so übersieht man grade, was man sehn soll, nämlich was sich mit der Form zuträgt. Man übersieht, dass die Bestimmung des Goldes als Geld bereits eine Formbestimmung ist, die ihm nicht als blosser Waare gehört, dass die andern Waaren sich in ihren Preisen selbst auf das Gold als ihre eigne Geldgestalt beziehn, und dass es seinerseits nur die allgemeine unmittelbare Aequivalentform erhält, weil die Waaren überhaupt sich eine allgemeine relative Werthform geben müssen.
Die Waaren gehn zunächst unvergoldet, unverzuckert, wie der Kamm ihnen gewachsen ist, den Austauschprozess ein. Er produzirt die Ver- dopplung der Waare in Waare und Geld, ein äusserer Gegen- satz, worin sie ihren immanenten Gegensatz von Gebrauchswerth und Tauschwerth darstellen. In diesem Gegensatz treten die Waaren als Gebrauchswerthe dem Geld als Tauschwerth gegenüber. An- drerseits sind beide Seiten des Gegensatzes Waaren, also Einheiten von Gebrauchswerth und Werth. Aber diese Einheit von Unter- schieden stellt sich auf jedem der beiden Pole umgekehrt dar und stellt dadurch zugleich deren Wechselbeziehung dar. Die Waare ist reell Gebrauchswerth, ihr Werthdasein erscheint nur ideell im Preis, der sie auf das gegenüberstehende Gold als ihre reelle Werthgestalt bezieht. Umgekehrt gilt das Goldmaterial nur als Werthmateriatur Geld. Es ist reell daher all gemeines Aequivalent, Tausch- werth. Sein Gebrauchswerth erscheint nur noch ideell in der Reihe der relativen Werthausdrücke, worin es sich auf die gegenüber- stehenden Waaren als den Umkreis seiner reellen Gebrauchs- gestalten bezieht. Diese gegensätzlichen Formen der Waaren sind die wirklichen Bewegungsformen ihres Austauschpro- zesses.
Begleiten wir nun irgend einen Waarenbesitzer, unsern altbekannten Leinweber z. B., zur Scene des Austauschprozesses, dem Waarenmarkt. Seine Waare, 20 Ellen Leinwand, ist preisbestimmt. Ihr Preis ist 2 Pfd. St. Er tauscht sie aus gegen 2 Pfd. St., und, Mann von altem Schrot und Korn, tauscht die 2 Pfd. St. wieder aus gegen eine Familien- bibel vom selben Preis. Die Leinwand, für ihn nur Waare, Werthträger, wird entäussert gegen Gold, ihre Werthgestalt, und aus dieser Gestalt rück- veräussert gegen eine andere Waare, die Bibel, die aber als Gebrauchs- gegenstand in's Weberhaus wandern und dort Erbauungsbedürfnisse befrie-
so übersieht man grade, was man sehn soll, nämlich was sich mit der Form zuträgt. Man übersieht, dass die Bestimmung des Goldes als Geld bereits eine Formbestimmung ist, die ihm nicht als blosser Waare gehört, dass die andern Waaren sich in ihren Preisen selbst auf das Gold als ihre eigne Geldgestalt beziehn, und dass es seinerseits nur die allgemeine unmittelbare Aequivalentform erhält, weil die Waaren überhaupt sich eine allgemeine relative Werthform geben müssen.
Die Waaren gehn zunächst unvergoldet, unverzuckert, wie der Kamm ihnen gewachsen ist, den Austauschprozess ein. Er produzirt die Ver- dopplung der Waare in Waare und Geld, ein äusserer Gegen- satz, worin sie ihren immanenten Gegensatz von Gebrauchswerth und Tauschwerth darstellen. In diesem Gegensatz treten die Waaren als Gebrauchswerthe dem Geld als Tauschwerth gegenüber. An- drerseits sind beide Seiten des Gegensatzes Waaren, also Einheiten von Gebrauchswerth und Werth. Aber diese Einheit von Unter- schieden stellt sich auf jedem der beiden Pole umgekehrt dar und stellt dadurch zugleich deren Wechselbeziehung dar. Die Waare ist reell Gebrauchswerth, ihr Werthdasein erscheint nur ideell im Preis, der sie auf das gegenüberstehende Gold als ihre reelle Werthgestalt bezieht. Umgekehrt gilt das Goldmaterial nur als Werthmateriatur Geld. Es ist reell daher all gemeines Aequivalent, Tausch- werth. Sein Gebrauchswerth erscheint nur noch ideell in der Reihe der relativen Werthausdrücke, worin es sich auf die gegenüber- stehenden Waaren als den Umkreis seiner reellen Gebrauchs- gestalten bezieht. Diese gegensätzlichen Formen der Waaren sind die wirklichen Bewegungsformen ihres Austauschpro- zesses.
