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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Verschiedenheit der Regierungsformen.
schränkungen, zu verwalten zusteht, so ist der Staat despo-
tisch, wie die Türkey a) und ein großer Theil des Russi-
sches
Reichs b); ist er zwar dem Regenten allein übertra-
gen, aber die Ausübung desselben an positive, in Grundver-
trägen oder Grundherkommen gegründete Einschränkungen
gebunden, so ist der Staat monarchisch im eigentlichen Sinn
(unpassend, aber gewöhnlich unumschränkte Monarchie ge-
nannt.) Dies ist der Fall mit Dänemark, einem großen
Theil Spaniens, Preußen, Sicilien c). Ist er end-
lich dem Regenten so übertragen, daß an der Ausübung
eines Theils der Hoheitsrechte das Volk noch Antheil hat,
so ist der Staat eine eingeschränkte Monarchie. Auch hievon
giebt es mannigfaltige Stuffen, je nachdem dieser Antheil
entweder nur in Rath, oder in Einwilligung, oder in wahre
Vertheilung der Rechte besteht, und entweder nur in Anse-
hung einzelner, oder vieler, oder der mehresten Rechte eintritt.
So war ehemahls in Frankreich d) und ist noch in Por-
tugall
(in der Theorie) in Ungarn e), Böhmen f) und
Schweden g) die Einwilligung der Stände zu einzelnen
Hoheitsrechten nöthig; so ist in Großbritannien h) die ge-
setzgebende Gewalt mit Inbegriff des Rechts der Steuern
zwischen dem König und dem Volk vertheilt; so sind in
Teutschland die mehresten und wichtigsten Hoheitsrechte
an den Consens der Stände gebunden, oder gar zwischen
Kaiser und Ständen getheilt. Ist endlich die gesetzgebende
Gewalt dem Volk allein beygelegt, und dem Oberhaupt
wohl gar nur ein Theil der executivischen überlassen, so er-
hält sich nur noch ein Schatten der Monarchie in der per-
sönlichen Unabhängigkeit des Regenten und verschwindet
wenn ihm diese entzogen wird i).

a) Stöver historisch-statistische Beschreibung des Gsmanni-
schen Reichs.
Hamburg 1784. 8. Le Bret Magazin der
Staaten- und Kirchen-Historie B. I N. 2. B II. N. 2.
b) Die von fremden Mächten, insonderheit von Schweden, abge-
tretene Provinzen, können nicht despotisch beherrscht werden,
wenn den Verträgen nachgelebt werden soll, die hier die Stelle
C 2

Verſchiedenheit der Regierungsformen.
ſchraͤnkungen, zu verwalten zuſteht, ſo iſt der Staat deſpo-
tiſch, wie die Tuͤrkey a) und ein großer Theil des Ruſſi-
ſches
Reichs b); iſt er zwar dem Regenten allein uͤbertra-
gen, aber die Ausuͤbung deſſelben an poſitive, in Grundver-
traͤgen oder Grundherkommen gegruͤndete Einſchraͤnkungen
gebunden, ſo iſt der Staat monarchiſch im eigentlichen Sinn
(unpaſſend, aber gewoͤhnlich unumſchraͤnkte Monarchie ge-
nannt.) Dies iſt der Fall mit Daͤnemark, einem großen
Theil Spaniens, Preußen, Sicilien c). Iſt er end-
lich dem Regenten ſo uͤbertragen, daß an der Ausuͤbung
eines Theils der Hoheitsrechte das Volk noch Antheil hat,
ſo iſt der Staat eine eingeſchraͤnkte Monarchie. Auch hievon
giebt es mannigfaltige Stuffen, je nachdem dieſer Antheil
entweder nur in Rath, oder in Einwilligung, oder in wahre
Vertheilung der Rechte beſteht, und entweder nur in Anſe-
hung einzelner, oder vieler, oder der mehreſten Rechte eintritt.
So war ehemahls in Frankreich d) und iſt noch in Por-
tugall
(in der Theorie) in Ungarn e), Boͤhmen f) und
Schweden g) die Einwilligung der Staͤnde zu einzelnen
Hoheitsrechten noͤthig; ſo iſt in Großbritannien h) die ge-
ſetzgebende Gewalt mit Inbegriff des Rechts der Steuern
zwiſchen dem Koͤnig und dem Volk vertheilt; ſo ſind in
Teutſchland die mehreſten und wichtigſten Hoheitsrechte
an den Conſens der Staͤnde gebunden, oder gar zwiſchen
Kaiſer und Staͤnden getheilt. Iſt endlich die geſetzgebende
Gewalt dem Volk allein beygelegt, und dem Oberhaupt
wohl gar nur ein Theil der executiviſchen uͤberlaſſen, ſo er-
haͤlt ſich nur noch ein Schatten der Monarchie in der per-
ſoͤnlichen Unabhaͤngigkeit des Regenten und verſchwindet
wenn ihm dieſe entzogen wird i).

