zurück in dem der Baumwolle zugesetzten Werth von 3 sh., Werth für Werth. Unser Freund, eben noch so kapitalübermüthig, nimmt plötzlich die anspruchslose Haltung seines eignen Arbeiters an. Hat er nicht selbst gearbeitet? nicht die Arbeit der Ueberwachung, der Oberaufsicht über den Spinner verrichtet? Bildet diese seine Arbeit nicht auch Werth? Sein eigner overlooker und sein manager zucken die Achseln. Unterdess hat er aber bereits mit heitrem Lächeln seine alte Physiognomie wieder an- genommen. Er foppte uns mit der ganzen Litanei. Er giebt keinen Deut darum. Er überlässt diese und ähnliche faule Ausflüchte und hohle Flausen den dafür eigens bezahlten Professoren der politischen Oekonomie. Er selbst ist ein praktischer Mann, der zwar nicht immer bedenkt, was er ausserhalb des Geschäfts sagt, aber stets weiss, was er im Geschäft thut.
Sehn wir näher zu. Der Tageswerth der Arbeitskraft be- trug 3 sh., weil in ihr selbst ein halber Arbeitstag vergegenständlicht ist, d. h. weil die täglich zur Produktion der Arbeitskraft nöthigen Lebens- mittel einen halben Arbeitstag kosten. Aber die vergangene Arbeit, die in der Arbeitskraft steckt, und die lebendige Arbeit, die sie leisten kann, ihre täglichen Erhaltungskosten und ihre tägliche Verausgabung, sind zwei ganz verschiedne Grössen. Die erstere bestimmt ihren Tauschwerth, die andere bildet ihren Gebrauchswerth. Dass ein halber Arbeitstag nöthig, um ihn während 24 Stunden am Leben zu erhalten, hindert den Arbeiter keineswegs einen ganzen Tag zu arbeiten. Der Werth der Arbeitskraft und ihre Verwerthung im Arbeitsprozess sind also zwei verschiedne Grössen. Diese Werthdifferenz hatte der Kapita- list im Auge, als er die Arbeitskraft kaufte. Ihre nützliche Eigenschaft, Garn oder Stiefel zu machen, war nur eine conditio sine qua, weil Arbeit in nützlicher Form verausgabt werden muss, um Werth zu bilden. Was aber entschied, war der spezifische Gebrauchswerth dieser Waare, Quelle von Tauschwerth zu sein und von mehr Tauschwerth als sie selbst hat. Diess ist der spezifische Dienst, den der Kapitalist von ihr er- wartet. Und er verfährt dabei den ewigen Gesetzen des Waarenaus- tausches gemäss. In der That, der Verkäufer der Arbeitskraft, wie der Verkäufer jeder andern Waare, realisirtihren Tauschwerth und veräussert ihren Gebrauchswerth. Er kann den einen nicht erhalten, ohne den andern wegzugeben. Der Gebrauchswerth der Arbeits- kraft, die Arbeit selbst, gehört eben so wenig ihrem Verkäufer, wie der
zurück in dem der Baumwolle zugesetzten Werth von 3 sh., Werth für Werth. Unser Freund, eben noch so kapitalübermüthig, nimmt plötzlich die anspruchslose Haltung seines eignen Arbeiters an. Hat er nicht selbst gearbeitet? nicht die Arbeit der Ueberwachung, der Oberaufsicht über den Spinner verrichtet? Bildet diese seine Arbeit nicht auch Werth? Sein eigner overlooker und sein manager zucken die Achseln. Unterdess hat er aber bereits mit heitrem Lächeln seine alte Physiognomie wieder an- genommen. Er foppte uns mit der ganzen Litanei. Er giebt keinen Deut darum. Er überlässt diese und ähnliche faule Ausflüchte und hohle Flausen den dafür eigens bezahlten Professoren der politischen Oekonomie. Er selbst ist ein praktischer Mann, der zwar nicht immer bedenkt, was er ausserhalb des Geschäfts sagt, aber stets weiss, was er im Geschäft thut.
