Ausserordentliche Weisheit des Herrn Leonce de Lavergne, Membre de l'Institut et de la Societe Centrale d'Agriculture. In seiner Economie Rurale de l'Angleterre, (citirt nach der englischen Ueber- setzung, London 1855) macht er folgenden Vergleich des jährlichen Vortheils vom Rindvieh, das in Frankreich arbeitet und in England nicht, weil ersetzt durch Pferde (p. 42):
[Spaltenumbruch]
Frankreich:
Milch 4 Mill. £
Fleisch 16 " "
Arbeit 8 " "
28 Mill. £.
[Spaltenumbruch]
England:
Milch 16 Mill. £
Fleisch 20 " "
Arbeit -- " "
36 Mill. £.
Nun kommt aber hier das höhere Produkt heraus, weil nach seiner eignen Angabe die Milch in England noch einmal so theuer ist als in Frankreich, während er für Fleisch dieselben Preise in beiden Ländern annimmt (p. 35); also wird das englische Milch- produkt reducirt auf 8 Mill. £ und das Gesammtprodukt auf 28 Mill. £ wie in Frankreich. Es ist in der That etwas stark, wenn Herr Lavergne gleichzeitig die Produktmassen und die Preis- differenzen in seiner Rechnung eingehn lässt, sodass, wenn England gewisse Artikel theurer producirt als Frankreich, was höchstens einen grössern Profit für Pächter und Grundeigenthümer bedeutet, dies als ein Vorzug der englischen Agrikultur erscheint.
Dass Herr Lavergne nicht nur die ökonomischen Erfolge der englischen Landwirthschaft kennt, sondern auch an die Vorurtheile der englischen Pächter und Grundbesitzer glaubt, beweist er p. 48: "Ein grosser Nachtheil ist gewöhnlich mit Getreidepflanzen ver- bunden ... sie erschöpfen den Boden, der sie trägt." Herr Lavergne glaubt nicht nur, dass andre Pflanzen das nicht thun; er glaubt, dass Futterkräuter und Wurzelkräuter den Boden bereichern: "Futterpflanzen ziehn die Hauptelemente ihres Wachsthums aus der Atmosphäre, während sie dem Boden mehr zurückgeben als sie ihm entziehn; sie helfen also sowohl direkt, wie durch ihre Verwandlung in thierischen Dünger, in doppelter Weise den Schaden ersetzen, den Getreidepflanzen und andre erschöpfende Ernten an- gerichtet haben; es ist daher Grundsatz, dass sie mit diesen Ernten mindestens wechseln sollten; hierin besteht die Norfolk Rotation." (p. 50, 51.)
Kein Wunder, wenn Herr Lavergne, der dem englischen länd- lichen Gemüth diese Märchen glaubt, ihm auch glaubt, dass seit Aufhebung der Kornzölle der Lohn der englischen Landtagelöhner seine frühere Anormalität verloren hat. Siehe was wir früher dar- über gesagt Buch I, Kap. XXIII, 5, p. 701--729. Doch hören wir
Ausserordentliche Weisheit des Herrn Léonce de Lavergne, Membre de l’Institut et de la Société Centrale d’Agriculture. In seiner Economie Rurale de l’Angleterre, (citirt nach der englischen Ueber- setzung, London 1855) macht er folgenden Vergleich des jährlichen Vortheils vom Rindvieh, das in Frankreich arbeitet und in England nicht, weil ersetzt durch Pferde (p. 42):
[Spaltenumbruch]
Frankreich:
Milch 4 Mill. £
Fleisch 16 „ „
Arbeit 8 „ „
28 Mill. £.
[Spaltenumbruch]
England:
Milch 16 Mill. £
Fleisch 20 „ „
Arbeit — „ „
36 Mill. £.
Nun kommt aber hier das höhere Produkt heraus, weil nach seiner eignen Angabe die Milch in England noch einmal so theuer ist als in Frankreich, während er für Fleisch dieselben Preise in beiden Ländern annimmt (p. 35); also wird das englische Milch- produkt reducirt auf 8 Mill. £ und das Gesammtprodukt auf 28 Mill. £ wie in Frankreich. Es ist in der That etwas stark, wenn Herr Lavergne gleichzeitig die Produktmassen und die Preis- differenzen in seiner Rechnung eingehn lässt, sodass, wenn England gewisse Artikel theurer producirt als Frankreich, was höchstens einen grössern Profit für Pächter und Grundeigenthümer bedeutet, dies als ein Vorzug der englischen Agrikultur erscheint.
