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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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Wie in der einfachen Cooperation ist in der Manufaktur der
funktionirende Arbeitskörper eine Existenzform des Kapitals.
Der aus vielen individuellen Theilarbeitern zusammengesetzte gesellschaft-
liche Produktionsmechanismus gehört dem Kapitalisten. Die aus der
Kombination der Arbeiten entspringende Produktivkraft erscheint daher
als Produktivkraft des Kapitals. Die eigentliche Manufaktur un-
terwirft nicht nur den früher selbstständigen Arbeiter dem Kommando und
der Disciplin des Kapitals, sondern schafft überdem eine hierarchische
Gliederung unter den Arbeitern selbst. Während die einfache Coopera-
tion die Arbeitsweise der Einzelnen im Grossen und Ganzen unverändert
lässt, revolutionirt die Manufaktur sie von Grund aus und ergreift die in-
dividuelle Arbeitskraft an ihrer Wurzel. Sie verkrüppelt den Arbeiter in
eine Abnormität, indem sie sein Detailgeschick treibhausmässig fördert
durch Unterdrückung einer Welt von produktiven Trieben und Anlagen,
wie man in den La Plata Staaten ein ganzes Thier abschlachtet, um sein
Fell oder seinen Talg zu erbeuten. Die besondren Theilarbeiten werden
nicht nur unter verschiedne Individuen vertheilt, sondern das Individuum
selbst wird getheilt, in das automatische Triebwerk einer Theilarbeit ver-
wandelt63) und die abgeschmackte Fabel des Menenius Agrippa verwirk-
licht, die einen Menschen als blosses Fragment seines eignen Körpers dar-
stellt64). Wenn der Arbeiter ursprünglich seine Arbeitskraft an das
Kapital verkauft, weil ihm die materiellen Produktionsbedin-

in der Gesellschaft vorhanden vorfinde; es ist ausserdem nöthig, dass es in den
Händen der Unternehmer in hinreichend beträchtlichen Massen accumulirt sei, um
sie zur Arbeit auf grosser Stufenleiter zu befähigen ... Je mehr die Theilung zu-
nimmt, erheischt die beständige Beschäftigung einer selben Zahl von Arbeitern
immer beträchtlicheres Kapital in Werkzeugen, Rohstoffen u. s. w." (Storch:
"Cours d'Econ. Polit." Pariser Ausg. t. I, p. 250, 251.) "La concen-
tration des instrumens de production et la division du travail sont aussi inseparables
l'une de l'autre que le sont, dans le regime politique, la concentration des pouvoirs
publics et la division des interets prives." (Karl Marx l. c. p. 134.)
63) Dugald Stewart nennt die Manufakturarbeiter "living automatons ...
employed in the details of the work." (l. c. p. 318.)
64) Bei den Korallen bildet jedes Individuum in der That den Magen für die
ganze Gruppe. Es führt ihr aber Nahrungsstoff zu, statt wie der römische
l'atricier ihn wegzuführen.

Wie in der einfachen Cooperation ist in der Manufaktur der
funktionirende Arbeitskörper eine Existenzform des Kapitals.
Der aus vielen individuellen Theilarbeitern zusammengesetzte gesellschaft-
liche Produktionsmechanismus gehört dem Kapitalisten. Die aus der
Kombination der Arbeiten entspringende Produktivkraft erscheint daher
als Produktivkraft des Kapitals. Die eigentliche Manufaktur un-
terwirft nicht nur den früher selbstständigen Arbeiter dem Kommando und
der Disciplin des Kapitals, sondern schafft überdem eine hierarchische
Gliederung unter den Arbeitern selbst. Während die einfache Coopera-
tion die Arbeitsweise der Einzelnen im Grossen und Ganzen unverändert
lässt, revolutionirt die Manufaktur sie von Grund aus und ergreift die in-
dividuelle Arbeitskraft an ihrer Wurzel. Sie verkrüppelt den Arbeiter in
eine Abnormität, indem sie sein Detailgeschick treibhausmässig fördert
durch Unterdrückung einer Welt von produktiven Trieben und Anlagen,
wie man in den La Plata Staaten ein ganzes Thier abschlachtet, um sein
Fell oder seinen Talg zu erbeuten. Die besondren Theilarbeiten werden
nicht nur unter verschiedne Individuen vertheilt, sondern das Individuum
selbst wird getheilt, in das automatische Triebwerk einer Theilarbeit ver-
wandelt63) und die abgeschmackte Fabel des Menenius Agrippa verwirk-
licht, die einen Menschen als blosses Fragment seines eignen Körpers dar-
stellt64). Wenn der Arbeiter ursprünglich seine Arbeitskraft an das
Kapital verkauft, weil ihm die materiellen Produktionsbedin-

