gähren, Abstinenz des Kapitalisten!43) Der Kapitalist beraubt seinen eignen Adam, wenn er die "Produktionsinstrumente dem Arbeiter leiht" (!), alias sie durch Einverleibung der Arbeitskraft als Kapi- tal verwerthet, statt Dampfmaschinen, Baumwolle, Eisenbahnen, Dünger, Zugpferde u. s. f. aufzuessen oder, wie der Vulgärökonom sich das kindlich vorstellt, "ihren Werth" in Luxus- und andren Konsum- tionsmitteln zu verprassen44). Wie die Kapitalistenklasse das anstellen soll, ist ein von der Vulgärökonomie bisher hartnäckig bewahrtes Geheimniss. Genug, die Welt lebt nur noch von der Selbstkasteiung dieses modernen Büssers des Wischnu, des Kapitalisten. Nicht nur die Accumulation, die einfache "Erhaltung eines Kapitals erheischt beständige Kraftanstrengung, um der Versuchung zu widerstehn, es aufzuessen"45). Die einfache Humanität gebeut also offenbar den Kapitalisten von Martyr- thum und Versuchung zu erlösen, in derselben Weise wie der georgische Sklavenhalter jüngst durch Abschaffung der Sklaverei von dem schmerz- lichen Dilemma erlöst ward, ob das dem Negersklaven ausgepeitschte Mehrprodukt ganz in Champagner zu verjubeln oder auch theilweis in mehr Neger und mehr Land rückzuverwandeln.
In den verschiedensten ökonomischen Gesellschaftsformationen findet nicht nur einfache Reproduktion, sondern, obgleich auf verschiednem Mass- stab, Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter statt. Es wird progressiv mehr producirt und mehr konsumirt, also auch mehr Pro- dukt in Produktionsmittel verwandelt. Dieser Prozess erscheint aber
43) "No one ... will sow his wheat, f. i., and allow it to remain a twelve- month in the ground, or leave his wine in a cellar for years, instead of consuming these things or their equivalent at once -- -- unless he expects to acquire ad- ditional value etc." (Scrope: "Polit. Econ." edit. von A. Potter, New-York 1841, p. 133, 134.)
44) "La privation que s'impose le capitaliste, en pretant (dieser Euphemismus gebraucht, um nach probater vulgärökonomischer Manier den vom industriellen Kapitalisten exploitirten Lohnarbeiter mit dem industriellen Kapitalisten selbst zu identificiren, welcher vom Geld verleihenden Ka- pitalisten pumpt!) ses instruments de production au travailleur au lieu d'en consacrer la valeura son propre usage, en la transformant en objets d'utilite ou d'agrement." (G. de Molinari l. c. p. 49.)
45) "La conservation d'un capital exige ... un effort constant pour resister a la temptation de le consommer." (Courceuil-Senelles l. c. p. 57.)
gähren, Abstinenz des Kapitalisten!43) Der Kapitalist beraubt seinen eignen Adam, wenn er die „Produktionsinstrumente dem Arbeiter leiht“ (!), alias sie durch Einverleibung der Arbeitskraft als Kapi- tal verwerthet, statt Dampfmaschinen, Baumwolle, Eisenbahnen, Dünger, Zugpferde u. s. f. aufzuessen oder, wie der Vulgärökonom sich das kindlich vorstellt, „ihren Werth“ in Luxus- und andren Konsum- tionsmitteln zu verprassen44). Wie die Kapitalistenklasse das anstellen soll, ist ein von der Vulgärökonomie bisher hartnäckig bewahrtes Geheimniss. Genug, die Welt lebt nur noch von der Selbstkasteiung dieses modernen Büssers des Wischnu, des Kapitalisten. Nicht nur die Accumulation, die einfache „Erhaltung eines Kapitals erheischt beständige Kraftanstrengung, um der Versuchung zu widerstehn, es aufzuessen“45). Die einfache Humanität gebeut also offenbar den Kapitalisten von Martyr- thum und Versuchung zu erlösen, in derselben Weise wie der georgische Sklavenhalter jüngst durch Abschaffung der Sklaverei von dem schmerz- lichen Dilemma erlöst ward, ob das dem Negersklaven ausgepeitschte Mehrprodukt ganz in Champagner zu verjubeln oder auch theilweis in mehr Neger und mehr Land rückzuverwandeln.