a) Stoͤver hiſtoriſch-ſtatiſtiſche Beſchreibung des Gsmanni-
ſchen Reichs.
Hamburg 1784. 8. Le Bret Magazin der
Staaten- und Kirchen-Hiſtorie B. I N. 2. B II. N. 2.
b) Die von fremden Maͤchten, inſonderheit von Schweden, abge-
tretene Provinzen, koͤnnen nicht deſpotiſch beherrſcht werden,
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[35/0063] Verſchiedenheit der Regierungsformen. ſchraͤnkungen, zu verwalten zuſteht, ſo iſt der Staat deſpo- tiſch, wie die Tuͤrkey a) und ein großer Theil des Ruſſi- ſches Reichs b); iſt er zwar dem Regenten allein uͤbertra- gen, aber die Ausuͤbung deſſelben an poſitive, in Grundver- traͤgen oder Grundherkommen gegruͤndete Einſchraͤnkungen gebunden, ſo iſt der Staat monarchiſch im eigentlichen Sinn (unpaſſend, aber gewoͤhnlich unumſchraͤnkte Monarchie ge- nannt.) Dies iſt der Fall mit Daͤnemark, einem großen Theil Spaniens, Preußen, Sicilien c). Iſt er end- lich dem Regenten ſo uͤbertragen, daß an der Ausuͤbung eines Theils der Hoheitsrechte das Volk noch Antheil hat, ſo iſt der Staat eine eingeſchraͤnkte Monarchie. Auch hievon giebt es mannigfaltige Stuffen, je nachdem dieſer Antheil entweder nur in Rath, oder in Einwilligung, oder in wahre Vertheilung der Rechte beſteht, und entweder nur in Anſe- hung einzelner, oder vieler, oder der mehreſten Rechte eintritt. So war ehemahls in Frankreich d) und iſt noch in Por- tugall (in der Theorie) in Ungarn e), Boͤhmen f) und Schweden g) die Einwilligung der Staͤnde zu einzelnen Hoheitsrechten noͤthig; ſo iſt in Großbritannien h) die ge- ſetzgebende Gewalt mit Inbegriff des Rechts der Steuern zwiſchen dem Koͤnig und dem Volk vertheilt; ſo ſind in Teutſchland die mehreſten und wichtigſten Hoheitsrechte an den Conſens der Staͤnde gebunden, oder gar zwiſchen Kaiſer und Staͤnden getheilt. Iſt endlich die geſetzgebende Gewalt dem Volk allein beygelegt, und dem Oberhaupt wohl gar nur ein Theil der executiviſchen uͤberlaſſen, ſo er- haͤlt ſich nur noch ein Schatten der Monarchie in der per- ſoͤnlichen Unabhaͤngigkeit des Regenten und verſchwindet wenn ihm dieſe entzogen wird i). a⁾ Stoͤver hiſtoriſch-ſtatiſtiſche Beſchreibung des Gsmanni- ſchen Reichs. Hamburg 1784. 8. Le Bret Magazin der Staaten- und Kirchen-Hiſtorie B. I N. 2. B II. N. 2. b⁾ Die von fremden Maͤchten, inſonderheit von Schweden, abge- tretene Provinzen, koͤnnen nicht deſpotiſch beherrſcht werden, wenn den Vertraͤgen nachgelebt werden ſoll, die hier die Stelle von C 2

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/63>, abgerufen am 04.12.2024.