äusserlichen Dinge und eben dadurch als von einander unabhängige Per- sonen einander gegenübertreten. Solch ein Verhältniss wechselseitiger Fremdheit existirt jedoch nicht für die Glieder eines naturwüchsigen Ge- meinwesens, habe es nun die Form einer patriarchalischen Familie, einer altindischen Gemeinde, eines Inkastaates u. s. w. Der Waarenaustausch beginnt, wo die Gemeinwesen enden, an den Punkten ihres Contakts mit fremden Gemeinwesen oder Gliedern fremder Gemeinwesen. Sobald Dinge aber einmal im auswärtigen, werden sie auch rückschlagend im innern Ge- meinleben zu Waaren. Ihr quantitatives Austauschverhält- niss ist zunächst ganz zufällig. Austauschbar sind sie durch den Willensakt ihrer Besitzer sie wechselseitig zu veräussern. Sie erhal- ten daher die Form Austauschbarer, bevor sie als Werthe entwickelt sind. Indess setzt sich das Bedürfniss für fremde Gebrauchsgegenstände allmälig fest. Die beständige Wiederholung des Austauschs macht ihn zu einem regelmässigen gesellschaftlichen Prozess. Im Laufe der Zeit muss daher wenigstens ein Theil der Arbeitsprodukte absichtlich zum Behuf des Austauschs producirt werden. Von diesem Augenblick befestigt sich einerseits die Scheidung zwischen der Nützlichkeit der Dinge für den un- mittelbaren Bedarf und ihrer Nützlichkeit zum Austausch. Ihr Gebrauchs- werth scheidet sich von ihrem Tauschwerthe. Andrerseits wird das quan- titative Verhältniss, worin sie sich austauschen, von ihrer Produktion selbst abhängig. Die Gewohnheit fixirt sie als Werthgrössen.
Im unmittelbaren Produktenaustausch ist jede Waare unmittelbar Tauschmittel für ihren Besitzer, Aequivalent für ihren Nichtbesitzer, jedoch nur so weit sie Gebrauchswerth für ihn. Der Tauschartikel erhält also noch keine von seinem eignen Gebrauchswerth oder dem individuellen Bedürfniss der Austauscher unabhängige Werthform. Die Nothwendig- keit dieser Form entwickelt sich mit der wachsenden Anzahl und Mannig- faltigkeit der in den Austauschprozess eintretenden Waaren. Die Aufgabe entspringt gleichzeitig mit den Mitteln ihrer Lösung. Ein Verkehr, wel- cher die Waarenbesitzer treibt, ihre eigenen Artikel mit verschiedenen andern Artikeln auszutauschen und daher zu vergleichen, findet niemals statt, ohne dass verschiedene Waaren von verschiedenen Waarenbesitzern innerhalb ihres Verkehrs mit einer und derselben dritten Waaren- art ausgetauscht und als Werthe verglichen werden. Solche dritte Waare, indem sie Aequivalent für verschiedene andere Waaren wird, erhält
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äusserlichen Dinge und eben dadurch als von einander unabhängige Per- sonen einander gegenübertreten. Solch ein Verhältniss wechselseitiger Fremdheit existirt jedoch nicht für die Glieder eines naturwüchsigen Ge- meinwesens, habe es nun die Form einer patriarchalischen Familie, einer altindischen Gemeinde, eines Inkastaates u. s. w. Der Waarenaustausch beginnt, wo die Gemeinwesen enden, an den Punkten ihres Contakts mit fremden Gemeinwesen oder Gliedern fremder Gemeinwesen. Sobald Dinge aber einmal im auswärtigen, werden sie auch rückschlagend im innern Ge- meinleben zu Waaren. Ihr quantitatives Austauschverhält- niss ist zunächst ganz zufällig. Austauschbar sind sie durch den Willensakt ihrer Besitzer sie wechselseitig zu veräussern. Sie erhal- ten daher die Form Austauschbarer, bevor sie als Werthe entwickelt sind. Indess setzt sich das Bedürfniss für fremde Gebrauchsgegenstände allmälig fest. Die beständige Wiederholung des Austauschs macht ihn zu einem regelmässigen gesellschaftlichen Prozess. Im Laufe der Zeit muss daher wenigstens ein Theil der Arbeitsprodukte absichtlich zum Behuf des Austauschs producirt werden. Von diesem Augenblick befestigt sich einerseits die Scheidung zwischen der Nützlichkeit der Dinge für den un- mittelbaren Bedarf und ihrer Nützlichkeit zum Austausch. Ihr Gebrauchs- werth scheidet sich von ihrem Tauschwerthe. Andrerseits wird das quan- titative Verhältniss, worin sie sich austauschen, von ihrer Produktion selbst abhängig. Die Gewohnheit fixirt sie als Werthgrössen.
