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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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sondern ihre spezifische Werthform. Die Verwechslung beider Bestim-
mungen verleitete dazu, den Werth von Gold und Silber für imaginär
zu halten41). Weil Geld in bestimmten Funktionen durch blosse Zeichen
seiner selbst ersetzt werden kann, entsprang der andere Irrthum, es sei
ein blosses Zeichen. Andrerseits lag darin die Ahnung, dass die Geld-
form des Dings ihm selbst äusserlich und blosse Erscheinungsform
dahinter versteckter menschlicher Verhältnisse. In diesem Sinn wäre jede
Waare ein Zeichen, weil als Werth nur sachliche Hülle der auf sie
verausgabten menschlichen Arbeit42). Indem man aber die gesellschaft-

41) "L'oro e l'argento hanno valore come metalli anteriori all' essere mo-
neta." (Galiani l. c.) Locke sagt: "Die allgemeine Uebereinstimmung
der Menschen legte dem Silber, wegen seiner Qualitäten, die es zum Geld ge-
eignet machten, einen imaginären Werth bei." Dagegen Law: "Wie
könnten verschiedene Nationen irgend einer Sache einen imaginären Werth
geben ... oder wie hätte sich dieser imaginäre Werth erhalten können?" Wie
wenig er selbst aber von der Sache verstand: "Das Silber tauschte sich aus nach
dem Gebrauchswerth, den es hatte, also nach seinem wirklichen Werth;
durch seine Bestimmung als Geld erhielt es einen zuschüssigen Werth (une
valeur additionnelle)." (Jean Law: "Considerations sur le nume-
raire et le commerce
" in E. Daire's Edit. der "Economistes
Financiers
du XVIII. siecle" p. 470.)
42) "L'argent en (des denrees) est le signe." (V. de Forbonnais:
"Elements du Commerce. Nouv. Edit. Leyde 1766", t. II, p. 143.)
"Comme signe il est attire par les denrees." (l. c. p. 155.) "L'argent est un
signe d'une chose et la represente." (Montesquieu: "Esprit des Lois".
Oeuvres
Lond. 1767, t. II, p. 2.) "L'argent n'est pas simple signe, car il
est lui-meme richesse; il ne represente pas les valeurs, il les equivaut."
(Le Trosne l. c. p. 910.) "Betrachtet man den Begriff des Werths, so
wird die Sache selbst nur als ein Zeichen angesehn und sie gilt nicht
als sie selber, sondern als was sie werth ist." (Hegel l. c. p. 100.) Lange
vor den Oekonomen brachten die Juristen die Vorstellung von Geld als
blossem Zeichen und dem nur imaginären Werth der edlen Metalle in Schwung,
im Sykophantendienst der königlichen Gewalt, deren Münzverfälschungsrecht sie
das ganze Mittelalter hindurch auf die Traditionen des römischen Kaiserreichs und
die Geldbegriffe der Pandekten stützten. "Qu'aucun puisse ni doive faire doute",
sagt ihr gelehriger Schüler, Philipp von Valois, in einem Dekret von 1346, "que
a nous et a notre majeste royale n'appartienne seulement ... le mestier, le fait,
l'etat, la provision et toute l'ordonnance des monnaies, de donner tel cours, et
pour tel prix comme il nous plait et bon nous semble." Es
war römisches Rechtsdogma, dass der Kaiser den Geldwerth dekretirt. Es

sondern ihre spezifische Werthform. Die Verwechslung beider Bestim-
mungen verleitete dazu, den Werth von Gold und Silber für imaginär
zu halten41). Weil Geld in bestimmten Funktionen durch blosse Zeichen
seiner selbst ersetzt werden kann, entsprang der andere Irrthum, es sei
ein blosses Zeichen. Andrerseits lag darin die Ahnung, dass die Geld-
form des Dings ihm selbst äusserlich und blosse Erscheinungsform
dahinter versteckter menschlicher Verhältnisse. In diesem Sinn wäre jede
Waare ein Zeichen, weil als Werth nur sachliche Hülle der auf sie
verausgabten menschlichen Arbeit42). Indem man aber die gesellschaft-

