an der Nähmaschine, welche von ihnen mit Hand und Fuss oder mit der Hand allein, sitzend und stehend, je nach Schwere, Grösse und Specialität der Maschine, bewegt wird, verausgaben grosse Arbeitskraft. Ihre Be- schäftigung wird gesundheitswidrig durch die Dauer des Prozesses, ob- gleich er meist kürzer als im alten System. Ueberall, wo die Nähma- schine, wie beim Schuh-, Korsett-, Hutmachen u. s. w., ohnehin enge und überfüllte Werkstätten heimsucht, vermehrt sie die gesundheitswidrigen Einflüsse. "Die Wirkung," sagt Kommissär Lord, "beim Eintritt in niedrig gestochne Arbeitslokale, wo 30 bis 40 Maschinenarbeiter zusam- menwirken, ist unerträglich . . . . Die Hitze, theilweis den Gasöfen zur Wärmung der Bügeleisen geschuldet, ist schrecklich . . . . Wenn selbst in solchen Lokalen s. g. mässige Arbeitsstunden, d. h. von 8 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends, vorherrschen, fallen dennoch jeden Tag 3 oder 4 Per- sonen regelmässig in Ohnmacht"268).
Die Umwälzung der gesellschaftlichen Betriebsweise, diess nothwendige Produkt der Umwandlung des Produktions- mittels, vollzieht sich in einem bunten Wirrwarr von Uebergangsfor- men. Sie wechseln mit dem Umfang, worin, und der Zeitlänge, während welcher die Nähmaschine den einen oder andern Industriezweig bereits er- griffen hat, mit der vorgefundnen Lage der Arbeiter, dem Uebergewicht des Manufaktur-, Handwerks- oder Hausbetriebs, dem Miethpreis der Arbeitslo- kale269) u. s. w. In der Putzmacherei z. B., wo die Arbeit meist schon organisirt war, hauptsächlich durch einfache Cooperation, bildet die Nähma- schine zunächst nur einen neuen Faktor des Manufakturbetriebs. In der Schneiderei, Hemdenmacherei, Schusterei u. s. w. durchkreuzen sich alle For- men. Hier eigentlicher Fabrikbetrieb. Dort erhalten Zwischenanwender das Rohmaterial vom Kapitalisten en chef und gruppiren in "Kammern" oder "Dachstuben" 10 bis 50 und mehr Lohnarbeiter um Nähmaschinen.
268) "Child. Empl. Comm." II. Rep. 1864, p. LXVII, n. 406--9, p. 84, n. 124, p. LXXIII, n. 441, p. 66, n. 6, p. 84, n. 126, p. 78, n. 85, p. 76, n. 69, p. LXXII, n. 483.
269) "The rental of premises required for work rooms seems the element which ultimately determines the point, and consequently it is in the metropolis, that the old system of giving work out to small employers and families has been longest retained, and earliest returned to." (l. c. p. 83, n. 123.) Die Schluss- phrase bezieht sich ausschliesslich auf Schusterei.
an der Nähmaschine, welche von ihnen mit Hand und Fuss oder mit der Hand allein, sitzend und stehend, je nach Schwere, Grösse und Specialität der Maschine, bewegt wird, verausgaben grosse Arbeitskraft. Ihre Be- schäftigung wird gesundheitswidrig durch die Dauer des Prozesses, ob- gleich er meist kürzer als im alten System. Ueberall, wo die Nähma- schine, wie beim Schuh-, Korsett-, Hutmachen u. s. w., ohnehin enge und überfüllte Werkstätten heimsucht, vermehrt sie die gesundheitswidrigen Einflüsse. „Die Wirkung,“ sagt Kommissär Lord, „beim Eintritt in niedrig gestochne Arbeitslokale, wo 30 bis 40 Maschinenarbeiter zusam- menwirken, ist unerträglich . . . . Die Hitze, theilweis den Gasöfen zur Wärmung der Bügeleisen geschuldet, ist schrecklich . . . . Wenn selbst in solchen Lokalen s. g. mässige Arbeitsstunden, d. h. von 8 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends, vorherrschen, fallen dennoch jeden Tag 3 oder 4 Per- sonen regelmässig in Ohnmacht“268).