Sehn wir näher zu. Der Tageswerth der Arbeitskraft be- trug 3 sh., weil in ihr selbst ein halber Arbeitstag vergegenständlicht ist, d. h. weil die täglich zur Produktion der Arbeitskraft nöthigen Lebens- mittel einen halben Arbeitstag kosten. Aber die vergangene Arbeit, die in der Arbeitskraft steckt, und die lebendige Arbeit, die sie leisten kann, ihre täglichen Erhaltungskosten und ihre tägliche Verausgabung, sind zwei ganz verschiedne Grössen. Die erstere bestimmt ihren Tauschwerth, die andere bildet ihren Gebrauchswerth. Dass ein halber Arbeitstag nöthig, um ihn während 24 Stunden am Leben zu erhalten, hindert den Arbeiter keineswegs einen ganzen Tag zu arbeiten. Der Werth der Arbeitskraft und ihre Verwerthung im Arbeitsprozess sind also zwei verschiedne Grössen. Diese Werthdifferenz hatte der Kapita- list im Auge, als er die Arbeitskraft kaufte. Ihre nützliche Eigenschaft, Garn oder Stiefel zu machen, war nur eine conditio sine qua, weil Arbeit in nützlicher Form verausgabt werden muss, um Werth zu bilden. Was aber entschied, war der spezifische Gebrauchswerth dieser Waare, Quelle von Tauschwerth zu sein und von mehr Tauschwerth als sie selbst hat. Diess ist der spezifische Dienst, den der Kapitalist von ihr er- wartet. Und er verfährt dabei den ewigen Gesetzen des Waarenaus- tausches gemäss. In der That, der Verkäufer der Arbeitskraft, wie der Verkäufer jeder andern Waare, realisirtihren Tauschwerth und veräussert ihren Gebrauchswerth. Er kann den einen nicht erhalten, ohne den andern wegzugeben. Der Gebrauchswerth der Arbeits- kraft, die Arbeit selbst, gehört eben so wenig ihrem Verkäufer, wie der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0178"n="159"/>
zurück in dem der Baumwolle zugesetzten Werth von 3 sh., Werth für<lb/>
Werth. Unser Freund, eben noch so kapitalübermüthig, nimmt plötzlich<lb/>
die anspruchslose Haltung seines eignen Arbeiters an. Hat er nicht selbst<lb/>
gearbeitet? nicht die Arbeit der Ueberwachung, der Oberaufsicht über<lb/>
den Spinner verrichtet? Bildet diese seine Arbeit nicht auch Werth? Sein<lb/>
eigner overlooker und sein manager zucken die Achseln. Unterdess hat<lb/>
er aber bereits mit heitrem Lächeln seine alte Physiognomie wieder an-<lb/>
genommen. Er foppte uns mit der ganzen Litanei. Er giebt keinen<lb/>
Deut darum. Er überlässt diese und ähnliche faule Ausflüchte und hohle<lb/>
Flausen den dafür eigens bezahlten Professoren der politischen Oekonomie.<lb/>
Er selbst ist ein praktischer Mann, der zwar nicht immer bedenkt, was er<lb/>
ausserhalb des Geschäfts sagt, aber stets weiss, was er im Geschäft thut.</p><lb/><p>Sehn wir näher zu. Der <hirendition="#g">Tageswerth der Arbeitskraft</hi> be-<lb/>
trug 3 sh., weil in ihr selbst ein <hirendition="#g">halber Arbeitstag</hi> vergegenständlicht<lb/>
ist, d. h. weil die täglich zur Produktion der Arbeitskraft nöthigen Lebens-<lb/>
mittel einen halben Arbeitstag kosten. Aber die vergangene Arbeit, die<lb/>
in der Arbeitskraft steckt, und die lebendige Arbeit, die sie leisten kann,<lb/>
ihre täglichen Erhaltungskosten und ihre tägliche Verausgabung, sind zwei<lb/>
ganz verschiedne Grössen. Die erstere bestimmt ihren Tauschwerth, die<lb/>
andere bildet ihren Gebrauchswerth. Dass ein <hirendition="#g">halber Arbeitstag</hi><lb/>
nöthig, um ihn während 24 Stunden am Leben zu erhalten, hindert den<lb/>
Arbeiter keineswegs <hirendition="#g">einen ganzen Tag zu arbeiten</hi>. Der <hirendition="#g">Werth</hi><lb/>
der Arbeitskraft und ihre <hirendition="#g">Verwerthung</hi> im Arbeitsprozess sind also<lb/>
zwei verschiedne Grössen. Diese <hirendition="#g">Werthdifferenz</hi> hatte der Kapita-<lb/>