41) „L’oro e l’argento hanno valore come metalli anteriori all’ essere mo-
neta.“ (Galiani l. c.) Locke sagt: „Die allgemeine Uebereinstimmung
der Menschen legte dem Silber, wegen seiner Qualitäten, die es zum Geld ge-
eignet machten, einen imaginären Werth bei.“ Dagegen Law: „Wie
könnten verschiedene Nationen irgend einer Sache einen imaginären Werth
geben … oder wie hätte sich dieser imaginäre Werth erhalten können?“ Wie
wenig er selbst aber von der Sache verstand: „Das Silber tauschte sich aus nach
dem Gebrauchswerth, den es hatte, also nach seinem wirklichen Werth;
durch seine Bestimmung als Geld erhielt es einen zuschüssigen Werth (une
valeur additionnelle).“ (Jean Law: „Considérations sur le numé-
raire et le commerce
“ in E. Daire’s Edit. der „Économistes
Financiers
du XVIII. siècle“ p. 470.)
42) „L’argent en (des denrées) est le signe.“ (V. de Forbonnais:
Eléments du Commerce. Nouv. Edit. Leyde 1766“, t. II, p. 143.)
„Comme signe il est attiré par les denrées.“ (l. c. p. 155.) „L’argent est un
signe d’une chose et la représente.“ (Montesquieu: „Esprit des Lois“.
Oeuvres
Lond. 1767, t. II, p. 2.) „L’argent n’est pas simple signe, car il
est lui-même richesse; il ne représente pas les valeurs, il les équivaut.“
(Le Trosne l. c. p. 910.) „Betrachtet man den Begriff des Werths, so
wird die Sache selbst nur als ein Zeichen angesehn und sie gilt nicht
als sie selber, sondern als was sie werth ist.“ (Hegel l. c. p. 100.) Lange
vor den Oekonomen brachten die Juristen die Vorstellung von Geld als
blossem Zeichen und dem nur imaginären Werth der edlen Metalle in Schwung,
im Sykophantendienst der königlichen Gewalt, deren Münzverfälschungsrecht sie
das ganze Mittelalter hindurch auf die Traditionen des römischen Kaiserreichs und
die Geldbegriffe der Pandekten stützten. „Qu’aucun puisse ni doive faire doute“,
sagt ihr gelehriger Schüler, Philipp von Valois, in einem Dekret von 1346, „que
à nous et à notre majesté royale n’appartienne seulement … le mestier, le fait,
l’état, la provision et toute l’ordonnance des monnaies, de donner tel cours, et
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war römisches Rechtsdogma, dass der Kaiser den Geldwerth dekretirt. Es
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[52/0071] sondern ihre spezifische Werthform. Die Verwechslung beider Bestim- mungen verleitete dazu, den Werth von Gold und Silber für imaginär zu halten 41). Weil Geld in bestimmten Funktionen durch blosse Zeichen seiner selbst ersetzt werden kann, entsprang der andere Irrthum, es sei ein blosses Zeichen. Andrerseits lag darin die Ahnung, dass die Geld- form des Dings ihm selbst äusserlich und blosse Erscheinungsform dahinter versteckter menschlicher Verhältnisse. In diesem Sinn wäre jede Waare ein Zeichen, weil als Werth nur sachliche Hülle der auf sie verausgabten menschlichen Arbeit 42). Indem man aber die gesellschaft- 41) „L’oro e l’argento hanno valore come metalli anteriori all’ essere mo- neta.“ (Galiani l. c.) Locke sagt: „Die allgemeine Uebereinstimmung der Menschen legte dem Silber, wegen seiner Qualitäten, die es zum Geld ge- eignet machten, einen imaginären Werth bei.“ Dagegen Law: „Wie könnten verschiedene Nationen irgend einer Sache einen imaginären Werth geben … oder wie hätte sich dieser imaginäre Werth erhalten können?“ Wie wenig er selbst aber von der Sache verstand: „Das Silber tauschte sich aus nach dem Gebrauchswerth, den es hatte, also nach seinem wirklichen Werth; durch seine Bestimmung als Geld erhielt es einen zuschüssigen Werth (une valeur additionnelle).“ (Jean Law: „Considérations sur le numé- raire et le commerce“ in E. Daire’s Edit. der „Économistes Financiers du XVIII. siècle“ p. 470.) 42) „L’argent en (des denrées) est le signe.“ (V. de Forbonnais: „Eléments du Commerce. Nouv. Edit. Leyde 1766“, t. II, p. 143.) „Comme signe il est attiré par les denrées.“ (l. c. p. 155.) „L’argent est un signe d’une chose et la représente.“ (Montesquieu: „Esprit des Lois“. Oeuvres Lond. 1767, t. II, p. 2.) „L’argent n’est pas simple signe, car il est lui-même richesse; il ne représente pas les valeurs, il les équivaut.“ (Le Trosne l. c. p. 910.) „Betrachtet man den Begriff des Werths, so wird die Sache selbst nur als ein Zeichen angesehn und sie gilt nicht als sie selber, sondern als was sie werth ist.“ (Hegel l. c. p. 100.) Lange vor den Oekonomen brachten die Juristen die Vorstellung von Geld als blossem Zeichen und dem nur imaginären Werth der edlen Metalle in Schwung, im Sykophantendienst der königlichen Gewalt, deren Münzverfälschungsrecht sie das ganze Mittelalter hindurch auf die Traditionen des römischen Kaiserreichs und die Geldbegriffe der Pandekten stützten. „Qu’aucun puisse ni doive faire doute“, sagt ihr gelehriger Schüler, Philipp von Valois, in einem Dekret von 1346, „que à nous et à notre majesté royale n’appartienne seulement … le mestier, le fait, l’état, la provision et toute l’ordonnance des monnaies, de donner tel cours, et pour tel prix comme il nous plait et bon nous semble.“ Es war römisches Rechtsdogma, dass der Kaiser den Geldwerth dekretirt. Es

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/71>, abgerufen am 21.11.2024.