reichs. Es ist wahrscheinlich, dass wenige oder keine Kapitalien von 3000 bis 4000 Pfd. St., in der Industrie erworben, vor 1690 existirten. Um diese Zeit jedoch oder etwas später hatten die Industriellen schon Geld accumulirt und begannen steinerne Häuser statt der von Holz und Mörtel aufzuführen. ... Noch in den ersten Decennien des 18. Jahrhunderts setzte sich ein Manchester Fabrikant, der eine Pint fremden Weins seinen Gästen vorsetzte, den Glossen und dem Kopfschütteln aller seiner Nach- barn aus." Vor dem Aufkommen der Maschinerie betrug der abendliche Konsum der Fabrikanten in den Kneipen, wo sie zusammenkamen, nie mehr als 6 d. für ein Glas Punsch und 1 d. für eine Rolle Taback. Erst 1758, und diess macht Epoche, sah man "eine im Geschäft wirklich engagirte Person mit eigner Equipage!" "Die vierte Periode", das letzte Drittheil des 18. Jahrhunderts, "ist die von grossem Luxus und Verschwendung, unterstützt durch die Ausdehnung des Geschäfts"35). Was würde der gute Dr. Aikin sagen, wenn er heutzutag in Manchester auferstände!
Accumulirt, accumulirt! Das ist Moses und die Propheten! "Die Industrie liefert das Material, welches die Sparsamkeit accumulirt"36). Also spart, spart, d. h. rückverwandelt möglichst grossen Theil des Mehr- werths oder Mehrprodukts in Kapital! Accumulation um der Accumula- tion, Produktion um der Produktion willen, in dieser Formel sprach die klassische Oekonomie den historischen Beruf der Bourgeoisperiode aus. Sie täuschte sich keinen Augenblick über die Geburtswehn des Reich- thums37), aber was nützt der Jammer über historische Nothwendigkeit? Wenn der klassischen Oekonomie der Proletarier nur als Maschine zur Produktion von Mehrwerth, gilt ihr aber auch der Kapitalist nur als Ma- schine zur Verwandlung dieses Mehrwerths in Mehrkapital. Sie nimmt seine historische Funktion in bitterm Ernst. Um seinen Busen vor dem unheilvollen Konflikt zwischen Genusstrieb und Bereicherungstrieb zu feien,
35)Dr. Aikin: "Description of the Country from 30 to 40 miles round Manchester. Lond. 1795", p. 182 sqq.
36) A. Smith l. c. b. III, ch. III.
37) Selbst J. B. Say sagt: "Les epargnes des riches se font aux depens des pauvres." "Der römische Proletarier lebte fast ganz auf Kosten der Ge- sellschaft . . . . Man könnte fast sagen, dass die moderne Gesellschaft auf Kosten der Proletarier lebt, von dem Theil, den sie auf Belohnung der Arbeit ihnen ent- zieht." (Sismondi: "Etudes etc." t. 1, p. 24.)
reichs. Es ist wahrscheinlich, dass wenige oder keine Kapitalien von 3000 bis 4000 Pfd. St., in der Industrie erworben, vor 1690 existirten. Um diese Zeit jedoch oder etwas später hatten die Industriellen schon Geld accumulirt und begannen steinerne Häuser statt der von Holz und Mörtel aufzuführen. … Noch in den ersten Decennien des 18. Jahrhunderts setzte sich ein Manchester Fabrikant, der eine Pint fremden Weins seinen Gästen vorsetzte, den Glossen und dem Kopfschütteln aller seiner Nach- barn aus.“ Vor dem Aufkommen der Maschinerie betrug der abendliche Konsum der Fabrikanten in den Kneipen, wo sie zusammenkamen, nie mehr als 6 d. für ein Glas Punsch und 1 d. für eine Rolle Taback. Erst 1758, und diess macht Epoche, sah man „eine im Geschäft wirklich engagirte Person mit eigner Equipage!“ „Die vierte Periode“, das letzte Drittheil des 18. Jahrhunderts, „ist die von grossem Luxus und Verschwendung, unterstützt durch die Ausdehnung des Geschäfts“35). Was würde der gute Dr. Aikin sagen, wenn er heutzutag in Manchester auferstände!
