Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Von Kriegsverträgen.
c) Selbst in Kriegen wider Unterthanen müssen diese Verträge heilig
gehalten werden, da man auch hier durch Schließung eines Ver-
trags auf die Einrede stillschweigend Verzicht leistet, daß der
Gegentheil unrechtmäßiger Feind sey. S. jedoch die Streitigkeiten
über die Liliensteiner Capitulation Moser Versuch B. IX. Th. II.
S. 321 besonders 355 u. f.
d) S. über die Convention zu Kloster Zeven Teutsche Kriegscanz-
ley
Th. IV. S. 634. Th. V. S. 558. Th. VI. S. 126. Th. VII.
S. 922. Th. VIII. S. 4. Th. IX. S. 650. Moser Versuch
B. X. Th. I. S. 183 u. f.
§. 291.
Geissel.

Zur Sicherheit der geschlossenen Kriegsverträge, zu-
weilen aber auch zur Sicherheit für die Beobachtung anderer
Puncte des Kriegsvölkerrechts, werden oft Geissel a) dem
Feinde auf dessen Begehren gegeben, oder mit Gewalt von
diesem genommen b). Wider diese Geisselschaft schützt kein
Stand, wohl aber, nach den Sitten civilisirter Völker, das
Geschlecht c) und gewissermaßen das Alter.

Die mit Gewalt genommenen Geissel können mit Ge-
walt dem Feinde wieder entrissen werden, ob dies aber auch
von den Freywilligen gelte, scheint zweifelhafter. Entfliehen
die Geissel, so können sie von dem Feinde den Ueberläufern
gleich gestraft werden d).

Ist der Zweck der Geisselschaft erreicht, so müssen die
Geissel entlassen und mit Pässen versehn werden, falls man
sie nicht aus andren Ursachen zurückbehalten kann e). Wird
aber dem Feinde das Recht gekränkt, um dessenwillen er
Geissel genommen hatte, so ist es zwar erlaubt die Geissel
hart zu behandeln; aber sie am Leben zu strafen, erlaubt das
positive Völkerrecht nicht f), dafern sie kein Verbrechen be-
gangen haben, oder Represalien statt finden.

a) J. Schilter de iure et statu obsidium. Rudolst. 1664. 8. Jen. 1673. 4.
C. L. Crell de iure obsidium inuitorum; Witeb. 1734.
u. in diss.
Crellian. Fascic. IV. de Steck obs. subseciuae cap. 1. 2. 20. 22.

Von Kriegsvertraͤgen.
c) Selbſt in Kriegen wider Unterthanen muͤſſen dieſe Vertraͤge heilig
gehalten werden, da man auch hier durch Schließung eines Ver-
trags auf die Einrede ſtillſchweigend Verzicht leiſtet, daß der
Gegentheil unrechtmaͤßiger Feind ſey. S. jedoch die Streitigkeiten
uͤber die Lilienſteiner Capitulation Moſer Verſuch B. IX. Th. II.
S. 321 beſonders 355 u. f.
d) S. uͤber die Convention zu Kloſter Zeven Teutſche Kriegscanz-
ley
Th. IV. S. 634. Th. V. S. 558. Th. VI. S. 126. Th. VII.
S. 922. Th. VIII. S. 4. Th. IX. S. 650. Moſer Verſuch
B. X. Th. I. S. 183 u. f.
§. 291.
Geiſſel.

Zur Sicherheit der geſchloſſenen Kriegsvertraͤge, zu-
weilen aber auch zur Sicherheit fuͤr die Beobachtung anderer
Puncte des Kriegsvoͤlkerrechts, werden oft Geiſſel a) dem
Feinde auf deſſen Begehren gegeben, oder mit Gewalt von
dieſem genommen b). Wider dieſe Geiſſelſchaft ſchuͤtzt kein
Stand, wohl aber, nach den Sitten civiliſirter Voͤlker, das
Geſchlecht c) und gewiſſermaßen das Alter.

Die mit Gewalt genommenen Geiſſel koͤnnen mit Ge-
walt dem Feinde wieder entriſſen werden, ob dies aber auch
von den Freywilligen gelte, ſcheint zweifelhafter. Entfliehen
die Geiſſel, ſo koͤnnen ſie von dem Feinde den Ueberlaͤufern
gleich geſtraft werden d).