Dass Herr Lavergne nicht nur die ökonomischen Erfolge der englischen Landwirthschaft kennt, sondern auch an die Vorurtheile der englischen Pächter und Grundbesitzer glaubt, beweist er p. 48: „Ein grosser Nachtheil ist gewöhnlich mit Getreidepflanzen ver- bunden … sie erschöpfen den Boden, der sie trägt.“ Herr Lavergne glaubt nicht nur, dass andre Pflanzen das nicht thun; er glaubt, dass Futterkräuter und Wurzelkräuter den Boden bereichern: „Futterpflanzen ziehn die Hauptelemente ihres Wachsthums aus der Atmosphäre, während sie dem Boden mehr zurückgeben als sie ihm entziehn; sie helfen also sowohl direkt, wie durch ihre Verwandlung in thierischen Dünger, in doppelter Weise den Schaden ersetzen, den Getreidepflanzen und andre erschöpfende Ernten an- gerichtet haben; es ist daher Grundsatz, dass sie mit diesen Ernten mindestens wechseln sollten; hierin besteht die Norfolk Rotation.“ (p. 50, 51.)
Kein Wunder, wenn Herr Lavergne, der dem englischen länd- lichen Gemüth diese Märchen glaubt, ihm auch glaubt, dass seit Aufhebung der Kornzölle der Lohn der englischen Landtagelöhner seine frühere Anormalität verloren hat. Siehe was wir früher dar- über gesagt Buch I, Kap. XXIII, 5, p. 701—729. Doch hören wir
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0179"n="170"/><p>Ausserordentliche Weisheit des Herrn Léonce de Lavergne, Membre<lb/>
de l’Institut et de la Société Centrale d’Agriculture. In seiner<lb/>
Economie Rurale de l’Angleterre, (citirt nach der englischen Ueber-<lb/>
setzung, London 1855) macht er folgenden Vergleich des jährlichen<lb/>
Vortheils vom Rindvieh, das in Frankreich arbeitet und in England<lb/>
nicht, weil ersetzt durch Pferde (p. 42):</p><lb/><cb/><p>Frankreich:</p><list><item>Milch 4 Mill. <hirendition="#i">£</hi></item><lb/><item>Fleisch 16 „„</item><lb/><item>Arbeit <hirendition="#u">8 „„</hi></item><lb/><item><hirendition="#et">28 Mill. <hirendition="#i">£</hi>.</hi></item></list><lb/><cb/><p>England:</p><list><item>Milch 16 Mill. <hirendition="#i">£</hi></item><lb/><item>Fleisch 20 „„</item><lb/><item>Arbeit <hirendition="#u">—„„</hi></item><lb/><item><hirendition="#et">36 Mill. <hirendition="#i">£</hi>.</hi></item></list><lb/><p>Nun kommt aber hier das höhere Produkt heraus, weil nach<lb/>
seiner eignen Angabe die Milch in England noch einmal so theuer<lb/>
ist als in Frankreich, während er für Fleisch dieselben Preise in<lb/>
beiden Ländern annimmt (p. 35); also wird das englische Milch-<lb/>
produkt reducirt auf 8 Mill. <hirendition="#i">£</hi> und das Gesammtprodukt auf<lb/>
28 Mill. <hirendition="#i">£</hi> wie in Frankreich. Es ist in der That etwas stark,<lb/>
wenn Herr Lavergne gleichzeitig die Produktmassen und die Preis-<lb/>
differenzen in seiner Rechnung eingehn lässt, sodass, wenn England<lb/>
gewisse Artikel theurer producirt als Frankreich, was höchstens<lb/>
einen grössern Profit für Pächter und Grundeigenthümer bedeutet,<lb/>
dies als ein Vorzug der englischen Agrikultur erscheint.</p><lb/><p>Dass Herr Lavergne nicht nur die ökonomischen Erfolge der<lb/>
englischen Landwirthschaft kennt, sondern auch an die Vorurtheile<lb/>
der englischen Pächter und Grundbesitzer glaubt, beweist er p. 48:<lb/>„Ein grosser Nachtheil ist gewöhnlich mit Getreidepflanzen ver-<lb/>
bunden … sie erschöpfen den Boden, der sie trägt.“ Herr Lavergne<lb/>
glaubt nicht nur, dass andre Pflanzen das nicht thun; er glaubt,<lb/>
