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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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Der Werth der Arbeitskraft, gleich dem jeder andern Waare, ist be-
stimmt durch die zur Produktion, also auch Reproduktion, dieses spezifi-
schen Artikels nothwendige Arbeitszeit. Soweit sie Tausch-
werth, repräsentirt die Arbeitskraft selbst nur ein bestimmtes Quantum in
ihr vergegenständlichter gesellschaftlicher Durchschnittsarbeit.
Die Arbeitskraft existirt nur als Anlage des lebendigen Individuums. Ihre
Produktion setzt also seine Existenz voraus. Diese gegeben, besteht ihre
Produktion in seiner Reproduktion oder Erhaltung. Zu seiner Erhaltung
bedarf das lebendige Individuum einer gewissen Summe von Lebensmitteln.
Die zur Produktion der Arbeitskraft nothwendige Arbeitszeit löst sich also
auf in die zur Produktion dieser Lebensmittel nothwendige Arbeitszeit,
oder der Werth der Arbeitskraft ist der Werth der zur Erhal-
tung ihres Besitzers nothwendigen Lebensmittel. Die Arbeits-
kraft verwirklicht sich jedoch nur durch ihre Aeusserung, bethätigt sich
nur in der Arbeit. Durch ihre Bethätigung, die Arbeit, wird aber ein
bestimmtes Quantum von menschlichem Muskel, Nerv, Hirn u. s. w. ver-
ausgabt, das wieder ersetzt werden muss. Diese vermehrte Ausgabe be-
dingt eine vermehrte Einnahme43). Wenn der Eigenthümer der Arbeits-
kraft heute gearbeitet hat, muss er denselben Prozess morgen unter den-
selben Bedingungen von Kraft und Gesundheit wiederholen können. Die
Summe der Lebensmittel muss also hinreichen, das arbeitende Individuum
als arbeitendes Individuum in seinem normalen Lebenszustand zu erhalten.
Die natürlichen Bedürfnisse selbst, wie Nahrung, Kleidung, Heizung,
Wohnung u. s. w. sind verschieden je nach den klimatischen und andern
natürlichen Eigenthümlichkeiten eines Landes. Andrerseits ist der Um-
fang s. g. nothwendiger Lebensmittel
, wie die Art ihrer Be-
friedigung, selbst ein historisches Produkt und hängt daher gros-
sentheils von der Kulturstufe eines Landes, unter anderm auch wesentlich
davon ab, unter welchen Bedingungen, und daher mit welchen Gewohn-
heiten und Lebensansprüchen die Klasse der freien Arbeiter sich gebildet
hat44). Im Gegensatz zu den andern Waaren enthält also die Werth-

43) Der altrömische villicus, als Wirthschafter an der Spitze der Acker-
bausklaven, empfing daher, "weil er leichtere Arbeit hat als die Knechte, knapperes
Mass als diese." (Th. Mommsen: Röm. Geschichte 1856, p. 810.)
44) In seiner Schrift: "Over population and its Remedy. London
1846" giebt W. Th. Thornton hierzu interessante Belege.

Der Werth der Arbeitskraft, gleich dem jeder andern Waare, ist be-
stimmt durch die zur Produktion, also auch Reproduktion, dieses spezifi-
schen Artikels nothwendige Arbeitszeit. Soweit sie Tausch-
werth, repräsentirt die Arbeitskraft selbst nur ein bestimmtes Quantum in
ihr vergegenständlichter gesellschaftlicher Durchschnittsarbeit.
Die Arbeitskraft existirt nur als Anlage des lebendigen Individuums. Ihre
Produktion setzt also seine Existenz voraus. Diese gegeben, besteht ihre
Produktion in seiner Reproduktion oder Erhaltung. Zu seiner Erhaltung
bedarf das lebendige Individuum einer gewissen Summe von Lebensmitteln.
Die zur Produktion der Arbeitskraft nothwendige Arbeitszeit löst sich also
auf in die zur Produktion dieser Lebensmittel nothwendige Arbeitszeit,
oder der Werth der Arbeitskraft ist der Werth der zur Erhal-
tung ihres Besitzers nothwendigen Lebensmittel. Die Arbeits-
kraft verwirklicht sich jedoch nur durch ihre Aeusserung, bethätigt sich
nur in der Arbeit. Durch ihre Bethätigung, die Arbeit, wird aber ein
bestimmtes Quantum von menschlichem Muskel, Nerv, Hirn u. s. w. ver-
ausgabt, das wieder ersetzt werden muss. Diese vermehrte Ausgabe be-
dingt eine vermehrte Einnahme43). Wenn der Eigenthümer der Arbeits-
kraft heute gearbeitet hat, muss er denselben Prozess morgen unter den-
selben Bedingungen von Kraft und Gesundheit wiederholen können. Die
Summe der Lebensmittel muss also hinreichen, das arbeitende Individuum
als arbeitendes Individuum in seinem normalen Lebenszustand zu erhalten.
Die natürlichen Bedürfnisse selbst, wie Nahrung, Kleidung, Heizung,
Wohnung u. s. w. sind verschieden je nach den klimatischen und andern
natürlichen Eigenthümlichkeiten eines Landes. Andrerseits ist der Um-
fang s. g. nothwendiger Lebensmittel
, wie die Art ihrer Be-
friedigung, selbst ein historisches Produkt und hängt daher gros-
sentheils von der Kulturstufe eines Landes, unter anderm auch wesentlich
davon ab, unter welchen Bedingungen, und daher mit welchen Gewohn-
heiten und Lebensansprüchen die Klasse der freien Arbeiter sich gebildet
hat44). Im Gegensatz zu den andern Waaren enthält also die Werth-

