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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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nehmergewinn (profits of enterprise). Diese Proportion hängt ab
von der Konkurrenz zwischen Verleihern und Borgern von Kapital;
diese Konkurrenz wird beeinflusst, aber nicht ausschliesslich regu-
lirt durch die voraussichtliche Rate des Bruttoprofits.66) Die Kon-
kurrenz wird nicht ausschliesslich hierdurch regulirt, weil auf der
einen Seite viele borgen, ohne irgend welche Absicht produktiver
Anlage, und weil andrerseits die Grösse des gesammten leih-
baren Kapitals wechselt mit dem Reichthum des Landes, unab-
hängig von irgend welchem Wechsel im Bruttoprofit." (Ramsay,
l. c., p. 206, 207.)

Um die Durchschnittsrate des Zinses zu finden, ist 1) der Durch-
schnitt des Zinsfusses während seiner Variationen in den grossen
industriellen Cyklen zu berechnen; 2) der Zinsfuss in solchen An-
lagen, wo Kapital für längere Zeit ausgeliehen wird.

Die in einem Lande herrschende Durchschnittsrate des Zinses --
im Unterschied von den beständig schwankenden Marktraten --
ist durchaus durch kein Gesetz bestimmbar. Es gibt in dieser Art
keine natürliche Rate des Zinses, in dem Sinn, wie die Oekonomen
von einer natürlichen Profitrate und einer natürlichen Rate des
Arbeitslohns sprechen. Schon Massie bemerkt hier mit vollem
Recht (p. 49): "The only thing which any man can be in doubt
about on this occasion, is, what proportion of these profits do of
right belong to the borrower, and what to the lender; and this
there is no other method of determining than by the opinions of
borrowers and lenders in general; for right and wrong, in this
respect, are only what common consent makes so." Das Decken
der Nachfrage und Zufuhr -- die Durchschnittsprofitrate als ge-
geben vorausgesetzt -- heisst hier durchaus nichts. Wo sonst zu
dieser Formel Zuflucht genommen wird (und dies ist dann auch
praktisch richtig) dient sie als eine Formel, um die von der Kon-
kurrenz unabhängige und vielmehr sie bestimmende Grundregel
(die regulirenden Grenzen oder die begrenzenden Grössen) zu
finden; namentlich als eine Formel für die, in der Praxis der Kon-
kurrenz, in ihren Erscheinungen, und den daraus sich entwickelnden
Vorstellungen Befangnen, um zu einer, wenn auch selbst wieder
oberflächlichen Vorstellung eines innerhalb der Konkurrenz sich
darstellenden innern Zusammenhangs der ökonomischen Verhält-

66) Da der Zinsfuss im Ganzen bestimmt ist durch die Durchschnittsprofit-
rate, kann sehr oft ausserordentlicher Schwindel mit niedrigem Zinsfuss ver-
bunden sein. Z. B. beim Eisenbahnschwindel im Sommer 1844. Der Zins-
fuss der Bank von England wurde erst auf 3 % erhöht 16. Oktober 1844.

nehmergewinn (profits of enterprise). Diese Proportion hängt ab
von der Konkurrenz zwischen Verleihern und Borgern von Kapital;
diese Konkurrenz wird beeinflusst, aber nicht ausschliesslich regu-
lirt durch die voraussichtliche Rate des Bruttoprofits.66) Die Kon-
kurrenz wird nicht ausschliesslich hierdurch regulirt, weil auf der
einen Seite viele borgen, ohne irgend welche Absicht produktiver
Anlage, und weil andrerseits die Grösse des gesammten leih-
baren Kapitals wechselt mit dem Reichthum des Landes, unab-
hängig von irgend welchem Wechsel im Bruttoprofit.“ (Ramsay,
l. c., p. 206, 207.)

Um die Durchschnittsrate des Zinses zu finden, ist 1) der Durch-
schnitt des Zinsfusses während seiner Variationen in den grossen
industriellen Cyklen zu berechnen; 2) der Zinsfuss in solchen An-
lagen, wo Kapital für längere Zeit ausgeliehen wird.