dass Futterkräuter und Wurzelkräuter den Boden bereichern:<lb/>„Futterpflanzen ziehn die Hauptelemente ihres Wachsthums aus<lb/>
der Atmosphäre, während sie dem Boden mehr zurückgeben als<lb/>
sie ihm entziehn; sie helfen also sowohl direkt, wie durch ihre<lb/>
Verwandlung in thierischen Dünger, in doppelter Weise den Schaden<lb/>
ersetzen, den Getreidepflanzen und andre erschöpfende Ernten an-<lb/>
gerichtet haben; es ist daher Grundsatz, dass sie mit diesen Ernten<lb/>
mindestens wechseln sollten; hierin besteht die Norfolk Rotation.“<lb/>
(p. 50, 51.)</p><lb/><p>Kein Wunder, wenn Herr Lavergne, der dem englischen länd-<lb/>
lichen Gemüth diese Märchen glaubt, ihm auch glaubt, dass seit<lb/>
Aufhebung der Kornzölle der Lohn der englischen Landtagelöhner<lb/>
seine frühere Anormalität verloren hat. Siehe was wir früher dar-<lb/>
über gesagt Buch I, Kap. XXIII, 5, p. 701—729. Doch hören wir<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[170/0179]
Ausserordentliche Weisheit des Herrn Léonce de Lavergne, Membre
de l’Institut et de la Société Centrale d’Agriculture. In seiner
Economie Rurale de l’Angleterre, (citirt nach der englischen Ueber-
setzung, London 1855) macht er folgenden Vergleich des jährlichen
Vortheils vom Rindvieh, das in Frankreich arbeitet und in England
nicht, weil ersetzt durch Pferde (p. 42):
Frankreich:
Milch 4 Mill. £
Fleisch 16 „ „
Arbeit 8 „ „
28 Mill. £.
England:
Milch 16 Mill. £
Fleisch 20 „ „
Arbeit — „ „
36 Mill. £.
Nun kommt aber hier das höhere Produkt heraus, weil nach
seiner eignen Angabe die Milch in England noch einmal so theuer
ist als in Frankreich, während er für Fleisch dieselben Preise in
beiden Ländern annimmt (p. 35); also wird das englische Milch-
produkt reducirt auf 8 Mill. £ und das Gesammtprodukt auf
28 Mill. £ wie in Frankreich. Es ist in der That etwas stark,
wenn Herr Lavergne gleichzeitig die Produktmassen und die Preis-
differenzen in seiner Rechnung eingehn lässt, sodass, wenn England
gewisse Artikel theurer producirt als Frankreich, was höchstens
einen grössern Profit für Pächter und Grundeigenthümer bedeutet,
dies als ein Vorzug der englischen Agrikultur erscheint.
Dass Herr Lavergne nicht nur die ökonomischen Erfolge der
englischen Landwirthschaft kennt, sondern auch an die Vorurtheile
der englischen Pächter und Grundbesitzer glaubt, beweist er p. 48:
„Ein grosser Nachtheil ist gewöhnlich mit Getreidepflanzen ver-
bunden … sie erschöpfen den Boden, der sie trägt.“ Herr Lavergne
glaubt nicht nur, dass andre Pflanzen das nicht thun; er glaubt,
dass Futterkräuter und Wurzelkräuter den Boden bereichern:
„Futterpflanzen ziehn die Hauptelemente ihres Wachsthums aus
der Atmosphäre, während sie dem Boden mehr zurückgeben als
sie ihm entziehn; sie helfen also sowohl direkt, wie durch ihre
Verwandlung in thierischen Dünger, in doppelter Weise den Schaden
ersetzen, den Getreidepflanzen und andre erschöpfende Ernten an-
gerichtet haben; es ist daher Grundsatz, dass sie mit diesen Ernten
mindestens wechseln sollten; hierin besteht die Norfolk Rotation.“
(p. 50, 51.)
Kein Wunder, wenn Herr Lavergne, der dem englischen länd-
lichen Gemüth diese Märchen glaubt, ihm auch glaubt, dass seit
Aufhebung der Kornzölle der Lohn der englischen Landtagelöhner
seine frühere Anormalität verloren hat. Siehe was wir früher dar-
über gesagt Buch I, Kap. XXIII, 5, p. 701—729. Doch hören wir
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/179>, abgerufen am 17.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.