43) Der altrömische villicus, als Wirthschafter an der Spitze der Acker-
bausklaven, empfing daher, „weil er leichtere Arbeit hat als die Knechte, knapperes
Mass als diese.“ (Th. Mommsen: Röm. Geschichte 1856, p. 810.)
44) In seiner Schrift: „Over population and its Remedy. London
1846“ giebt W. Th. Thornton hierzu interessante Belege.
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[134/0153] Der Werth der Arbeitskraft, gleich dem jeder andern Waare, ist be- stimmt durch die zur Produktion, also auch Reproduktion, dieses spezifi- schen Artikels nothwendige Arbeitszeit. Soweit sie Tausch- werth, repräsentirt die Arbeitskraft selbst nur ein bestimmtes Quantum in ihr vergegenständlichter gesellschaftlicher Durchschnittsarbeit. Die Arbeitskraft existirt nur als Anlage des lebendigen Individuums. Ihre Produktion setzt also seine Existenz voraus. Diese gegeben, besteht ihre Produktion in seiner Reproduktion oder Erhaltung. Zu seiner Erhaltung bedarf das lebendige Individuum einer gewissen Summe von Lebensmitteln. Die zur Produktion der Arbeitskraft nothwendige Arbeitszeit löst sich also auf in die zur Produktion dieser Lebensmittel nothwendige Arbeitszeit, oder der Werth der Arbeitskraft ist der Werth der zur Erhal- tung ihres Besitzers nothwendigen Lebensmittel. Die Arbeits- kraft verwirklicht sich jedoch nur durch ihre Aeusserung, bethätigt sich nur in der Arbeit. Durch ihre Bethätigung, die Arbeit, wird aber ein bestimmtes Quantum von menschlichem Muskel, Nerv, Hirn u. s. w. ver- ausgabt, das wieder ersetzt werden muss. Diese vermehrte Ausgabe be- dingt eine vermehrte Einnahme 43). Wenn der Eigenthümer der Arbeits- kraft heute gearbeitet hat, muss er denselben Prozess morgen unter den- selben Bedingungen von Kraft und Gesundheit wiederholen können. Die Summe der Lebensmittel muss also hinreichen, das arbeitende Individuum als arbeitendes Individuum in seinem normalen Lebenszustand zu erhalten. Die natürlichen Bedürfnisse selbst, wie Nahrung, Kleidung, Heizung, Wohnung u. s. w. sind verschieden je nach den klimatischen und andern natürlichen Eigenthümlichkeiten eines Landes. Andrerseits ist der Um- fang s. g. nothwendiger Lebensmittel, wie die Art ihrer Be- friedigung, selbst ein historisches Produkt und hängt daher gros- sentheils von der Kulturstufe eines Landes, unter anderm auch wesentlich davon ab, unter welchen Bedingungen, und daher mit welchen Gewohn- heiten und Lebensansprüchen die Klasse der freien Arbeiter sich gebildet hat 44). Im Gegensatz zu den andern Waaren enthält also die Werth- 43) Der altrömische villicus, als Wirthschafter an der Spitze der Acker- bausklaven, empfing daher, „weil er leichtere Arbeit hat als die Knechte, knapperes Mass als diese.“ (Th. Mommsen: Röm. Geschichte 1856, p. 810.) 44) In seiner Schrift: „Over population and its Remedy. London 1846“ giebt W. Th. Thornton hierzu interessante Belege.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/153>, abgerufen am 27.11.2024.