In den verschiedensten ökonomischen Gesellschaftsformationen findet nicht nur einfache Reproduktion, sondern, obgleich auf verschiednem Mass- stab, Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter statt. Es wird progressiv mehr producirt und mehr konsumirt, also auch mehr Pro- dukt in Produktionsmittel verwandelt. Dieser Prozess erscheint aber
43) „No one … will sow his wheat, f. i., and allow it to remain a twelve- month in the ground, or leave his wine in a cellar for years, instead of consuming these things or their equivalent at once — — unless he expects to acquire ad- ditional value etc.“ (Scrope: „Polit. Econ.“ edit. von A. Potter, New-York 1841, p. 133, 134.)
44) „La privation que s’impose le capitaliste, en prêtant (dieser Euphemismus gebraucht, um nach probater vulgärökonomischer Manier den vom industriellen Kapitalisten exploitirten Lohnarbeiter mit dem industriellen Kapitalisten selbst zu identificiren, welcher vom Geld verleihenden Ka- pitalisten pumpt!) ses instruments de production au travailleur au lieu d’en consacrer la valeurà son propre usage, en la transformant en objets d’utilité ou d’agrément.“ (G. de Molinari l. c. p. 49.)
45) „La conservation d’un capital exige … un effort constant pour résister à la temptation de le consommer.“ (Courceuil-Senelles l. c. p. 57.)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0602"n="583"/>
gähren, Abstinenz des Kapitalisten!<noteplace="foot"n="43)">„No one … will sow his wheat, f. i., and allow it to remain a twelve-<lb/>
month in the ground, or leave his wine in a cellar for years, instead of consuming<lb/>
these things or their equivalent <hirendition="#g">at once</hi>—— unless he expects to acquire <hirendition="#g">ad-<lb/>
ditional value</hi> etc.“ (<hirendition="#g">Scrope</hi>: „<hirendition="#g">Polit. Econ</hi>.“ edit. von A. <hirendition="#g">Potter,<lb/>
New-York</hi> 1841, p. 133, 134.)</note> Der Kapitalist beraubt seinen<lb/>
eignen Adam, wenn er die „Produktionsinstrumente dem Arbeiter<lb/>
leiht“ (!), alias sie durch Einverleibung der Arbeitskraft als Kapi-<lb/>
tal verwerthet, statt Dampfmaschinen, Baumwolle, Eisenbahnen, Dünger,<lb/>
Zugpferde u. s. f. <hirendition="#g">aufzuessen</hi> oder, wie der Vulgärökonom sich das<lb/>
kindlich vorstellt, „<hirendition="#g">ihren Werth</hi>“ in Luxus- und andren Konsum-<lb/>
tionsmitteln zu verprassen<noteplace="foot"n="44)">„La <hirendition="#g">privation que s’impose le capitaliste, en prêtant</hi> (dieser<lb/>
Euphemismus gebraucht, um nach probater vulgärökonomischer Manier den vom<lb/>
industriellen Kapitalisten exploitirten <hirendition="#g">Lohnarbeiter</hi> mit <hirendition="#g">dem industriellen<lb/>
Kapitalisten selbst zu identificiren</hi>, welcher vom Geld verleihenden Ka-<lb/>
pitalisten pumpt!) ses instruments de production <hirendition="#g">au travailleur</hi> au lieu d’en<lb/>
consacrer <hirendition="#g">la valeurà</hi> son propre usage, <hirendition="#g">en la transformant</hi> en objets<lb/>
d’utilité ou d’agrément.“ (G. <hirendition="#g">de Molinari</hi> l. c. p. 49.)</note>. <hirendition="#g">Wie</hi> die <hirendition="#g">Kapitalistenklasse</hi> das<lb/>
anstellen soll, ist ein von der Vulgärökonomie bisher hartnäckig bewahrtes<lb/>
Geheimniss. Genug, die Welt lebt nur noch von der Selbstkasteiung<lb/>
dieses modernen Büssers des Wischnu, des Kapitalisten. Nicht nur die<lb/>
Accumulation, die einfache „Erhaltung eines Kapitals erheischt beständige<lb/>
Kraftanstrengung, um der Versuchung zu widerstehn, es aufzuessen“<noteplace="foot"n="45)">„La conservation d’un capital exige … un effort constant pour <hirendition="#g">résister<lb/>
