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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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zur Anwendung, Beherrschung und Exploitation zuschüssiger Arbeits-
kraft22).

Im kapitalistischen Produktionsprozess wird ursprünglich
nur eine dem Geldbesitzer, wir wissen nicht auf welche Titel hin, gehörige
Werthsumme in Kapital und daher Quelle von Mehrwerth ver-
wandelt. Es geht eine Veränderung mit dieser Werthsumme vor, aber sie
selbst
ist nicht das Resultat des Prozesses, sondern vielmehr seine
von ihm unabhängige Voraussetzung. Im einfachen Repro-
duktionsprozess
, oder dem kontinuirlichen Produktionsprozess, ist es
ein Theil vom Produkt des Arbeiters, der ihm stets von neuem als varia-
bles Kapital gegenübertritt, aber sein Produkt nimmt stets von neuem
diese Form an, weil er ursprünglich seine Arbeitskraft für das
Geld des Kapitalisten
verkaufte. Endlich verwandelt sich im
Verlauf der Reproduktion aller vom Kapitalisten vorgeschossene Kapi-
talwerth in kapitalisirten Mehrwerth, aber diese Verwandlung
selbst unterstellt, dass der Fonds ursprünglich aus seinen eignen Mitteln
herstammt. Anders im Accumulationsprozess oder dem Repro-
duktionsprozess auf erweiterter Stufenleiter. Das Geld, oder stofflich aus-
gedrückt, die Produktions- und Lebensmittel, die Substanz des neuen
Kapitals, ist selbst das Produkt des Prozesses, der fremde unbezahlte Ar-
beit auspumpt. Das Kapital hat Kapital producirt.

Eine dem Kapitalisten gehörige Werthsumme von 10,000 Pfd. St.
war die Voraussetzung für Bildung des Surpluskapitals
Nr. I von 2000 Pfd. St. Die Voraussetzung des Surpluskapi-
tals
Nr. II von 400 Pfd. St. ist nichts anders als die Existenz des
Surpluskapitals
Nr. I. Eigenthum an vergangner unbezahlter
Arbeit erscheint jetzt als die einzige Bedingung für gegenwärtige An-
eignung unbezahlter lebendiger Arbeit in stets wachsendem Umfang.

Insofern der Mehrwerth, woraus Surpluskapital Nr. I besteht, das Re-
sultat des Ankaufs der Arbeitskraft durch einen Theil des Originalkapitals
war, ein Kauf, der den Gesetzen des Waarenaustausches entsprach, und,
juristisch betrachtet, nichts voraussetzt als freie Verfügung, auf Seiten des
Arbeiters über seine eignen Fähigkeiten, auf Seiten des Geld- oder Waaren-

22) "Die Arbeit schafft das Kapital, bevor das Kapital die Arbeit anwendet."
("Labour creates capital, before capital employs labour.") E. G. Wakefield:
"England and America. Lond. 1833", v. II, p. 110.

zur Anwendung, Beherrschung und Exploitation zuschüssiger Arbeits-
kraft22).

Im kapitalistischen Produktionsprozess wird ursprünglich
nur eine dem Geldbesitzer, wir wissen nicht auf welche Titel hin, gehörige
Werthsumme in Kapital und daher Quelle von Mehrwerth ver-
wandelt. Es geht eine Veränderung mit dieser Werthsumme vor, aber sie
selbst
ist nicht das Resultat des Prozesses, sondern vielmehr seine
von ihm unabhängige Voraussetzung. Im einfachen Repro-
duktionsprozess
, oder dem kontinuirlichen Produktionsprozess, ist es
ein Theil vom Produkt des Arbeiters, der ihm stets von neuem als varia-
bles Kapital gegenübertritt, aber sein Produkt nimmt stets von neuem
diese Form an, weil er ursprünglich seine Arbeitskraft für das
Geld des Kapitalisten
verkaufte. Endlich verwandelt sich im
Verlauf der Reproduktion aller vom Kapitalisten vorgeschossene Kapi-
talwerth in kapitalisirten Mehrwerth, aber diese Verwandlung
selbst unterstellt, dass der Fonds ursprünglich aus seinen eignen Mitteln
herstammt. Anders im Accumulationsprozess oder dem Repro-
duktionsprozess auf erweiterter Stufenleiter. Das Geld, oder stofflich aus-
gedrückt, die Produktions- und Lebensmittel, die Substanz des neuen
Kapitals, ist selbst das Produkt des Prozesses, der fremde unbezahlte Ar-
beit auspumpt. Das Kapital hat Kapital producirt.

