Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Durch Verlängerung des Arbeitstags producirten Mehrwerth
nenne ich absoluten Mehrwerth; den Mehrwerth dagegen, der aus
Verkürzung der nothwendigen Arbeitszeit und entsprechender Ver-
änderung im Grössenverhältniss der beiden Bestandtheile des Ar-
beitstags entspringt, -- relativen Mehrwerth.

Um den Werth der Arbeitskraft zu senken, muss die Steige-
rung der Produktivkraft
Industriezweige ergreifen, deren Pro-
dukte den Werth der Arbeitskraft bestimmen, also entweder dem Umkreis
der gewohnheitsmässigen Lebensmittel angehören oder sie ersetzen können.
Der Werth einer Waare ist aber nicht nur bestimmt durch das Quantum der
Arbeit, welche ihr die letzte Form giebt, sondern ebensowohl durch die in
ihren Produktionsmitteln enthaltene Arbeitsmasse. Z. B. der Werth
eines Stiefels nicht nur durch die Schusterarbeit, sondern auch durch den
Werth von Leder, Pech, Draht u. s. w. Steigerung der Produktivkraft und
entsprechende Verwohlfeilerung der Waaren in den Industrien,
welche die stofflichen Elemente des constanten Kapitals, die Arbeits-
mittel und das Arbeitsmaterial, zur Erzeugung der nothwendigen Lebens-
mittel liefern, senken also ebenfalls den Werth der Arbeitskraft. In Pro-
duktionszweigen dagegen, die weder nothwendige Lebensmittel liefern, noch
Produktionsmittel zu ihrer Herstellung, lässt die erhöhte Produktivkraft
den Werth der Arbeitskraft unberührt.

Die verwohlfeilerte Waare senkt natürlich den Werth der Arbeits-
kraft nur pro tanto, d. h. nur im Verhältniss, worin sie in die Repro-
duktion der Arbeitskraft eingeht. Hemden z. B. sind ein nothwendiges
Lebensmittel, aber nur eins von vielen. Ihre Verwohlfeilerung vermin-
dert nur die Ausgabe des Arbeiters für Hemden. Die Gesammtsumme
der nothwendigen Lebensmittel besteht zwar nur aus einzelnen Waaren,
lauter Produkten besondrer Industrien, und der Werth jeder besondern
Waare bildet immer nur einen aliquoten Theil vom Werth der Arbeitskraft.
Die Gesammtabnahme dieses Werths, und daher der zu seiner Reproduk-
tion nothwendigen Arbeitszeit, ist jedoch gleich der Summe der Verkür-
zungen der nothwendigen Arbeitszeit in allen jenen besondren Produktions-
zweigen. Wir behandeln diess allgemeine Resultat hier so, als wäre es
unmittelbares Resultat und unmittelbarer Zweck in jedem
einzelnen Fall, obgleich die Sache anders erscheint. Wenn ein einzel-

Durch Verlängerung des Arbeitstags producirten Mehrwerth
nenne ich absoluten Mehrwerth; den Mehrwerth dagegen, der aus
Verkürzung der nothwendigen Arbeitszeit und entsprechender Ver-
änderung im Grössenverhältniss der beiden Bestandtheile des Ar-
beitstags entspringt, — relativen Mehrwerth.

Um den Werth der Arbeitskraft zu senken, muss die Steige-
rung der Produktivkraft
Industriezweige ergreifen, deren Pro-
dukte den Werth der Arbeitskraft bestimmen, also entweder dem Umkreis
der gewohnheitsmässigen Lebensmittel angehören oder sie ersetzen können.
Der Werth einer Waare ist aber nicht nur bestimmt durch das Quantum der
Arbeit, welche ihr die letzte Form giebt, sondern ebensowohl durch die in
ihren Produktionsmitteln enthaltene Arbeitsmasse. Z. B. der Werth
eines Stiefels nicht nur durch die Schusterarbeit, sondern auch durch den
Werth von Leder, Pech, Draht u. s. w. Steigerung der Produktivkraft und
entsprechende Verwohlfeilerung der Waaren in den Industrien,
welche die stofflichen Elemente des constanten Kapitals, die Arbeits-
mittel und das Arbeitsmaterial, zur Erzeugung der nothwendigen Lebens-
mittel liefern, senken also ebenfalls den Werth der Arbeitskraft. In Pro-
duktionszweigen dagegen, die weder nothwendige Lebensmittel liefern, noch
Produktionsmittel zu ihrer Herstellung, lässt die erhöhte Produktivkraft
den Werth der Arbeitskraft unberührt.