à la temptation de le consommer</hi>.“ (<hirendition="#g">Courceuil-Senelles</hi> l. c. p. 57.)</note>.<lb/>
Die einfache Humanität gebeut also offenbar den Kapitalisten von Martyr-<lb/>
thum und Versuchung zu erlösen, in derselben Weise wie der georgische<lb/>
Sklavenhalter jüngst durch Abschaffung der Sklaverei von dem schmerz-<lb/>
lichen Dilemma erlöst ward, ob das dem Negersklaven ausgepeitschte<lb/>
Mehrprodukt ganz in Champagner zu verjubeln oder auch theilweis in<lb/>
mehr Neger und mehr Land rückzuverwandeln.</p><lb/><p>In den verschiedensten ökonomischen Gesellschaftsformationen findet<lb/>
nicht nur einfache Reproduktion, sondern, obgleich auf verschiednem Mass-<lb/>
stab, <hirendition="#g">Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter</hi> statt. Es<lb/>
wird progressiv mehr producirt und mehr konsumirt, also auch mehr Pro-<lb/>
dukt in Produktionsmittel verwandelt. Dieser Prozess erscheint aber<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[583/0602]
gähren, Abstinenz des Kapitalisten! 43) Der Kapitalist beraubt seinen
eignen Adam, wenn er die „Produktionsinstrumente dem Arbeiter
leiht“ (!), alias sie durch Einverleibung der Arbeitskraft als Kapi-
tal verwerthet, statt Dampfmaschinen, Baumwolle, Eisenbahnen, Dünger,
Zugpferde u. s. f. aufzuessen oder, wie der Vulgärökonom sich das
kindlich vorstellt, „ihren Werth“ in Luxus- und andren Konsum-
tionsmitteln zu verprassen 44). Wie die Kapitalistenklasse das
anstellen soll, ist ein von der Vulgärökonomie bisher hartnäckig bewahrtes
Geheimniss. Genug, die Welt lebt nur noch von der Selbstkasteiung
dieses modernen Büssers des Wischnu, des Kapitalisten. Nicht nur die
Accumulation, die einfache „Erhaltung eines Kapitals erheischt beständige
Kraftanstrengung, um der Versuchung zu widerstehn, es aufzuessen“ 45).
Die einfache Humanität gebeut also offenbar den Kapitalisten von Martyr-
thum und Versuchung zu erlösen, in derselben Weise wie der georgische
Sklavenhalter jüngst durch Abschaffung der Sklaverei von dem schmerz-
lichen Dilemma erlöst ward, ob das dem Negersklaven ausgepeitschte
Mehrprodukt ganz in Champagner zu verjubeln oder auch theilweis in
mehr Neger und mehr Land rückzuverwandeln.
In den verschiedensten ökonomischen Gesellschaftsformationen findet
nicht nur einfache Reproduktion, sondern, obgleich auf verschiednem Mass-
stab, Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter statt. Es
wird progressiv mehr producirt und mehr konsumirt, also auch mehr Pro-
dukt in Produktionsmittel verwandelt. Dieser Prozess erscheint aber
43) „No one … will sow his wheat, f. i., and allow it to remain a twelve-
month in the ground, or leave his wine in a cellar for years, instead of consuming
these things or their equivalent at once — — unless he expects to acquire ad-
ditional value etc.“ (Scrope: „Polit. Econ.“ edit. von A. Potter,
New-York 1841, p. 133, 134.)
44) „La privation que s’impose le capitaliste, en prêtant (dieser
Euphemismus gebraucht, um nach probater vulgärökonomischer Manier den vom
industriellen Kapitalisten exploitirten Lohnarbeiter mit dem industriellen
Kapitalisten selbst zu identificiren, welcher vom Geld verleihenden Ka-
pitalisten pumpt!) ses instruments de production au travailleur au lieu d’en
consacrer la valeurà son propre usage, en la transformant en objets
d’utilité ou d’agrément.“ (G. de Molinari l. c. p. 49.)
45) „La conservation d’un capital exige … un effort constant pour résister
à la temptation de le consommer.“ (Courceuil-Senelles l. c. p. 57.)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 583. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/602>, abgerufen am 29.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.