Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Aufl. Hamburg, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Armee ſchien in zwei feindliche Lager getheilt mit zwei feindlichen General¬
ſtäben, der eine im Elyſée, wo Bonaparte, der andere in den Tuilerien, wo
Changarnier hauſte. Es ſchien nur des Zuſammentritts der Nationalver¬
ſammlung zu bedürfen, damit das Signal zum Kampfe erſchalle. Das fran¬
zöſiſche Publikum beurtheilte dieſe Reibungen zwiſchen Bonaparte und Chan¬
garnier wie jener engliſche Journaliſt, der ſie mit folgenden Worten charak¬
teriſirt hat: „Die politiſchen Hausmägde Frankreichs kehren die glühende Lava
der Revolution mit alten Beſen weg, und keifen ſich aus, während ſie ihre
Arbeit verrichten.“

Unterdeß beeilte ſich Bonaparte, den Kriegsminiſter d'Hautpoul zu ent¬
ſetzen, ihn Hals über Kopf nach Algier zu ſpediren und an ſeine Stelle General
Schramm zum Kriegsminiſter zu ernennen. Am 12. November ſandte er
der Nationalverſammlung eine Botſchaft von amerikaniſcher Weitläufigkeit,
überladen mit Details, ordnungsduftend, verſöhnungslüſtern, konſtitutionell¬
reſignirt, von Allem und Jedem handelnd, nur nicht von den questions
brûlantes
des Augenblickes. Wie im Vorbeigehen ließ er die Worte fallen,
daß den ausdrücklichen Beſtimmungen der Konſtitution gemäß der Präſident
allein über die Armee verfüge. Die Botſchaft ſchloß mit folgenden hochbe¬
theuernden Worten:

Frankreich verlangt vor allem Andern Ruhe . . . .
Allein durch einen Eid gebunden, werde ich mich inner¬
halb der engen Grenzen halten
, die er mir gezogen hat . . . .
Was mich betrifft, vom Volke erwählt, und ihm allein meine Macht ſchuldend,
ich werde mich ſtets ſeinem geſetzlich ausgedrückten Willen fügen. Beſchließt
Ihr in dieſer Sitzung die Reviſion der Konſtitution, ſo wird eine konſtituirende
Verſammlung die Stellung der Exekutivgewalt regeln. Wo nicht, ſo wird
das Volk 1852 feierlich ſeinen Entſchluß verkünden. Was aber immer die
Löſungen der Zukunft ſein mögen, laßt uns zu einem Verſtändniß kommen,
damit niemals Leidenſchaft, Ueberraſchung oder Gewalt über das Schickſal
einer großen Nation entſcheiden . . . . Was vor Allem meine Aufmerkſamkeit
in Anſpruch nimmt, iſt nicht, zu wiſſen, wer 1852 über Frankreich regieren
wird, ſondern die Zeit, die zu meiner Verfügung ſteht, ſo zu verwenden, daß
die Zwiſchenperiode ohne Agitation und Störung vorübergehe. Ich habe mit
Aufrichtigkeit mein Herz vor Euch eröffnet, Ihr werdet meiner Offenheit mit
Eurem Vertrauen antworten, meinem guten Streben durch Eure Mitwirkung,
und Gott wird das Uebrige thun.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Diese zweite, von Marx überarbeitete Fassung des … [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_bonaparte_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_bonaparte_1869/64
Zitationshilfe: Marx, Karl: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Aufl. Hamburg, 1869, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_bonaparte_1869/64>, abgerufen am 02.03.2025.