Accumulirt, accumulirt! Das ist Moses und die Propheten! „Die Industrie liefert das Material, welches die Sparsamkeit accumulirt“36). Also spart, spart, d. h. rückverwandelt möglichst grossen Theil des Mehr- werths oder Mehrprodukts in Kapital! Accumulation um der Accumula- tion, Produktion um der Produktion willen, in dieser Formel sprach die klassische Oekonomie den historischen Beruf der Bourgeoisperiode aus. Sie täuschte sich keinen Augenblick über die Geburtswehn des Reich- thums37), aber was nützt der Jammer über historische Nothwendigkeit? Wenn der klassischen Oekonomie der Proletarier nur als Maschine zur Produktion von Mehrwerth, gilt ihr aber auch der Kapitalist nur als Ma- schine zur Verwandlung dieses Mehrwerths in Mehrkapital. Sie nimmt seine historische Funktion in bitterm Ernst. Um seinen Busen vor dem unheilvollen Konflikt zwischen Genusstrieb und Bereicherungstrieb zu feien,
35)Dr. Aikin: „Description of the Country from 30 to 40 miles round Manchester. Lond. 1795“, p. 182 sqq.
36) A. Smith l. c. b. III, ch. III.
37) Selbst J. B. Say sagt: „Les épargnes des riches se font aux dépens des pauvres.“ „Der römische Proletarier lebte fast ganz auf Kosten der Ge- sellschaft . . . . Man könnte fast sagen, dass die moderne Gesellschaft auf Kosten der Proletarier lebt, von dem Theil, den sie auf Belohnung der Arbeit ihnen ent- zieht.“ (Sismondi: „Études etc.“ t. 1, p. 24.)
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Um diese Zeit jedoch oder etwas später hatten die Industriellen schon Geld
accumulirt und begannen steinerne Häuser statt der von Holz und Mörtel
aufzuführen. … Noch in den ersten Decennien des 18. Jahrhunderts
setzte sich ein Manchester Fabrikant, der eine Pint fremden Weins seinen
Gästen vorsetzte, den Glossen und dem Kopfschütteln aller seiner Nach-
barn aus.“ Vor dem Aufkommen der Maschinerie betrug der abendliche
Konsum der Fabrikanten in den Kneipen, wo sie zusammenkamen, nie mehr
als 6 d. für ein Glas Punsch und 1 d. für eine Rolle Taback. Erst 1758,
und diess macht Epoche, sah man „eine im Geschäft wirklich engagirte
Person mit eigner Equipage!“ „Die vierte Periode“, das letzte Drittheil
des 18. Jahrhunderts, „ist die von grossem Luxus und Verschwendung,
unterstützt durch die Ausdehnung des Geschäfts“ 35). Was würde der
gute Dr. Aikin sagen, wenn er heutzutag in Manchester auferstände!
Accumulirt, accumulirt! Das ist Moses und die Propheten! „Die
Industrie liefert das Material, welches die Sparsamkeit accumulirt“ 36).
Also spart, spart, d. h. rückverwandelt möglichst grossen Theil des Mehr-
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klassische Oekonomie den historischen Beruf der Bourgeoisperiode aus.
Sie täuschte sich keinen Augenblick über die Geburtswehn des Reich-
thums 37), aber was nützt der Jammer über historische Nothwendigkeit?
Wenn der klassischen Oekonomie der Proletarier nur als Maschine zur
Produktion von Mehrwerth, gilt ihr aber auch der Kapitalist nur als Ma-
schine zur Verwandlung dieses Mehrwerths in Mehrkapital. Sie nimmt
seine historische Funktion in bitterm Ernst. Um seinen Busen vor dem
unheilvollen Konflikt zwischen Genusstrieb und Bereicherungstrieb zu feien,
35) Dr. Aikin: „Description of the Country from 30 to 40
miles round Manchester. Lond. 1795“, p. 182 sqq.
36) A. Smith l. c. b. III, ch. III.
37) Selbst J. B. Say sagt: „Les épargnes des riches se font aux dépens des
pauvres.“ „Der römische Proletarier lebte fast ganz auf Kosten der Ge-
sellschaft . . . . Man könnte fast sagen, dass die moderne Gesellschaft auf Kosten
der Proletarier lebt, von dem Theil, den sie auf Belohnung der Arbeit ihnen ent-
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/599>, abgerufen am 22.11.2024.
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