Die Umwälzung der gesellschaftlichen Betriebsweise, diess nothwendige Produkt der Umwandlung des Produktions- mittels, vollzieht sich in einem bunten Wirrwarr von Uebergangsfor- men. Sie wechseln mit dem Umfang, worin, und der Zeitlänge, während welcher die Nähmaschine den einen oder andern Industriezweig bereits er- griffen hat, mit der vorgefundnen Lage der Arbeiter, dem Uebergewicht des Manufaktur-, Handwerks- oder Hausbetriebs, dem Miethpreis der Arbeitslo- kale269) u. s. w. In der Putzmacherei z. B., wo die Arbeit meist schon organisirt war, hauptsächlich durch einfache Cooperation, bildet die Nähma- schine zunächst nur einen neuen Faktor des Manufakturbetriebs. In der Schneiderei, Hemdenmacherei, Schusterei u. s. w. durchkreuzen sich alle For- men. Hier eigentlicher Fabrikbetrieb. Dort erhalten Zwischenanwender das Rohmaterial vom Kapitalisten en chef und gruppiren in „Kammern“ oder „Dachstuben“ 10 bis 50 und mehr Lohnarbeiter um Nähmaschinen.
268) „Child. Empl. Comm.“ II. Rep. 1864, p. LXVII, n. 406—9, p. 84, n. 124, p. LXXIII, n. 441, p. 66, n. 6, p. 84, n. 126, p. 78, n. 85, p. 76, n. 69, p. LXXII, n. 483.
269) „The rental of premises required for work rooms seems the element which ultimately determines the point, and consequently it is in the metropolis, that the old system of giving work out to small employers and families has been longest retained, and earliest returned to.“ (l. c. p. 83, n. 123.) Die Schluss- phrase bezieht sich ausschliesslich auf Schusterei.
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an der Nähmaschine, welche von ihnen mit Hand und Fuss oder mit der
Hand allein, sitzend und stehend, je nach Schwere, Grösse und Specialität
der Maschine, bewegt wird, verausgaben grosse Arbeitskraft. Ihre Be-
schäftigung wird gesundheitswidrig durch die Dauer des Prozesses, ob-
gleich er meist kürzer als im alten System. Ueberall, wo die Nähma-
schine, wie beim Schuh-, Korsett-, Hutmachen u. s. w., ohnehin enge und
überfüllte Werkstätten heimsucht, vermehrt sie die gesundheitswidrigen
Einflüsse. „Die Wirkung,“ sagt Kommissär Lord, „beim Eintritt in
niedrig gestochne Arbeitslokale, wo 30 bis 40 Maschinenarbeiter zusam-
menwirken, ist unerträglich . . . . Die Hitze, theilweis den Gasöfen zur
Wärmung der Bügeleisen geschuldet, ist schrecklich . . . . Wenn selbst in
solchen Lokalen s. g. mässige Arbeitsstunden, d. h. von 8 Uhr Morgens
bis 6 Uhr Abends, vorherrschen, fallen dennoch jeden Tag 3 oder 4 Per-
sonen regelmässig in Ohnmacht“ 268).
Die Umwälzung der gesellschaftlichen Betriebsweise,
diess nothwendige Produkt der Umwandlung des Produktions-
mittels, vollzieht sich in einem bunten Wirrwarr von Uebergangsfor-
men. Sie wechseln mit dem Umfang, worin, und der Zeitlänge, während
welcher die Nähmaschine den einen oder andern Industriezweig bereits er-
griffen hat, mit der vorgefundnen Lage der Arbeiter, dem Uebergewicht des
Manufaktur-, Handwerks- oder Hausbetriebs, dem Miethpreis der Arbeitslo-
kale 269) u. s. w. In der Putzmacherei z. B., wo die Arbeit meist schon
organisirt war, hauptsächlich durch einfache Cooperation, bildet die Nähma-
schine zunächst nur einen neuen Faktor des Manufakturbetriebs. In der
Schneiderei, Hemdenmacherei, Schusterei u. s. w. durchkreuzen sich alle For-
men. Hier eigentlicher Fabrikbetrieb. Dort erhalten Zwischenanwender das
Rohmaterial vom Kapitalisten en chef und gruppiren in „Kammern“ oder
„Dachstuben“ 10 bis 50 und mehr Lohnarbeiter um Nähmaschinen.
268) „Child. Empl. Comm.“ II. Rep. 1864, p. LXVII, n. 406—9,
p. 84, n. 124, p. LXXIII, n. 441, p. 66, n. 6, p. 84, n. 126, p. 78, n. 85, p. 76,
n. 69, p. LXXII, n. 483.
269) „The rental of premises required for work rooms seems the element
which ultimately determines the point, and consequently it is in the metropolis,
that the old system of giving work out to small employers and families has been
longest retained, and earliest returned to.“ (l. c. p. 83, n. 123.) Die Schluss-
phrase bezieht sich ausschliesslich auf Schusterei.
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/483>, abgerufen am 22.11.2024.
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