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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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Nutzen/ und nimt grosse Mühe/ damit
man wieder zur Reue gelange. Ich sinde/
daß Caesar sehr wol gesagt/ daß die Sachen
so wol außschlagen/ allezeit bald genug ver-
richtet werden.

XCVIII.

Was der weise Ennius vor Zeiten ge-
sagt/ befindet sich noch heute und alle Tage
vor wahr. Nemlich/ daß ein krancker Geist
allezeit in Irthum falle. Nun sage mir/ ist
auch eine gefährlicher Kranckheit vor das
Gemüht des Menschen als der Zorn? dar-
um eben wie ein Blinder nicht unterschey-
den kan/ was weiß oder schwartz/ also kan
auch ein Mensch/ der dem Zorn unterworf-
fen ist/ nicht sehen/ was in dergleichen Be-
gebenheiten zu thun oder zu lassen ist.

XCIX.

Ein Fürst sol keine melanchol- oder
phlegmatische Leute zu seinen Rähten er-
wählen: Jene haben gewisse seltzame Ein-
bildungen/ und gantz wunderbahre Gedan-
cken: sie sind gemeiniglich gar mißtrauisch/
und der Neyd regieret meistentheils bey ih-
nen. Diese seynd gar zu langsam/ furcht-
sam/ nachläßig/ und grosser Geschäffte un-
fähig.

C.

Nutzen/ und nimt groſſe Muͤhe/ damit
man wieder zur Reue gelange. Ich ſinde/
daß Cæſar ſehr wol geſagt/ daß die Sachen
ſo wol außſchlagen/ allezeit bald genug ver-
richtet werden.

XCVIII.

Was der weiſe Ennius vor Zeiten ge-
ſagt/ befindet ſich noch heute und alle Tage
vor wahr. Nemlich/ daß ein krancker Geiſt
allezeit in Irthum falle. Nun ſage mir/ iſt
auch eine gefaͤhrlicher Kranckheit vor das
Gemuͤht des Menſchen als der Zorn? dar-
um eben wie ein Blinder nicht unterſchey-
den kan/ was weiß oder ſchwartz/ alſo kan
auch ein Menſch/ der dem Zorn unterworf-
fen iſt/ nicht ſehen/ was in dergleichen Be-
gebenheiten zu thun oder zu laſſen iſt.

XCIX.

Ein Fuͤrſt ſol keine melanchol- oder
phlegmatiſche Leute zu ſeinen Raͤhten er-
waͤhlen: Jene haben gewiſſe ſeltzame Ein-
bildungen/ und gantz wunderbahre Gedan-
cken: ſie ſind gemeiniglich gar mißtrauiſch/
und der Neyd regieret meiſtentheils bey ih-
nen. Dieſe ſeynd gar zu langſam/ furcht-
ſam/ nachlaͤßig/ und groſſer Geſchaͤffte un-
faͤhig.

C.
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[237[227]/0238] Nutzen/ und nimt groſſe Muͤhe/ damit man wieder zur Reue gelange. Ich ſinde/ daß Cæſar ſehr wol geſagt/ daß die Sachen ſo wol außſchlagen/ allezeit bald genug ver- richtet werden. XCVIII. Was der weiſe Ennius vor Zeiten ge- ſagt/ befindet ſich noch heute und alle Tage vor wahr. Nemlich/ daß ein krancker Geiſt allezeit in Irthum falle. Nun ſage mir/ iſt auch eine gefaͤhrlicher Kranckheit vor das Gemuͤht des Menſchen als der Zorn? dar- um eben wie ein Blinder nicht unterſchey- den kan/ was weiß oder ſchwartz/ alſo kan auch ein Menſch/ der dem Zorn unterworf- fen iſt/ nicht ſehen/ was in dergleichen Be- gebenheiten zu thun oder zu laſſen iſt. XCIX. Ein Fuͤrſt ſol keine melanchol- oder phlegmatiſche Leute zu ſeinen Raͤhten er- waͤhlen: Jene haben gewiſſe ſeltzame Ein- bildungen/ und gantz wunderbahre Gedan- cken: ſie ſind gemeiniglich gar mißtrauiſch/ und der Neyd regieret meiſtentheils bey ih- nen. Dieſe ſeynd gar zu langſam/ furcht- ſam/ nachlaͤßig/ und groſſer Geſchaͤffte un- faͤhig. C.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 237[227]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/238>, abgerufen am 21.11.2024.