͤlle,
wo der Geſandte ohne ſeinen Rappel zu erwarten von freyen
Stuͤcken den Hof ohne Abſchied verlaͤßt, wenn er ſich uͤber
grobe Verletzung des Voͤlkerrechts gegen ſeine Perſon be-
ſchweren zu koͤnnen glaubt.

a) F. C. Moſer von Ausſchaffung der Geſandten in deſſen
kleinen Schriften
Th. VIII. S. 81. Th. IX. S. 1. C. H. Breu-
ning
ſpecimen iuris controuerſi de iure expellendi legatum alterius
gentis liberum
. Lipſ.
1764. 4.
§. 238.
4) Tod des Geſandten.

Daß auch durch den Tod des Geſandten die Geſand-
ſchaft zu Ende geht, leidet keinen Zweifel. In dieſem Fall
kann fuͤr ihn ein anſtaͤndiges Begraͤbniß gefordert werden.
Hat aber an dem Ort ſeiner Reſidenz keine oͤffentliche Uebung
ſeiner Religion ſtatt, ſo haͤngt, außerhalb der Vertraͤge, die
Frage ob er auf dem Kirchhofe und mit einem feyerlichen

Leichen-
S 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0307" n="279"/>
            <fw place="top" type="header">Endigung der Ge&#x017F;and&#x017F;chaft.</fw><lb/>
            <note place="end" n="c)">Ob der Ge&#x017F;andte die&#x017F;e ohne be&#x017F;ondere Erlaubniß &#x017F;eines Staats<lb/>
annehmen du&#x0364;rfe ha&#x0364;ngt von der Landesverfa&#x017F;&#x017F;ung ab. Die Ve-<lb/>
netiani&#x017F;chen du&#x0364;rfen es nicht; auch nicht die Niederla&#x0364;ndi&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Kluit</hi><hi rendition="#i">hi&#x017F;t. fed</hi>. T. II. p.</hi> 570.</note><lb/>
            <note place="end" n="d)">Wo, wie am Reichstage, Ge&#x017F;chenke der Art nicht hergebracht<lb/>
find, da unterbleibt zuweilen der &#x017F;chriftliche Ab&#x017F;chied.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 237.<lb/>
3) <hi rendition="#fr">Abrei&#x017F;e ohne Rappel</hi>.</head><lb/>
            <p>Bey außerordentlichen Ge&#x017F;and&#x017F;chaften 1) kann zuwei-<lb/>
len der Ge&#x017F;andte kraft &#x017F;einer In&#x017F;truction Ab&#x017F;chied nehmen,<lb/>
ohne ein be&#x017F;onderes Rappel&#x017F;chreiben zu erwarten. Son&#x017F;t<lb/>
ko&#x0364;nnen 2) auch Fa&#x0364;lle vorkommen, wo der Ge&#x017F;andte, es &#x017F;ey<lb/>
wegen &#x017F;eines per&#x017F;o&#x0364;nlichen Betragens, oder retor&#x017F;ionswei&#x017F;e,<lb/>
oder aus anderen Staatsur&#x017F;achen von dem Hofe bey welchen<lb/>
er re&#x017F;idirt ausge&#x017F;chafft <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>) wird, &#x017F;o daß man ihm entweder<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en la&#x0364;ßt, daß er Ab&#x017F;chied nehmen ko&#x0364;nne, oder ihm be-<lb/>
fiehlt in nahmhafter Fri&#x017F;t &#x017F;ich zu entfernen, oder ihn mit Ge-<lb/>
walt u&#x0364;ber die Grenze &#x017F;chafft. Endlich giebt es 3) Fa&#x0364;lle,<lb/>
wo der Ge&#x017F;andte ohne &#x017F;einen Rappel zu erwarten von freyen<lb/>
Stu&#x0364;cken den Hof ohne Ab&#x017F;chied verla&#x0364;ßt, wenn er &#x017F;ich u&#x0364;ber<lb/>
grobe Verletzung des Vo&#x0364;lkerrechts gegen &#x017F;eine Per&#x017F;on be-<lb/>
&#x017F;chweren zu ko&#x0364;nnen glaubt.</p><lb/>
            <note place="end" n="a)"><hi rendition="#fr">F. C. <hi rendition="#g">Mo&#x017F;er</hi> von Aus&#x017F;chaffung der Ge&#x017F;andten in de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