Begleiten wir nun irgend einen Waarenbesitzer, unsern altbekannten Leinweber z. B., zur Scene des Austauschprozesses, dem Waarenmarkt. Seine Waare, 20 Ellen Leinwand, ist preisbestimmt. Ihr Preis ist 2 Pfd. St. Er tauscht sie aus gegen 2 Pfd. St., und, Mann von altem Schrot und Korn, tauscht die 2 Pfd. St. wieder aus gegen eine Familien- bibel vom selben Preis. Die Leinwand, für ihn nur Waare, Werthträger, wird entäussert gegen Gold, ihre Werthgestalt, und aus dieser Gestalt rück- veräussert gegen eine andere Waare, die Bibel, die aber als Gebrauchs- gegenstand in’s Weberhaus wandern und dort Erbauungsbedürfnisse befrie-
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so übersieht man grade, was man sehn soll, nämlich was sich mit der
Form zuträgt. Man übersieht, dass die Bestimmung des Goldes als Geld
bereits eine Formbestimmung ist, die ihm nicht als blosser Waare gehört,
dass die andern Waaren sich in ihren Preisen selbst auf das Gold als ihre
eigne Geldgestalt beziehn, und dass es seinerseits nur die allgemeine
unmittelbare Aequivalentform erhält, weil die Waaren überhaupt sich eine
allgemeine relative Werthform geben müssen.
Die Waaren gehn zunächst unvergoldet, unverzuckert, wie der Kamm
ihnen gewachsen ist, den Austauschprozess ein. Er produzirt die Ver-
dopplung der Waare in Waare und Geld, ein äusserer Gegen-
satz, worin sie ihren immanenten Gegensatz von Gebrauchswerth und
Tauschwerth darstellen. In diesem Gegensatz treten die Waaren als
Gebrauchswerthe dem Geld als Tauschwerth gegenüber. An-
drerseits sind beide Seiten des Gegensatzes Waaren, also Einheiten
von Gebrauchswerth und Werth. Aber diese Einheit von Unter-
schieden stellt sich auf jedem der beiden Pole umgekehrt dar und stellt
dadurch zugleich deren Wechselbeziehung dar. Die Waare ist reell
Gebrauchswerth, ihr Werthdasein erscheint nur ideell im Preis, der
sie auf das gegenüberstehende Gold als ihre reelle Werthgestalt
bezieht. Umgekehrt gilt das Goldmaterial nur als Werthmateriatur
Geld. Es ist reell daher all gemeines Aequivalent, Tausch-
werth. Sein Gebrauchswerth erscheint nur noch ideell in der
Reihe der relativen Werthausdrücke, worin es sich auf die gegenüber-
stehenden Waaren als den Umkreis seiner reellen Gebrauchs-
gestalten bezieht. Diese gegensätzlichen Formen der Waaren sind
die wirklichen Bewegungsformen ihres Austauschpro-
zesses.
Begleiten wir nun irgend einen Waarenbesitzer, unsern altbekannten
Leinweber z. B., zur Scene des Austauschprozesses, dem Waarenmarkt.
Seine Waare, 20 Ellen Leinwand, ist preisbestimmt. Ihr Preis ist
2 Pfd. St. Er tauscht sie aus gegen 2 Pfd. St., und, Mann von altem
Schrot und Korn, tauscht die 2 Pfd. St. wieder aus gegen eine Familien-
bibel vom selben Preis. Die Leinwand, für ihn nur Waare, Werthträger,
wird entäussert gegen Gold, ihre Werthgestalt, und aus dieser Gestalt rück-
veräussert gegen eine andere Waare, die Bibel, die aber als Gebrauchs-
gegenstand in’s Weberhaus wandern und dort Erbauungsbedürfnisse befrie-
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/83>, abgerufen am 24.11.2024.
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