Der Fabrikant mag wirklich verkaufen an den Exporteur, und dieser wieder an seinen fremden Kunden, der Importeur mag seine Rohstoffe absetzen an den Fabrikanten, dieser seine Produkte an den Grosshändler u. s. w. Aber an irgend einem einzelnen un- sichtbaren Punkt liegt die Waare unverkauft; oder ein andresmal werden die Vorräthe aller Producenten und Zwischenhändler all- mälig überfüllt. Die Konsumtion steht gerade dann gewöhnlich in der höchsten Blüte, theils weil ein industrieller Kapitalist eine Reihenfolge andrer in Bewegung setzt, theils weil die von ihnen beschäftigten Arbeiter, vollauf beschäftigt, mehr als gewöhnlich auszugeben haben. Mit dem Einkommen der Kapitalisten nimmt ebenfalls ihre Ausgabe zu. Ausserdem findet, wie wir gesehn haben (Buch II, Abschn. III), eine beständige Cirkulation statt zwischen konstantem Kapital und konstantem Kapital (auch abgesehn von der beschleunigten Akkumulation), die insofern zunächst unabhängig ist von der individuellen Konsumtion, als sie nie in dieselbe ein- geht, die aber doch durch sie definitiv begrenzt ist, indem die Produktion von konstantem Kapital nie seiner selbst wegen stattfindet, sondern nur weil mehr davon gebraucht wird in den Produktionssphären, deren Produkte in die individuelle Kon- sumtion eingehn. Dies kann jedoch eine zeitlang ruhig seinen Weg gehn, durch die prospektive Nachfrage gereizt, und in diesen Zweigen geht das Geschäft bei Kaufleuten und Industriellen daher sehr flott voran. Die Krise tritt ein, sobald die Rückflüsse der Kaufleute, die fernab verkaufen (oder deren Vorräthe auch im Inlande sich gehäuft haben), so langsam und spärlich werden, dass die Banken auf Zahlung dringen oder die Wechsel gegen die ge- kauften Waaren verfallen ehe Wiederverkauf stattgefunden. Dann beginnen Zwangsverkäufe, Verkäufe um zu zahlen. Und damit ist der Krach da, der der scheinbaren Prosperität auf einmal ein Ende macht.
Die Aeusserlichkeit und Begriffslosigkeit des Umschlags des Kauf- mannskapitals ist aber noch grösser, weil der Umschlag desselben Kaufmannskapitals die Umschläge sehr verschiedner produktiver Kapitale gleichzeitig oder der Reihe nach vermitteln kann.
Der Umschlag des Kaufmannskapitals kann aber nicht nur Um- schläge verschiedner industriellen Kapitale vermitteln, sondern auch die entgegengesetzte Phase der Metamorphose des Waarenkapitals. Der Kaufmann kauft z. B. die Leinwand vom Fabrikanten und verkauft sie an den Bleicher. Hier stellt also der Umschlag des- selben Kaufmannskapitals, -- in der That dasselbe W--G, die
Marx, Kapital III. 19
Der Fabrikant mag wirklich verkaufen an den Exporteur, und dieser wieder an seinen fremden Kunden, der Importeur mag seine Rohstoffe absetzen an den Fabrikanten, dieser seine Produkte an den Grosshändler u. s. w. Aber an irgend einem einzelnen un- sichtbaren Punkt liegt die Waare unverkauft; oder ein andresmal werden die Vorräthe aller Producenten und Zwischenhändler all- mälig überfüllt. Die Konsumtion steht gerade dann gewöhnlich in der höchsten Blüte, theils weil ein industrieller Kapitalist eine Reihenfolge andrer in Bewegung setzt, theils weil die von ihnen beschäftigten Arbeiter, vollauf beschäftigt, mehr als gewöhnlich auszugeben haben. Mit dem Einkommen der Kapitalisten nimmt ebenfalls ihre Ausgabe zu. Ausserdem findet, wie wir gesehn haben (Buch II, Abschn. III), eine beständige Cirkulation statt zwischen konstantem Kapital und konstantem Kapital (auch abgesehn von der beschleunigten Akkumulation), die insofern zunächst unabhängig ist von der individuellen Konsumtion, als sie nie in dieselbe ein- geht, die aber doch durch sie definitiv begrenzt ist, indem die Produktion von konstantem Kapital nie seiner selbst wegen stattfindet, sondern nur weil mehr davon gebraucht wird in den Produktionssphären, deren Produkte in die individuelle Kon- sumtion eingehn. Dies kann jedoch eine zeitlang ruhig seinen Weg gehn, durch die prospektive Nachfrage gereizt, und in diesen Zweigen geht das Geschäft bei Kaufleuten und Industriellen daher sehr flott voran. Die Krise tritt ein, sobald die Rückflüsse der Kaufleute, die fernab verkaufen (oder deren Vorräthe auch im Inlande sich gehäuft haben), so langsam und spärlich werden, dass die Banken auf Zahlung dringen oder die Wechsel gegen die ge- kauften Waaren verfallen ehe Wiederverkauf stattgefunden. Dann beginnen Zwangsverkäufe, Verkäufe um zu zahlen. Und damit ist der Krach da, der der scheinbaren Prosperität auf einmal ein Ende macht.