list im Auge, als er die Arbeitskraft kaufte. Ihre nützliche Eigenschaft,<lb/>
Garn oder Stiefel zu machen, war nur eine conditio sine qua, weil Arbeit<lb/>
in nützlicher Form verausgabt werden muss, um Werth zu bilden. Was aber<lb/>
entschied, war der <hirendition="#g">spezifische Gebrauchswerth dieser Waare</hi>,<lb/>
Quelle von Tauschwerth zu sein und von mehr Tauschwerth als sie selbst<lb/>
hat. Diess ist der spezifische <hirendition="#g">Dienst</hi>, den der Kapitalist von ihr er-<lb/>
wartet. Und er verfährt dabei den ewigen Gesetzen des Waarenaus-<lb/>
tausches gemäss. In der That, der Verkäufer der Arbeitskraft, wie der<lb/>
Verkäufer jeder andern Waare, <hirendition="#g">realisirtihren Tauschwerth</hi> und<lb/><hirendition="#g">veräussert ihren Gebrauchswerth</hi>. Er kann den einen nicht<lb/>
erhalten, ohne den andern wegzugeben. Der Gebrauchswerth der Arbeits-<lb/>
kraft, <hirendition="#g">die Arbeit</hi> selbst, gehört eben so wenig ihrem Verkäufer, wie der<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[159/0178]
zurück in dem der Baumwolle zugesetzten Werth von 3 sh., Werth für
Werth. Unser Freund, eben noch so kapitalübermüthig, nimmt plötzlich
die anspruchslose Haltung seines eignen Arbeiters an. Hat er nicht selbst
gearbeitet? nicht die Arbeit der Ueberwachung, der Oberaufsicht über
den Spinner verrichtet? Bildet diese seine Arbeit nicht auch Werth? Sein
eigner overlooker und sein manager zucken die Achseln. Unterdess hat
er aber bereits mit heitrem Lächeln seine alte Physiognomie wieder an-
genommen. Er foppte uns mit der ganzen Litanei. Er giebt keinen
Deut darum. Er überlässt diese und ähnliche faule Ausflüchte und hohle
Flausen den dafür eigens bezahlten Professoren der politischen Oekonomie.
Er selbst ist ein praktischer Mann, der zwar nicht immer bedenkt, was er
ausserhalb des Geschäfts sagt, aber stets weiss, was er im Geschäft thut.
Sehn wir näher zu. Der Tageswerth der Arbeitskraft be-
trug 3 sh., weil in ihr selbst ein halber Arbeitstag vergegenständlicht
ist, d. h. weil die täglich zur Produktion der Arbeitskraft nöthigen Lebens-
mittel einen halben Arbeitstag kosten. Aber die vergangene Arbeit, die
in der Arbeitskraft steckt, und die lebendige Arbeit, die sie leisten kann,
ihre täglichen Erhaltungskosten und ihre tägliche Verausgabung, sind zwei
ganz verschiedne Grössen. Die erstere bestimmt ihren Tauschwerth, die
andere bildet ihren Gebrauchswerth. Dass ein halber Arbeitstag
nöthig, um ihn während 24 Stunden am Leben zu erhalten, hindert den
Arbeiter keineswegs einen ganzen Tag zu arbeiten. Der Werth
der Arbeitskraft und ihre Verwerthung im Arbeitsprozess sind also
zwei verschiedne Grössen. Diese Werthdifferenz hatte der Kapita-
list im Auge, als er die Arbeitskraft kaufte. Ihre nützliche Eigenschaft,
Garn oder Stiefel zu machen, war nur eine conditio sine qua, weil Arbeit
in nützlicher Form verausgabt werden muss, um Werth zu bilden. Was aber
entschied, war der spezifische Gebrauchswerth dieser Waare,
Quelle von Tauschwerth zu sein und von mehr Tauschwerth als sie selbst
hat. Diess ist der spezifische Dienst, den der Kapitalist von ihr er-
wartet. Und er verfährt dabei den ewigen Gesetzen des Waarenaus-
tausches gemäss. In der That, der Verkäufer der Arbeitskraft, wie der
Verkäufer jeder andern Waare, realisirtihren Tauschwerth und
veräussert ihren Gebrauchswerth. Er kann den einen nicht
erhalten, ohne den andern wegzugeben. Der Gebrauchswerth der Arbeits-
kraft, die Arbeit selbst, gehört eben so wenig ihrem Verkäufer, wie der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/178>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.