und Mehrwerth (in der Form von Profit gefasst) wenn auch in zu allgemeiner Fassung fest (Marx, Kapital I, Kap. XV, A) und weist die Grundrente als einen unter bestimmten Umständen abfallenden Ueberschuss über den Profit nach. -- In keinem dieser Punkte ist Rodbertus über Ricardo hinausgegangen. Die innern Widersprüche der Ricardo'schen Theorie, an denen seine Schule zu Grunde ging, blieben ihm entweder ganz unbekannt oder verleiteten ihn nur ("Zur Erkenntniss" etc., S. 130) zu utopistischen Forderungen statt zu ökonomischen Lösungen.
Die Ricardo'sche Lehre vom Werth und Mehrwerth brauchte aber nicht auf Rodbertus' "Zur Erkenntniss" etc. zu warten, um socialistisch ausgebeutet zu werden. Auf S. 609 des ersten Bandes "Kapital" (2. Aufl.) findet sich citirt: "The possessors of surplus produce or capital", aus einer Schrift: The Source and Remedy of the National Difficulties. A Letter to Lord John Russell. London 1821. In dieser Schrift, auf deren Bedeutung schon der eine Aus- druck: surplus produce or capital hätte aufmerksam machen müssen, und die ein von Marx aus seiner Verschollenheit gerissnes Pamphlet von 40 Seiten ist, heisst es:
"Was auch dem Kapitalisten zukommen möge" [vom Stand- punkt des Kapitalisten aus] "er kann immer nur die Mehrarbeit (surplus labour) des Arbeiters aneignen, denn der Arbeiter muss leben." (p. 23.) Wie aber der Arbeiter lebt, und wie gross daher die vom Kapitalisten angeeignete Mehrarbeit sein kann, ist sehr relativ. "Wenn das Kapital nicht an Werth abnimmt im Verhält- niss wie es an Masse zunimmt, so wird der Kapitalist dem Arbeiter das Produkt jeder Arbeitsstunde abpressen über das Minimum hinaus wovon der Arbeiter leben kann . . . . . der Kapitalist kann schliesslich dem Arbeiter sagen: du sollst kein Brot essen, denn man kann von Runkelrüben und Kartoffeln leben; und dahin sind wir gekommen." (p. 24.) "Wenn der Arbeiter dahin gebracht werden kann sich von Kartoffeln zu nähren, statt von Brot, so ist es unbestreitbar richtig, dass mehr aus seiner Arbeit herausgeschlagen werden kann; d. h. wenn, um von Brot zu leben, er genöthigt war, für seine Erhaltung und die seiner Familie die Arbeit des Montags und Dienstags für sich zu behalten, so wird er bei Kartoffelnahrung nur die
und Mehrwerth (in der Form von Profit gefasst) wenn auch in zu allgemeiner Fassung fest (Marx, Kapital I, Kap. XV, A) und weist die Grundrente als einen unter bestimmten Umständen abfallenden Ueberschuss über den Profit nach. — In keinem dieser Punkte ist Rodbertus über Ricardo hinausgegangen. Die innern Widersprüche der Ricardo’schen Theorie, an denen seine Schule zu Grunde ging, blieben ihm entweder ganz unbekannt oder verleiteten ihn nur („Zur Erkenntniss“ etc., S. 130) zu utopistischen Forderungen statt zu ökonomischen Lösungen.