Die in einem Lande herrschende Durchschnittsrate des Zinses —
im Unterschied von den beständig schwankenden Marktraten —
ist durchaus durch kein Gesetz bestimmbar. Es gibt in dieser Art
keine natürliche Rate des Zinses, in dem Sinn, wie die Oekonomen
von einer natürlichen Profitrate und einer natürlichen Rate des
Arbeitslohns sprechen. Schon Massie bemerkt hier mit vollem
Recht (p. 49): „The only thing which any man can be in doubt
about on this occasion, is, what proportion of these profits do of
right belong to the borrower, and what to the lender; and this
there is no other method of determining than by the opinions of
borrowers and lenders in general; for right and wrong, in this
respect, are only what common consent makes so.“ Das Decken
der Nachfrage und Zufuhr — die Durchschnittsprofitrate als ge-
geben vorausgesetzt — heisst hier durchaus nichts. Wo sonst zu
dieser Formel Zuflucht genommen wird (und dies ist dann auch
praktisch richtig) dient sie als eine Formel, um die von der Kon-
kurrenz unabhängige und vielmehr sie bestimmende Grundregel
(die regulirenden Grenzen oder die begrenzenden Grössen) zu
finden; namentlich als eine Formel für die, in der Praxis der Kon-
kurrenz, in ihren Erscheinungen, und den daraus sich entwickelnden
Vorstellungen Befangnen, um zu einer, wenn auch selbst wieder
oberflächlichen Vorstellung eines innerhalb der Konkurrenz sich
darstellenden innern Zusammenhangs der ökonomischen Verhält-

66) Da der Zinsfuss im Ganzen bestimmt ist durch die Durchschnittsprofit-
rate, kann sehr oft ausserordentlicher Schwindel mit niedrigem Zinsfuss ver-
bunden sein. Z. B. beim Eisenbahnschwindel im Sommer 1844. Der Zins-
fuss der Bank von England wurde erst auf 3 % erhöht 16. Oktober 1844.
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[347/0381] nehmergewinn (profits of enterprise). Diese Proportion hängt ab von der Konkurrenz zwischen Verleihern und Borgern von Kapital; diese Konkurrenz wird beeinflusst, aber nicht ausschliesslich regu- lirt durch die voraussichtliche Rate des Bruttoprofits. 66) Die Kon- kurrenz wird nicht ausschliesslich hierdurch regulirt, weil auf der einen Seite viele borgen, ohne irgend welche Absicht produktiver Anlage, und weil andrerseits die Grösse des gesammten leih- baren Kapitals wechselt mit dem Reichthum des Landes, unab- hängig von irgend welchem Wechsel im Bruttoprofit.“ (Ramsay, l. c., p. 206, 207.) Um die Durchschnittsrate des Zinses zu finden, ist 1) der Durch- schnitt des Zinsfusses während seiner Variationen in den grossen industriellen Cyklen zu berechnen; 2) der Zinsfuss in solchen An- lagen, wo Kapital für längere Zeit ausgeliehen wird. Die in einem Lande herrschende Durchschnittsrate des Zinses — im Unterschied von den beständig schwankenden Marktraten — ist durchaus durch kein Gesetz bestimmbar. Es gibt in dieser Art keine natürliche Rate des Zinses, in dem Sinn, wie die Oekonomen von einer natürlichen Profitrate und einer natürlichen Rate des Arbeitslohns sprechen. Schon Massie bemerkt hier mit vollem Recht (p. 49): „The only thing which any man can be in doubt about on this occasion, is, what proportion of these profits do of right belong to the borrower, and what to the lender; and this there is no other method of determining than by the opinions of borrowers and lenders in general; for right and wrong, in this respect, are only what common consent makes so.“ Das Decken der Nachfrage und Zufuhr — die Durchschnittsprofitrate als ge- geben vorausgesetzt — heisst hier durchaus nichts. Wo sonst zu dieser Formel Zuflucht genommen wird (und dies ist dann auch praktisch richtig) dient sie als eine Formel, um die von der Kon- kurrenz unabhängige und vielmehr sie bestimmende Grundregel (die regulirenden Grenzen oder die begrenzenden Grössen) zu finden; namentlich als eine Formel für die, in der Praxis der Kon- kurrenz, in ihren Erscheinungen, und den daraus sich entwickelnden Vorstellungen Befangnen, um zu einer, wenn auch selbst wieder oberflächlichen Vorstellung eines innerhalb der Konkurrenz sich darstellenden innern Zusammenhangs der ökonomischen Verhält- 66) Da der Zinsfuss im Ganzen bestimmt ist durch die Durchschnittsprofit- rate, kann sehr oft ausserordentlicher Schwindel mit niedrigem Zinsfuss ver- bunden sein. Z. B. beim Eisenbahnschwindel im Sommer 1844. Der Zins- fuss der Bank von England wurde erst auf 3 % erhöht 16. Oktober 1844.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/381>, abgerufen am 26.11.2024.