Iſt der Zweck der Geiſſelſchaft erreicht, ſo muͤſſen die
Geiſſel entlaſſen und mit Paͤſſen verſehn werden, falls man
ſie nicht aus andren Urſachen zuruͤckbehalten kann e). Wird
aber dem Feinde das Recht gekraͤnkt, um deſſenwillen er
Geiſſel genommen hatte, ſo iſt es zwar erlaubt die Geiſſel
hart zu behandeln; aber ſie am Leben zu ſtrafen, erlaubt das
poſitive Voͤlkerrecht nicht f), dafern ſie kein Verbrechen be-
gangen haben, oder Repreſalien ſtatt finden.

a) J. Schilter de iure et ſtatu obſidium. Rudolſt. 1664. 8. Jen. 1673. 4.
C. L. Crell de iure obſidium inuitorum; Witeb. 1734.
u. in diſſ.
Crellian. Faſcic. IV. de Steck obſ. ſubſeciuae cap. 1. 2. 20. 22.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0359" n="331"/>
            <fw place="top" type="header">Von Kriegsvertra&#x0364;gen.</fw><lb/>
            <note place="end" n="c)">Selb&#x017F;t in Kriegen wider Unterthanen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;e Vertra&#x0364;ge heilig<lb/>
gehalten werden, da man auch hier durch Schließung eines Ver-<lb/>
trags auf die Einrede &#x017F;till&#x017F;chweigend Verzicht lei&#x017F;tet, daß der<lb/>
Gegentheil unrechtma&#x0364;ßiger Feind &#x017F;ey. S. jedoch die Streitigkeiten<lb/>
u&#x0364;ber die Lilien&#x017F;teiner Capitulation <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Mo&#x017F;er</hi> Ver&#x017F;uch</hi> B. <hi rendition="#aq">IX.</hi> Th. <hi rendition="#aq">II.</hi><lb/>
S. 321 be&#x017F;onders 355 u. f.</note><lb/>
            <note place="end" n="d)">S. u&#x0364;ber die Convention zu Klo&#x017F;ter Zeven <hi rendition="#fr">Teut&#x017F;che Kriegscanz-<lb/>
ley</hi> Th. <hi rendition="#aq">IV.</hi> S. 634. Th. <hi rendition="#aq">V.</hi> S. 558. Th. <hi rendition="#aq">VI.</hi> S. 126. Th. <hi rendition="#aq">VII.</hi><lb/>
S. 922. Th. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> S. 4. Th. <hi rendition="#aq">IX.</hi> S. 650. <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Mo&#x017F;er</hi> Ver&#x017F;uch</hi><lb/>
B. <hi rendition="#aq">X.</hi> Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 183 u. f.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 291.<lb/><hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Gei&#x017F;&#x017F;el</hi>.</hi></head><lb/>
            <p>Zur Sicherheit der ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Kriegsvertra&#x0364;ge, zu-<lb/>
weilen aber auch zur Sicherheit fu&#x0364;r die Beobachtung anderer<lb/>
Puncte des Kriegsvo&#x0364;lkerrechts, werden oft Gei&#x017F;&#x017F;el <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>) dem<lb/>
Feinde auf de&#x017F;&#x017F;en Begehren gegeben, oder mit Gewalt von<lb/>
die&#x017F;em genommen <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">b</hi></hi>). Wider die&#x017F;e Gei&#x017F;&#x017F;el&#x017F;chaft &#x017F;chu&#x0364;tzt kein<lb/>
Stand, wohl aber, nach den Sitten civili&#x017F;irter Vo&#x0364;lker, das<lb/>
Ge&#x017F;chlecht <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">c</hi></hi>) und gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen das Alter.</p><lb/>
            <p>Die mit Gewalt genommenen Gei&#x017F;&#x017F;el ko&#x0364;nnen mit Ge-<lb/>
walt dem Feinde wieder entri&#x017F;&#x017F;en werden, ob dies aber auch<lb/>
von den Freywilligen gelte, &#x017F;cheint zweifelhafter. Entfliehen<lb/>
die Gei&#x017F;&#x017F;el, &#x017F;o ko&#x0364;nnen &#x017F;ie von dem Feinde den Ueberla&#x0364;ufern<lb/>
gleich ge&#x017F;traft werden <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">d</hi></hi>).</p><lb/>
