Weil, so lange der Pachtvertrag dauert, die Schranke des Grund- eigenthums für die Anlage seines Kapitals im Boden weggefallen ist. Der blosse Umstand jedoch, dass um ihm diesen Surplusprofit zu sichern, zusätzlicher schlechterer Boden selbständig in Anbruch genommen und selbständig verpachtet werden muss, beweist un- widerleglich, dass die Anlage von Zusatzkapital auf dem alten Boden zur Herstellung der erforderlichen vermehrten Zufuhr nicht ausreicht. Die eine Annahme schliesst die andre aus. Man könnte nun zwar sagen: die Rente der schlechtesten Bodenart A ist selbst Differentialrente, verglichen entweder mit dem Boden, der vom Eigenthümer selbst bebaut wird (dies kommt jedoch rein als zu- fällige Ausnahme vor), oder mit der zusätzlichen Kapitalanlage auf den alten Pachtungen, die keine Rente abwerfen. Es wäre dies aber 1) eine Differentialrente, die nicht aus der Verschiedenheit der Fruchtbarkeit der Bodenarten entspränge, und daher nicht voraussetzte, dass die Bodenart A keine Rente zahlt und ihr Pro- dukt zum Produktionspreis verkauft. Und 2) der Umstand, ob zu- sätzliche Kapitalanlagen auf derselben Pachtung Rente abwerfen oder nicht, ist ganz so gleichgültig für den Umstand, ob der neu zu bestellende Boden der Klasse A Rente zahlt oder nicht, wie es z. B. für die Anlage eines neuen selbständigen Fabrikgeschäfts gleichgültig ist, ob ein andrer Fabrikant desselben Geschäftszweigs einen Theil seines Kapitals in zinstragenden Papieren anlegt, weil er ihn nicht in seinem Geschäft ganz verwerthen kann; oder ob er einzelne Erweiterungen macht, die ihm nicht den vollen Profit abwerfen, aber doch mehr als den Zins. Für ihn ist das Neben- sache. Die zusätzlichen neuen Etablissements müssen dagegen den Durchschnittsprofit abwerfen, und werden unter dieser Erwartung errichtet. Allerdings bilden die zusätzlichen Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen und die zusätzliche Bebauung von Neuland der Bodenart A Schranken für einander. Die Grenze, bis zu der zusätzliches Kapital unter ungünstigeren Produktionsbedingungen auf derselben Pachtung angelegt werden kann, wird gegeben durch die konkurrirenden Neuanlagen auf Bodenklasse A; andrerseits wird die Rente, die diese Bodenklasse abwerfen kann, begrenzt durch die konkurrirenden zusätzlichen Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen.
Alle diesen falschen Ausflüchte lösen jedoch nicht das Problem, welches einfach hingestellt dieses ist: Gesetzt, der Marktpreis des Getreides (das uns in dieser Untersuchung alles Bodenprodukt ver- tritt) reiche hin, dass Theile der Bodenklasse A in Anbau genommen
Weil, so lange der Pachtvertrag dauert, die Schranke des Grund- eigenthums für die Anlage seines Kapitals im Boden weggefallen ist. Der blosse Umstand jedoch, dass um ihm diesen Surplusprofit zu sichern, zusätzlicher schlechterer Boden selbständig in Anbruch genommen und selbständig verpachtet werden muss, beweist un- widerleglich, dass die Anlage von Zusatzkapital auf dem alten Boden zur Herstellung der erforderlichen vermehrten Zufuhr nicht ausreicht. Die eine Annahme schliesst die andre aus. Man könnte nun zwar sagen: die Rente der schlechtesten Bodenart A ist selbst Differentialrente, verglichen entweder mit dem Boden, der vom Eigenthümer selbst bebaut wird (dies kommt jedoch rein als zu- fällige Ausnahme vor), oder mit der zusätzlichen Kapitalanlage auf den alten Pachtungen, die keine Rente abwerfen. Es wäre dies aber 1) eine Differentialrente, die nicht aus der Verschiedenheit der Fruchtbarkeit der Bodenarten entspränge, und daher nicht voraussetzte, dass die Bodenart A keine Rente zahlt und ihr Pro- dukt zum Produktionspreis verkauft. Und 2) der Umstand, ob zu- sätzliche Kapitalanlagen auf derselben Pachtung Rente abwerfen oder nicht, ist ganz so gleichgültig für den Umstand, ob der neu zu bestellende Boden der Klasse A Rente zahlt oder nicht, wie es z. B. für die Anlage eines neuen selbständigen Fabrikgeschäfts gleichgültig ist, ob ein andrer Fabrikant desselben Geschäftszweigs einen Theil seines Kapitals in zinstragenden Papieren anlegt, weil er ihn nicht in seinem Geschäft ganz verwerthen kann; oder ob er einzelne Erweiterungen macht, die ihm nicht den vollen Profit abwerfen, aber doch mehr als den Zins. Für ihn ist das Neben- sache. Die zusätzlichen neuen Etablissements müssen dagegen den Durchschnittsprofit abwerfen, und werden unter dieser Erwartung errichtet. Allerdings bilden die zusätzlichen Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen und die zusätzliche Bebauung von Neuland der Bodenart A Schranken für einander. Die Grenze, bis zu der zusätzliches Kapital unter ungünstigeren Produktionsbedingungen auf derselben Pachtung angelegt werden kann, wird gegeben durch die konkurrirenden Neuanlagen auf Bodenklasse A; andrerseits wird die Rente, die diese Bodenklasse abwerfen kann, begrenzt durch die konkurrirenden zusätzlichen Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen.
