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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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Entwicklung der Produktivkraft zugleich begleitet von theilweiser Depre-
ciation
funktionirender Kapitale. Soweit diese Depreciation sich durch
die Konkurrenz akut fühlbar macht, fällt die Hauptwucht auf den Arbeiter,
in dessen gesteigerter Exploitation der Kapitalist Schadenersatz sucht.

Es zeigte sich bei Analyse des relativen Mehrwerths, wie die Ent-
wicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit eine stets wach-
sende Masse des von derselben Arbeitskraft in Bewegung gesetzten con-
stanten Kapitals bedingt. Mit dem Reichthum oder der Fülle und Wirk-
samkeit der in Maschinerie u. s. w. vergegenständlichten Arbeit, wovon der
Arbeiter als bereits producirter Bedingung des Produktionsprozesses aus-
geht, wächst die Masse des alten Kapitalwerths, der durch
blossen Zusatz neuer Arbeit, also neue Werthproduktion, erhalten und
in diesem Sinn reproducirt wird. Man vergleiche z. B. einen eng-
lischen Spinner mit einem indischen. Man unterstelle der Vereinfachung
halber gleiche Extension und Intensivität des englischen und indischen Ar-
beitstags. Der englische Spinner verwandelt in einem Tag viel hundert-
mal grössere Massen von Baumwolle, Spinninstrumenten u. s. w. in Garn.
Er erhält also auch vielhundertmal grösseren Kapitalwerth in seinem Pro-
dukt. Wäre selbst das Werthprodukt seiner Tagesarbeit, d. h. der
durch dieselbe den Produktionsmitteln neu zugesetzte Werth, nur gleich
dem des Indiers, dennoch resultirt seine Tagesarbeit nicht nur in grösserem
Produktenquantum, sondern in unendlich grösserem Produkten-
werth
, altem Werth, den er auf das neue Produkt überträgt, und der
von neuem als Kapital funktioniren kann. "1782", belehrt uns F. Engels,
"lag die ganze Wollerndte der vorhergehenden drei Jahre (in England) aus
Mangel an Arbeitern noch unverarbeitet da, und hätte liegen bleiben müssen,
wenn nicht die neu erfundne Maschinerie zu Hilfe gekommen wäre und sie ver-
sponnen hätte"59). Die in der Form von Maschinerie vergegenständlichte
Arbeit stampfte natürlich unmittelbar keinen Menschen aus dem Boden, aber
sie erlaubte einer geringen Arbeiteranzahl durch Zusatz von relativ wenig
lebendiger Arbeit nicht nur die Wolle produktiv zu konsumiren, und ihr
Neuwerth zuzusetzen, sondern in der Form von Garn u. s. w. ihren
alten Werth zu erhalten. Sie lieferte damit zugleich Mittel und Sporn

59) F. Engels: "Lage der arbeitenden Klasse in England",
p. 20.

Entwicklung der Produktivkraft zugleich begleitet von theilweiser Depre-
ciation
funktionirender Kapitale. Soweit diese Depreciation sich durch
die Konkurrenz akut fühlbar macht, fällt die Hauptwucht auf den Arbeiter,
in dessen gesteigerter Exploitation der Kapitalist Schadenersatz sucht.