Die Aeusserlichkeit und Begriffslosigkeit des Umschlags des Kauf- mannskapitals ist aber noch grösser, weil der Umschlag desselben Kaufmannskapitals die Umschläge sehr verschiedner produktiver Kapitale gleichzeitig oder der Reihe nach vermitteln kann.
Der Umschlag des Kaufmannskapitals kann aber nicht nur Um- schläge verschiedner industriellen Kapitale vermitteln, sondern auch die entgegengesetzte Phase der Metamorphose des Waarenkapitals. Der Kaufmann kauft z. B. die Leinwand vom Fabrikanten und verkauft sie an den Bleicher. Hier stellt also der Umschlag des- selben Kaufmannskapitals, — in der That dasselbe W—G, die
Marx, Kapital III. 19
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Der Fabrikant mag wirklich verkaufen an den Exporteur, und
dieser wieder an seinen fremden Kunden, der Importeur mag seine
Rohstoffe absetzen an den Fabrikanten, dieser seine Produkte an
den Grosshändler u. s. w. Aber an irgend einem einzelnen un-
sichtbaren Punkt liegt die Waare unverkauft; oder ein andresmal
werden die Vorräthe aller Producenten und Zwischenhändler all-
mälig überfüllt. Die Konsumtion steht gerade dann gewöhnlich
in der höchsten Blüte, theils weil ein industrieller Kapitalist eine
Reihenfolge andrer in Bewegung setzt, theils weil die von ihnen
beschäftigten Arbeiter, vollauf beschäftigt, mehr als gewöhnlich
auszugeben haben. Mit dem Einkommen der Kapitalisten nimmt
ebenfalls ihre Ausgabe zu. Ausserdem findet, wie wir gesehn haben
(Buch II, Abschn. III), eine beständige Cirkulation statt zwischen
konstantem Kapital und konstantem Kapital (auch abgesehn von der
beschleunigten Akkumulation), die insofern zunächst unabhängig
ist von der individuellen Konsumtion, als sie nie in dieselbe ein-
geht, die aber doch durch sie definitiv begrenzt ist, indem die
Produktion von konstantem Kapital nie seiner selbst wegen
stattfindet, sondern nur weil mehr davon gebraucht wird in den
Produktionssphären, deren Produkte in die individuelle Kon-
sumtion eingehn. Dies kann jedoch eine zeitlang ruhig seinen
Weg gehn, durch die prospektive Nachfrage gereizt, und in diesen
Zweigen geht das Geschäft bei Kaufleuten und Industriellen daher
sehr flott voran. Die Krise tritt ein, sobald die Rückflüsse der
Kaufleute, die fernab verkaufen (oder deren Vorräthe auch im
Inlande sich gehäuft haben), so langsam und spärlich werden, dass
die Banken auf Zahlung dringen oder die Wechsel gegen die ge-
kauften Waaren verfallen ehe Wiederverkauf stattgefunden. Dann
beginnen Zwangsverkäufe, Verkäufe um zu zahlen. Und damit ist
der Krach da, der der scheinbaren Prosperität auf einmal ein Ende
macht.
Die Aeusserlichkeit und Begriffslosigkeit des Umschlags des Kauf-
mannskapitals ist aber noch grösser, weil der Umschlag desselben
Kaufmannskapitals die Umschläge sehr verschiedner produktiver
Kapitale gleichzeitig oder der Reihe nach vermitteln kann.
Der Umschlag des Kaufmannskapitals kann aber nicht nur Um-
schläge verschiedner industriellen Kapitale vermitteln, sondern auch
die entgegengesetzte Phase der Metamorphose des Waarenkapitals.
Der Kaufmann kauft z. B. die Leinwand vom Fabrikanten und
verkauft sie an den Bleicher. Hier stellt also der Umschlag des-
selben Kaufmannskapitals, — in der That dasselbe W—G, die
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/323>, abgerufen am 24.11.2024.
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