Die verwohlfeilerte Waare senkt natürlich den Werth der Arbeits-
kraft nur pro tanto, d. h. nur im Verhältniss, worin sie in die Repro-
duktion der Arbeitskraft eingeht. Hemden z. B. sind ein nothwendiges
Lebensmittel, aber nur eins von vielen. Ihre Verwohlfeilerung vermin-
dert nur die Ausgabe des Arbeiters für Hemden. Die Gesammtsumme
der nothwendigen Lebensmittel besteht zwar nur aus einzelnen Waaren,
lauter Produkten besondrer Industrien, und der Werth jeder besondern
Waare bildet immer nur einen aliquoten Theil vom Werth der Arbeitskraft.
Die Gesammtabnahme dieses Werths, und daher der zu seiner Reproduk-
tion nothwendigen Arbeitszeit, ist jedoch gleich der Summe der Verkür-
zungen der nothwendigen Arbeitszeit in allen jenen besondren Produktions-
zweigen. Wir behandeln diess allgemeine Resultat hier so, als wäre es
unmittelbares Resultat und unmittelbarer Zweck in jedem
einzelnen Fall, obgleich die Sache anders erscheint. Wenn ein einzel-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0314" n="295"/>
            <p>Durch <hi rendition="#g">Verlängerung</hi> des Arbeitstags producirten Mehrwerth<lb/>
nenne ich <hi rendition="#g">absoluten Mehrwerth</hi>; den Mehrwerth dagegen, der aus<lb/><hi rendition="#g">Verkürzung</hi> der nothwendigen Arbeitszeit und entsprechender Ver-<lb/>
änderung im <hi rendition="#g">Grössenverhältniss</hi> der beiden Bestandtheile des Ar-<lb/>
beitstags entspringt, &#x2014; <hi rendition="#g">relativen Mehrwerth</hi>.</p><lb/>
            <p>Um den <hi rendition="#g">Werth der Arbeitskraft</hi> zu senken, muss die <hi rendition="#g">Steige-<lb/>
rung der Produktivkraft</hi> Industriezweige ergreifen, deren Pro-<lb/>
dukte den Werth der Arbeitskraft bestimmen, also entweder dem Umkreis<lb/>
der gewohnheitsmässigen Lebensmittel angehören oder sie ersetzen können.<lb/>
Der Werth einer Waare ist aber nicht nur bestimmt durch das Quantum der<lb/>
Arbeit, welche ihr die letzte Form giebt, sondern ebensowohl durch die in<lb/>
ihren <hi rendition="#g">Produktionsmitteln</hi> enthaltene Arbeitsmasse. Z. B. der Werth<lb/>
eines Stiefels nicht nur durch die Schusterarbeit, sondern auch durch den<lb/>
Werth von Leder, Pech, Draht u. s. w. Steigerung der Produktivkraft und<lb/>
entsprechende <hi rendition="#g">Verwohlfeilerung der Waaren</hi> in den Industrien,<lb/>
welche die stofflichen Elemente des <hi rendition="#g">constanten</hi> Kapitals, die Arbeits-<lb/>
mittel und das Arbeitsmaterial, zur Erzeugung der nothwendigen Lebens-<lb/>
mittel liefern, senken also ebenfalls den Werth der Arbeitskraft. In Pro-<lb/>
duktionszweigen dagegen, die weder nothwendige Lebensmittel liefern, noch<lb/>
Produktionsmittel zu ihrer Herstellung, lässt die erhöhte Produktivkraft<lb/>
den Werth der Arbeitskraft unberührt.</p><lb/>
            <p>Die verwohlfeilerte Waare senkt natürlich den Werth der Arbeits-<lb/>
kraft nur <hi rendition="#g">pro tanto</hi>, d. h. nur im Verhältniss, worin sie in die Repro-<lb/>
duktion der Arbeitskraft eingeht. Hemden z. B. sind ein nothwendiges<lb/>
Lebensmittel, aber nur eins von vielen. Ihre Verwohlfeilerung vermin-<lb/>
dert nur die Ausgabe des Arbeiters für Hemden. Die Gesammtsumme<lb/>
der nothwendigen Lebensmittel besteht zwar nur aus einzelnen Waaren,<lb/>