Die Ricardo’sche Lehre vom Werth und Mehrwerth brauchte aber nicht auf Rodbertus’ „Zur Erkenntniss“ etc. zu warten, um socialistisch ausgebeutet zu werden. Auf S. 609 des ersten Bandes „Kapital“ (2. Aufl.) findet sich citirt: „The possessors of surplus produce or capital“, aus einer Schrift: The Source and Remedy of the National Difficulties. A Letter to Lord John Russell. London 1821. In dieser Schrift, auf deren Bedeutung schon der eine Aus- druck: surplus produce or capital hätte aufmerksam machen müssen, und die ein von Marx aus seiner Verschollenheit gerissnes Pamphlet von 40 Seiten ist, heisst es:
„Was auch dem Kapitalisten zukommen möge“ [vom Stand- punkt des Kapitalisten aus] „er kann immer nur die Mehrarbeit (surplus labour) des Arbeiters aneignen, denn der Arbeiter muss leben.“ (p. 23.) Wie aber der Arbeiter lebt, und wie gross daher die vom Kapitalisten angeeignete Mehrarbeit sein kann, ist sehr relativ. „Wenn das Kapital nicht an Werth abnimmt im Verhält- niss wie es an Masse zunimmt, so wird der Kapitalist dem Arbeiter das Produkt jeder Arbeitsstunde abpressen über das Minimum hinaus wovon der Arbeiter leben kann . . . . . der Kapitalist kann schliesslich dem Arbeiter sagen: du sollst kein Brot essen, denn man kann von Runkelrüben und Kartoffeln leben; und dahin sind wir gekommen.“ (p. 24.) „Wenn der Arbeiter dahin gebracht werden kann sich von Kartoffeln zu nähren, statt von Brot, so ist es unbestreitbar richtig, dass mehr aus seiner Arbeit herausgeschlagen werden kann; d. h. wenn, um von Brot zu leben, er genöthigt war, für seine Erhaltung und die seiner Familie die Arbeit des Montags und Dienstags für sich zu behalten, so wird er bei Kartoffelnahrung nur die
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[XIV/0020]
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allgemeiner Fassung fest (Marx, Kapital I, Kap. XV, A) und weist
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Ueberschuss über den Profit nach. — In keinem dieser Punkte ist
Rodbertus über Ricardo hinausgegangen. Die innern Widersprüche
der Ricardo’schen Theorie, an denen seine Schule zu Grunde ging,
blieben ihm entweder ganz unbekannt oder verleiteten ihn nur
(„Zur Erkenntniss“ etc., S. 130) zu utopistischen Forderungen statt
zu ökonomischen Lösungen.
Die Ricardo’sche Lehre vom Werth und Mehrwerth brauchte
aber nicht auf Rodbertus’ „Zur Erkenntniss“ etc. zu warten, um
socialistisch ausgebeutet zu werden. Auf S. 609 des ersten Bandes
„Kapital“ (2. Aufl.) findet sich citirt: „The possessors of surplus
produce or capital“, aus einer Schrift: The Source and Remedy of
the National Difficulties. A Letter to Lord John Russell. London
1821. In dieser Schrift, auf deren Bedeutung schon der eine Aus-
druck: surplus produce or capital hätte aufmerksam machen müssen,
und die ein von Marx aus seiner Verschollenheit gerissnes Pamphlet
von 40 Seiten ist, heisst es:
„Was auch dem Kapitalisten zukommen möge“ [vom Stand-
punkt des Kapitalisten aus] „er kann immer nur die Mehrarbeit
(surplus labour) des Arbeiters aneignen, denn der Arbeiter muss
leben.“ (p. 23.) Wie aber der Arbeiter lebt, und wie gross daher
die vom Kapitalisten angeeignete Mehrarbeit sein kann, ist sehr
relativ. „Wenn das Kapital nicht an Werth abnimmt im Verhält-
niss wie es an Masse zunimmt, so wird der Kapitalist dem Arbeiter
das Produkt jeder Arbeitsstunde abpressen über das Minimum hinaus
wovon der Arbeiter leben kann . . . . . der Kapitalist kann schliesslich
dem Arbeiter sagen: du sollst kein Brot essen, denn man kann von
Runkelrüben und Kartoffeln leben; und dahin sind wir gekommen.“
(p. 24.) „Wenn der Arbeiter dahin gebracht werden kann sich von
Kartoffeln zu nähren, statt von Brot, so ist es unbestreitbar richtig,
dass mehr aus seiner Arbeit herausgeschlagen werden kann; d. h.
wenn, um von Brot zu leben, er genöthigt war, für seine Erhaltung
und die seiner Familie die Arbeit des Montags und Dienstags
für sich zu behalten, so wird er bei Kartoffelnahrung nur die
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Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. XIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/20>, abgerufen am 21.11.2024.
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