kleinen Schriften</hi> Th. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> S. 81. Th. <hi rendition="#aq">IX.</hi> S. 1. <hi rendition="#aq">C. H. <hi rendition="#k">Breu-<lb/>
ning</hi> <hi rendition="#i">&#x017F;pecimen iuris controuer&#x017F;i de iure expellendi legatum alterius<lb/>
gentis liberum</hi>. Lip&#x017F;.</hi> 1764. 4.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 238.<lb/>
4) <hi rendition="#fr">Tod des Ge&#x017F;andten</hi>.</head><lb/>
            <p>Daß auch durch den Tod des Ge&#x017F;andten die Ge&#x017F;and-<lb/>
&#x017F;chaft zu Ende geht, leidet keinen Zweifel. In die&#x017F;em Fall<lb/>
kann fu&#x0364;r ihn ein an&#x017F;ta&#x0364;ndiges Begra&#x0364;bniß gefordert werden.<lb/>
Hat aber an dem Ort &#x017F;einer Re&#x017F;idenz keine o&#x0364;ffentliche Uebung<lb/>
&#x017F;einer Religion &#x017F;tatt, &#x017F;o ha&#x0364;ngt, außerhalb der Vertra&#x0364;ge, die<lb/>
Frage ob er auf dem Kirchhofe und mit einem feyerlichen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Leichen-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0307] Endigung der Geſandſchaft. c⁾ Ob der Geſandte dieſe ohne beſondere Erlaubniß ſeines Staats annehmen duͤrfe haͤngt von der Landesverfaſſung ab. Die Ve- netianiſchen duͤrfen es nicht; auch nicht die Niederlaͤndiſchen Kluit hiſt. fed. T. II. p. 570. d⁾ Wo, wie am Reichstage, Geſchenke der Art nicht hergebracht find, da unterbleibt zuweilen der ſchriftliche Abſchied. §. 237. 3) Abreiſe ohne Rappel. Bey außerordentlichen Geſandſchaften 1) kann zuwei- len der Geſandte kraft ſeiner Inſtruction Abſchied nehmen, ohne ein beſonderes Rappelſchreiben zu erwarten. Sonſt koͤnnen 2) auch Faͤlle vorkommen, wo der Geſandte, es ſey wegen ſeines perſoͤnlichen Betragens, oder retorſionsweiſe, oder aus anderen Staatsurſachen von dem Hofe bey welchen er reſidirt ausgeſchafft a) wird, ſo daß man ihm entweder wiſſen laͤßt, daß er Abſchied nehmen koͤnne, oder ihm be- fiehlt in nahmhafter Friſt ſich zu entfernen, oder ihn mit Ge- walt uͤber die Grenze ſchafft. Endlich giebt es 3) Faͤlle, wo der Geſandte ohne ſeinen Rappel zu erwarten von freyen Stuͤcken den Hof ohne Abſchied verlaͤßt, wenn er ſich uͤber grobe Verletzung des Voͤlkerrechts gegen ſeine Perſon be- ſchweren zu koͤnnen glaubt. a⁾ F. C. Moſer von Ausſchaffung der Geſandten in deſſen kleinen Schriften Th. VIII. S. 81. Th. IX. S. 1. C. H. Breu- ning ſpecimen iuris controuerſi de iure expellendi legatum alterius gentis liberum. Lipſ. 1764. 4. §. 238. 4) Tod des Geſandten. Daß auch durch den Tod des Geſandten die Geſand- ſchaft zu Ende geht, leidet keinen Zweifel. In dieſem Fall kann fuͤr ihn ein anſtaͤndiges Begraͤbniß gefordert werden. Hat aber an dem Ort ſeiner Reſidenz keine oͤffentliche Uebung ſeiner Religion ſtatt, ſo haͤngt, außerhalb der Vertraͤge, die Frage ob er auf dem Kirchhofe und mit einem feyerlichen Leichen- S 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/307
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/307>, abgerufen am 05.12.2024.