in der Gesellschaft vorhanden vorfinde; es ist ausserdem nöthig, dass es in den
Händen der Unternehmer in hinreichend beträchtlichen Massen accumulirt sei, um
sie zur Arbeit auf grosser Stufenleiter zu befähigen … Je mehr die Theilung zu-
nimmt, erheischt die beständige Beschäftigung einer selben Zahl von Arbeitern
immer beträchtlicheres Kapital in Werkzeugen, Rohstoffen u. s. w.“ (Storch:
Cours d’Écon. Polit.“ Pariser Ausg. t. I, p. 250, 251.) „La concen-
tration des instrumens de production et la division du travail sont aussi inséparables
l’une de l’autre que le sont, dans le régime politique, la concentration des pouvoirs
publics et la division des intérêts privés.“ (Karl Marx l. c. p. 134.)
63) Dugald Stewart nennt die Manufakturarbeiter „living automatons …
employed in the details of the work.“ (l. c. p. 318.)
64) Bei den Korallen bildet jedes Individuum in der That den Magen für die
ganze Gruppe. Es führt ihr aber Nahrungsstoff zu, statt wie der römische
l’atricier ihn wegzuführen.
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[345/0364] Wie in der einfachen Cooperation ist in der Manufaktur der funktionirende Arbeitskörper eine Existenzform des Kapitals. Der aus vielen individuellen Theilarbeitern zusammengesetzte gesellschaft- liche Produktionsmechanismus gehört dem Kapitalisten. Die aus der Kombination der Arbeiten entspringende Produktivkraft erscheint daher als Produktivkraft des Kapitals. Die eigentliche Manufaktur un- terwirft nicht nur den früher selbstständigen Arbeiter dem Kommando und der Disciplin des Kapitals, sondern schafft überdem eine hierarchische Gliederung unter den Arbeitern selbst. Während die einfache Coopera- tion die Arbeitsweise der Einzelnen im Grossen und Ganzen unverändert lässt, revolutionirt die Manufaktur sie von Grund aus und ergreift die in- dividuelle Arbeitskraft an ihrer Wurzel. Sie verkrüppelt den Arbeiter in eine Abnormität, indem sie sein Detailgeschick treibhausmässig fördert durch Unterdrückung einer Welt von produktiven Trieben und Anlagen, wie man in den La Plata Staaten ein ganzes Thier abschlachtet, um sein Fell oder seinen Talg zu erbeuten. Die besondren Theilarbeiten werden nicht nur unter verschiedne Individuen vertheilt, sondern das Individuum selbst wird getheilt, in das automatische Triebwerk einer Theilarbeit ver- wandelt 63) und die abgeschmackte Fabel des Menenius Agrippa verwirk- licht, die einen Menschen als blosses Fragment seines eignen Körpers dar- stellt 64). Wenn der Arbeiter ursprünglich seine Arbeitskraft an das Kapital verkauft, weil ihm die materiellen Produktionsbedin- 62) 63) Dugald Stewart nennt die Manufakturarbeiter „living automatons … employed in the details of the work.“ (l. c. p. 318.) 64) Bei den Korallen bildet jedes Individuum in der That den Magen für die ganze Gruppe. Es führt ihr aber Nahrungsstoff zu, statt wie der römische l’atricier ihn wegzuführen. 62) in der Gesellschaft vorhanden vorfinde; es ist ausserdem nöthig, dass es in den Händen der Unternehmer in hinreichend beträchtlichen Massen accumulirt sei, um sie zur Arbeit auf grosser Stufenleiter zu befähigen … Je mehr die Theilung zu- nimmt, erheischt die beständige Beschäftigung einer selben Zahl von Arbeitern immer beträchtlicheres Kapital in Werkzeugen, Rohstoffen u. s. w.“ (Storch: „Cours d’Écon. Polit.“ Pariser Ausg. t. I, p. 250, 251.) „La concen- tration des instrumens de production et la division du travail sont aussi inséparables l’une de l’autre que le sont, dans le régime politique, la concentration des pouvoirs publics et la division des intérêts privés.“ (Karl Marx l. c. p. 134.)

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/364>, abgerufen am 22.11.2024.