lauter Produkten besondrer Industrien, und der Werth jeder besondern<lb/>
Waare bildet immer nur einen aliquoten Theil vom Werth der Arbeitskraft.<lb/>
Die Gesammtabnahme dieses Werths, und daher der zu seiner Reproduk-<lb/>
tion nothwendigen Arbeitszeit, ist jedoch gleich der <hi rendition="#g">Summe</hi> der Verkür-<lb/>
zungen der nothwendigen Arbeitszeit in allen jenen besondren Produktions-<lb/>
zweigen. Wir behandeln diess allgemeine Resultat hier so, als wäre es<lb/><hi rendition="#g">unmittelbares Resultat</hi> und <hi rendition="#g">unmittelbarer Zweck</hi> in jedem<lb/>
einzelnen Fall, obgleich die Sache anders <hi rendition="#g">erscheint</hi>. Wenn ein einzel-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[295/0314] Durch Verlängerung des Arbeitstags producirten Mehrwerth nenne ich absoluten Mehrwerth; den Mehrwerth dagegen, der aus Verkürzung der nothwendigen Arbeitszeit und entsprechender Ver- änderung im Grössenverhältniss der beiden Bestandtheile des Ar- beitstags entspringt, — relativen Mehrwerth. Um den Werth der Arbeitskraft zu senken, muss die Steige- rung der Produktivkraft Industriezweige ergreifen, deren Pro- dukte den Werth der Arbeitskraft bestimmen, also entweder dem Umkreis der gewohnheitsmässigen Lebensmittel angehören oder sie ersetzen können. Der Werth einer Waare ist aber nicht nur bestimmt durch das Quantum der Arbeit, welche ihr die letzte Form giebt, sondern ebensowohl durch die in ihren Produktionsmitteln enthaltene Arbeitsmasse. Z. B. der Werth eines Stiefels nicht nur durch die Schusterarbeit, sondern auch durch den Werth von Leder, Pech, Draht u. s. w. Steigerung der Produktivkraft und entsprechende Verwohlfeilerung der Waaren in den Industrien, welche die stofflichen Elemente des constanten Kapitals, die Arbeits- mittel und das Arbeitsmaterial, zur Erzeugung der nothwendigen Lebens- mittel liefern, senken also ebenfalls den Werth der Arbeitskraft. In Pro- duktionszweigen dagegen, die weder nothwendige Lebensmittel liefern, noch Produktionsmittel zu ihrer Herstellung, lässt die erhöhte Produktivkraft den Werth der Arbeitskraft unberührt. Die verwohlfeilerte Waare senkt natürlich den Werth der Arbeits- kraft nur pro tanto, d. h. nur im Verhältniss, worin sie in die Repro- duktion der Arbeitskraft eingeht. Hemden z. B. sind ein nothwendiges Lebensmittel, aber nur eins von vielen. Ihre Verwohlfeilerung vermin- dert nur die Ausgabe des Arbeiters für Hemden. Die Gesammtsumme der nothwendigen Lebensmittel besteht zwar nur aus einzelnen Waaren, lauter Produkten besondrer Industrien, und der Werth jeder besondern Waare bildet immer nur einen aliquoten Theil vom Werth der Arbeitskraft. Die Gesammtabnahme dieses Werths, und daher der zu seiner Reproduk- tion nothwendigen Arbeitszeit, ist jedoch gleich der Summe der Verkür- zungen der nothwendigen Arbeitszeit in allen jenen besondren Produktions- zweigen. Wir behandeln diess allgemeine Resultat hier so, als wäre es unmittelbares Resultat und unmittelbarer Zweck in jedem einzelnen Fall, obgleich die Sache anders erscheint. Wenn ein einzel-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/314
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/314>, abgerufen am 21.11.2024.