Eine dem Kapitalisten gehörige Werthsumme von 10,000 Pfd. St.
war die Voraussetzung für Bildung des Surpluskapitals
Nr. I von 2000 Pfd. St. Die Voraussetzung des Surpluskapi-
tals
Nr. II von 400 Pfd. St. ist nichts anders als die Existenz des
Surpluskapitals
Nr. I. Eigenthum an vergangner unbezahlter
Arbeit erscheint jetzt als die einzige Bedingung für gegenwärtige An-
eignung unbezahlter lebendiger Arbeit in stets wachsendem Umfang.

Insofern der Mehrwerth, woraus Surpluskapital Nr. I besteht, das Re-
sultat des Ankaufs der Arbeitskraft durch einen Theil des Originalkapitals
war, ein Kauf, der den Gesetzen des Waarenaustausches entsprach, und,
juristisch betrachtet, nichts voraussetzt als freie Verfügung, auf Seiten des
Arbeiters über seine eignen Fähigkeiten, auf Seiten des Geld- oder Waaren-

22) „Die Arbeit schafft das Kapital, bevor das Kapital die Arbeit anwendet.“
(„Labour creates capital, before capital employs labour.“) E. G. Wakefield:
England and America. Lond. 1833“, v. II, p. 110.
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[570/0589] zur Anwendung, Beherrschung und Exploitation zuschüssiger Arbeits- kraft 22). Im kapitalistischen Produktionsprozess wird ursprünglich nur eine dem Geldbesitzer, wir wissen nicht auf welche Titel hin, gehörige Werthsumme in Kapital und daher Quelle von Mehrwerth ver- wandelt. Es geht eine Veränderung mit dieser Werthsumme vor, aber sie selbst ist nicht das Resultat des Prozesses, sondern vielmehr seine von ihm unabhängige Voraussetzung. Im einfachen Repro- duktionsprozess, oder dem kontinuirlichen Produktionsprozess, ist es ein Theil vom Produkt des Arbeiters, der ihm stets von neuem als varia- bles Kapital gegenübertritt, aber sein Produkt nimmt stets von neuem diese Form an, weil er ursprünglich seine Arbeitskraft für das Geld des Kapitalisten verkaufte. Endlich verwandelt sich im Verlauf der Reproduktion aller vom Kapitalisten vorgeschossene Kapi- talwerth in kapitalisirten Mehrwerth, aber diese Verwandlung selbst unterstellt, dass der Fonds ursprünglich aus seinen eignen Mitteln herstammt. Anders im Accumulationsprozess oder dem Repro- duktionsprozess auf erweiterter Stufenleiter. Das Geld, oder stofflich aus- gedrückt, die Produktions- und Lebensmittel, die Substanz des neuen Kapitals, ist selbst das Produkt des Prozesses, der fremde unbezahlte Ar- beit auspumpt. Das Kapital hat Kapital producirt. Eine dem Kapitalisten gehörige Werthsumme von 10,000 Pfd. St. war die Voraussetzung für Bildung des Surpluskapitals Nr. I von 2000 Pfd. St. Die Voraussetzung des Surpluskapi- tals Nr. II von 400 Pfd. St. ist nichts anders als die Existenz des Surpluskapitals Nr. I. Eigenthum an vergangner unbezahlter Arbeit erscheint jetzt als die einzige Bedingung für gegenwärtige An- eignung unbezahlter lebendiger Arbeit in stets wachsendem Umfang. Insofern der Mehrwerth, woraus Surpluskapital Nr. I besteht, das Re- sultat des Ankaufs der Arbeitskraft durch einen Theil des Originalkapitals war, ein Kauf, der den Gesetzen des Waarenaustausches entsprach, und, juristisch betrachtet, nichts voraussetzt als freie Verfügung, auf Seiten des Arbeiters über seine eignen Fähigkeiten, auf Seiten des Geld- oder Waaren- 22) „Die Arbeit schafft das Kapital, bevor das Kapital die Arbeit anwendet.“ („Labour creates capital, before capital employs labour.“) E. G. Wakefield: „England and America. Lond. 1833“, v. II, p. 110.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/589>, abgerufen am 22.11.2024.