Es zeigte sich bei Analyse des relativen Mehrwerths, wie die Ent-
wicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit eine stets wach-
sende Masse des von derselben Arbeitskraft in Bewegung gesetzten con-
stanten Kapitals bedingt. Mit dem Reichthum oder der Fülle und Wirk-
samkeit der in Maschinerie u. s. w. vergegenständlichten Arbeit, wovon der
Arbeiter als bereits producirter Bedingung des Produktionsprozesses aus-
geht, wächst die Masse des alten Kapitalwerths, der durch
blossen Zusatz neuer Arbeit, also neue Werthproduktion, erhalten und
in diesem Sinn reproducirt wird. Man vergleiche z. B. einen eng-
lischen Spinner mit einem indischen. Man unterstelle der Vereinfachung
halber gleiche Extension und Intensivität des englischen und indischen Ar-
beitstags. Der englische Spinner verwandelt in einem Tag viel hundert-
mal grössere Massen von Baumwolle, Spinninstrumenten u. s. w. in Garn.
Er erhält also auch vielhundertmal grösseren Kapitalwerth in seinem Pro-
dukt. Wäre selbst das Werthprodukt seiner Tagesarbeit, d. h. der
durch dieselbe den Produktionsmitteln neu zugesetzte Werth, nur gleich
dem des Indiers, dennoch resultirt seine Tagesarbeit nicht nur in grösserem
Produktenquantum, sondern in unendlich grösserem Produkten-
werth
, altem Werth, den er auf das neue Produkt überträgt, und der
von neuem als Kapital funktioniren kann. „1782“, belehrt uns F. Engels,
„lag die ganze Wollerndte der vorhergehenden drei Jahre (in England) aus
Mangel an Arbeitern noch unverarbeitet da, und hätte liegen bleiben müssen,
wenn nicht die neu erfundne Maschinerie zu Hilfe gekommen wäre und sie ver-
sponnen hätte“59). Die in der Form von Maschinerie vergegenständlichte
Arbeit stampfte natürlich unmittelbar keinen Menschen aus dem Boden, aber
sie erlaubte einer geringen Arbeiteranzahl durch Zusatz von relativ wenig
lebendiger Arbeit nicht nur die Wolle produktiv zu konsumiren, und ihr
Neuwerth zuzusetzen, sondern in der Form von Garn u. s. w. ihren
alten Werth zu erhalten. Sie lieferte damit zugleich Mittel und Sporn

59) F. Engels: „Lage der arbeitenden Klasse in England“,
p. 20.
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[592/0611] Entwicklung der Produktivkraft zugleich begleitet von theilweiser Depre- ciation funktionirender Kapitale. Soweit diese Depreciation sich durch die Konkurrenz akut fühlbar macht, fällt die Hauptwucht auf den Arbeiter, in dessen gesteigerter Exploitation der Kapitalist Schadenersatz sucht. Es zeigte sich bei Analyse des relativen Mehrwerths, wie die Ent- wicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit eine stets wach- sende Masse des von derselben Arbeitskraft in Bewegung gesetzten con- stanten Kapitals bedingt. Mit dem Reichthum oder der Fülle und Wirk- samkeit der in Maschinerie u. s. w. vergegenständlichten Arbeit, wovon der Arbeiter als bereits producirter Bedingung des Produktionsprozesses aus- geht, wächst die Masse des alten Kapitalwerths, der durch blossen Zusatz neuer Arbeit, also neue Werthproduktion, erhalten und in diesem Sinn reproducirt wird. Man vergleiche z. B. einen eng- lischen Spinner mit einem indischen. Man unterstelle der Vereinfachung halber gleiche Extension und Intensivität des englischen und indischen Ar- beitstags. Der englische Spinner verwandelt in einem Tag viel hundert- mal grössere Massen von Baumwolle, Spinninstrumenten u. s. w. in Garn. Er erhält also auch vielhundertmal grösseren Kapitalwerth in seinem Pro- dukt. Wäre selbst das Werthprodukt seiner Tagesarbeit, d. h. der durch dieselbe den Produktionsmitteln neu zugesetzte Werth, nur gleich dem des Indiers, dennoch resultirt seine Tagesarbeit nicht nur in grösserem Produktenquantum, sondern in unendlich grösserem Produkten- werth, altem Werth, den er auf das neue Produkt überträgt, und der von neuem als Kapital funktioniren kann. „1782“, belehrt uns F. Engels, „lag die ganze Wollerndte der vorhergehenden drei Jahre (in England) aus Mangel an Arbeitern noch unverarbeitet da, und hätte liegen bleiben müssen, wenn nicht die neu erfundne Maschinerie zu Hilfe gekommen wäre und sie ver- sponnen hätte“ 59). Die in der Form von Maschinerie vergegenständlichte Arbeit stampfte natürlich unmittelbar keinen Menschen aus dem Boden, aber sie erlaubte einer geringen Arbeiteranzahl durch Zusatz von relativ wenig lebendiger Arbeit nicht nur die Wolle produktiv zu konsumiren, und ihr Neuwerth zuzusetzen, sondern in der Form von Garn u. s. w. ihren alten Werth zu erhalten. Sie lieferte damit zugleich Mittel und Sporn 59) F. Engels: „Lage der arbeitenden Klasse in England“, p. 20.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/611>, abgerufen am 23.11.2024.