Im unmittelbaren Produktenaustausch ist jede Waare unmittelbar Tauschmittel für ihren Besitzer, Aequivalent für ihren Nichtbesitzer, jedoch nur so weit sie Gebrauchswerth für ihn. Der Tauschartikel erhält also noch keine von seinem eignen Gebrauchswerth oder dem individuellen Bedürfniss der Austauscher unabhängige Werthform. Die Nothwendig- keit dieser Form entwickelt sich mit der wachsenden Anzahl und Mannig- faltigkeit der in den Austauschprozess eintretenden Waaren. Die Aufgabe entspringt gleichzeitig mit den Mitteln ihrer Lösung. Ein Verkehr, wel- cher die Waarenbesitzer treibt, ihre eigenen Artikel mit verschiedenen andern Artikeln auszutauschen und daher zu vergleichen, findet niemals statt, ohne dass verschiedene Waaren von verschiedenen Waarenbesitzern innerhalb ihres Verkehrs mit einer und derselben dritten Waaren- art ausgetauscht und als Werthe verglichen werden. Solche dritte Waare, indem sie Aequivalent für verschiedene andere Waaren wird, erhält
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äusserlichen Dinge und eben dadurch als von einander unabhängige Per-
sonen einander gegenübertreten. Solch ein Verhältniss wechselseitiger
Fremdheit existirt jedoch nicht für die Glieder eines naturwüchsigen Ge-
meinwesens, habe es nun die Form einer patriarchalischen Familie, einer
altindischen Gemeinde, eines Inkastaates u. s. w. Der Waarenaustausch
beginnt, wo die Gemeinwesen enden, an den Punkten ihres Contakts mit
fremden Gemeinwesen oder Gliedern fremder Gemeinwesen. Sobald Dinge
aber einmal im auswärtigen, werden sie auch rückschlagend im innern Ge-
meinleben zu Waaren. Ihr quantitatives Austauschverhält-
niss ist zunächst ganz zufällig. Austauschbar sind sie durch den
Willensakt ihrer Besitzer sie wechselseitig zu veräussern. Sie erhal-
ten daher die Form Austauschbarer, bevor sie als Werthe entwickelt
sind. Indess setzt sich das Bedürfniss für fremde Gebrauchsgegenstände
allmälig fest. Die beständige Wiederholung des Austauschs macht ihn zu
einem regelmässigen gesellschaftlichen Prozess. Im Laufe der Zeit muss
daher wenigstens ein Theil der Arbeitsprodukte absichtlich zum Behuf
des Austauschs producirt werden. Von diesem Augenblick befestigt sich
einerseits die Scheidung zwischen der Nützlichkeit der Dinge für den un-
mittelbaren Bedarf und ihrer Nützlichkeit zum Austausch. Ihr Gebrauchs-
werth scheidet sich von ihrem Tauschwerthe. Andrerseits wird das quan-
titative Verhältniss, worin sie sich austauschen, von ihrer Produktion selbst
abhängig. Die Gewohnheit fixirt sie als Werthgrössen.
Im unmittelbaren Produktenaustausch ist jede Waare unmittelbar
Tauschmittel für ihren Besitzer, Aequivalent für ihren Nichtbesitzer, jedoch
nur so weit sie Gebrauchswerth für ihn. Der Tauschartikel erhält also
noch keine von seinem eignen Gebrauchswerth oder dem individuellen
Bedürfniss der Austauscher unabhängige Werthform. Die Nothwendig-
keit dieser Form entwickelt sich mit der wachsenden Anzahl und Mannig-
faltigkeit der in den Austauschprozess eintretenden Waaren. Die Aufgabe
entspringt gleichzeitig mit den Mitteln ihrer Lösung. Ein Verkehr, wel-
cher die Waarenbesitzer treibt, ihre eigenen Artikel mit verschiedenen
andern Artikeln auszutauschen und daher zu vergleichen, findet niemals
statt, ohne dass verschiedene Waaren von verschiedenen Waarenbesitzern
innerhalb ihres Verkehrs mit einer und derselben dritten Waaren-
art ausgetauscht und als Werthe verglichen werden. Solche dritte Waare,
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/68>, abgerufen am 21.11.2024.
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