            <p>I&#x017F;t der Zweck der Gei&#x017F;&#x017F;el&#x017F;chaft erreicht, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die<lb/>
Gei&#x017F;&#x017F;el entla&#x017F;&#x017F;en und mit <hi rendition="#fr">Pa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en</hi> ver&#x017F;ehn werden, falls man<lb/>
&#x017F;ie nicht aus andren Ur&#x017F;achen zuru&#x0364;ckbehalten kann <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">e</hi></hi>). Wird<lb/>
aber dem Feinde das Recht gekra&#x0364;nkt, um de&#x017F;&#x017F;enwillen er<lb/>
Gei&#x017F;&#x017F;el genommen hatte, &#x017F;o i&#x017F;t es zwar erlaubt die Gei&#x017F;&#x017F;el<lb/>
hart zu behandeln; aber &#x017F;ie am Leben zu &#x017F;trafen, erlaubt das<lb/>
po&#x017F;itive Vo&#x0364;lkerrecht nicht <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">f</hi></hi>), dafern &#x017F;ie kein Verbrechen be-<lb/>
gangen haben, oder Repre&#x017F;alien &#x017F;tatt finden.</p><lb/>
            <note place="end" n="a)"><hi rendition="#aq">J. <hi rendition="#k">Schilter</hi> <hi rendition="#i">de iure et &#x017F;tatu ob&#x017F;idium</hi>. Rudol&#x017F;t. 1664. 8. Jen. 1673. 4.<lb/>
C. L. <hi rendition="#k">Crell</hi> <hi rendition="#i">de iure ob&#x017F;idium inuitorum;</hi> Witeb. 1734.</hi> u. in <hi rendition="#aq">di&#x017F;&#x017F;.<lb/>
Crellian. Fa&#x017F;cic. IV. <hi rendition="#k">de Steck</hi> <hi rendition="#i">ob&#x017F;. &#x017F;ub&#x017F;eciuae</hi> cap. 1. 2. 20. 22.</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></note>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0359] Von Kriegsvertraͤgen. c⁾ Selbſt in Kriegen wider Unterthanen muͤſſen dieſe Vertraͤge heilig gehalten werden, da man auch hier durch Schließung eines Ver- trags auf die Einrede ſtillſchweigend Verzicht leiſtet, daß der Gegentheil unrechtmaͤßiger Feind ſey. S. jedoch die Streitigkeiten uͤber die Lilienſteiner Capitulation Moſer Verſuch B. IX. Th. II. S. 321 beſonders 355 u. f. d⁾ S. uͤber die Convention zu Kloſter Zeven Teutſche Kriegscanz- ley Th. IV. S. 634. Th. V. S. 558. Th. VI. S. 126. Th. VII. S. 922. Th. VIII. S. 4. Th. IX. S. 650. Moſer Verſuch B. X. Th. I. S. 183 u. f. §. 291. Geiſſel. Zur Sicherheit der geſchloſſenen Kriegsvertraͤge, zu- weilen aber auch zur Sicherheit fuͤr die Beobachtung anderer Puncte des Kriegsvoͤlkerrechts, werden oft Geiſſel a) dem Feinde auf deſſen Begehren gegeben, oder mit Gewalt von dieſem genommen b). Wider dieſe Geiſſelſchaft ſchuͤtzt kein Stand, wohl aber, nach den Sitten civiliſirter Voͤlker, das Geſchlecht c) und gewiſſermaßen das Alter. Die mit Gewalt genommenen Geiſſel koͤnnen mit Ge- walt dem Feinde wieder entriſſen werden, ob dies aber auch von den Freywilligen gelte, ſcheint zweifelhafter. Entfliehen die Geiſſel, ſo koͤnnen ſie von dem Feinde den Ueberlaͤufern gleich geſtraft werden d). Iſt der Zweck der Geiſſelſchaft erreicht, ſo muͤſſen die Geiſſel entlaſſen und mit Paͤſſen verſehn werden, falls man ſie nicht aus andren Urſachen zuruͤckbehalten kann e). Wird aber dem Feinde das Recht gekraͤnkt, um deſſenwillen er Geiſſel genommen hatte, ſo iſt es zwar erlaubt die Geiſſel hart zu behandeln; aber ſie am Leben zu ſtrafen, erlaubt das poſitive Voͤlkerrecht nicht f), dafern ſie kein Verbrechen be- gangen haben, oder Repreſalien ſtatt finden. a⁾ J. Schilter de iure et ſtatu obſidium. Rudolſt. 1664. 8. Jen. 1673. 4. C. L. Crell de iure obſidium inuitorum; Witeb. 1734. u. in diſſ. Crellian. Faſcic. IV. de Steck obſ. ſubſeciuae cap. 1. 2. 20. 22. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/359
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/359>, abgerufen am 05.12.2024.