Alle diesen falschen Ausflüchte lösen jedoch nicht das Problem, welches einfach hingestellt dieses ist: Gesetzt, der Marktpreis des Getreides (das uns in dieser Untersuchung alles Bodenprodukt ver- tritt) reiche hin, dass Theile der Bodenklasse A in Anbau genommen
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Weil, so lange der Pachtvertrag dauert, die Schranke des Grund-
eigenthums für die Anlage seines Kapitals im Boden weggefallen
ist. Der blosse Umstand jedoch, dass um ihm diesen Surplusprofit
zu sichern, zusätzlicher schlechterer Boden selbständig in Anbruch
genommen und selbständig verpachtet werden muss, beweist un-
widerleglich, dass die Anlage von Zusatzkapital auf dem alten
Boden zur Herstellung der erforderlichen vermehrten Zufuhr nicht
ausreicht. Die eine Annahme schliesst die andre aus. Man könnte
nun zwar sagen: die Rente der schlechtesten Bodenart A ist selbst
Differentialrente, verglichen entweder mit dem Boden, der vom
Eigenthümer selbst bebaut wird (dies kommt jedoch rein als zu-
fällige Ausnahme vor), oder mit der zusätzlichen Kapitalanlage auf
den alten Pachtungen, die keine Rente abwerfen. Es wäre dies
aber 1) eine Differentialrente, die nicht aus der Verschiedenheit
der Fruchtbarkeit der Bodenarten entspränge, und daher nicht
voraussetzte, dass die Bodenart A keine Rente zahlt und ihr Pro-
dukt zum Produktionspreis verkauft. Und 2) der Umstand, ob zu-
sätzliche Kapitalanlagen auf derselben Pachtung Rente abwerfen
oder nicht, ist ganz so gleichgültig für den Umstand, ob der neu
zu bestellende Boden der Klasse A Rente zahlt oder nicht, wie es
z. B. für die Anlage eines neuen selbständigen Fabrikgeschäfts
gleichgültig ist, ob ein andrer Fabrikant desselben Geschäftszweigs
einen Theil seines Kapitals in zinstragenden Papieren anlegt, weil
er ihn nicht in seinem Geschäft ganz verwerthen kann; oder ob
er einzelne Erweiterungen macht, die ihm nicht den vollen Profit
abwerfen, aber doch mehr als den Zins. Für ihn ist das Neben-
sache. Die zusätzlichen neuen Etablissements müssen dagegen den
Durchschnittsprofit abwerfen, und werden unter dieser Erwartung
errichtet. Allerdings bilden die zusätzlichen Kapitalanlagen auf
den alten Pachtungen und die zusätzliche Bebauung von Neuland
der Bodenart A Schranken für einander. Die Grenze, bis zu der
zusätzliches Kapital unter ungünstigeren Produktionsbedingungen
auf derselben Pachtung angelegt werden kann, wird gegeben durch
die konkurrirenden Neuanlagen auf Bodenklasse A; andrerseits
wird die Rente, die diese Bodenklasse abwerfen kann, begrenzt
durch die konkurrirenden zusätzlichen Kapitalanlagen auf den alten
Pachtungen.
Alle diesen falschen Ausflüchte lösen jedoch nicht das Problem,
welches einfach hingestellt dieses ist: Gesetzt, der Marktpreis des
Getreides (das uns in dieser Untersuchung alles Bodenprodukt ver-
tritt) reiche hin, dass Theile der Bodenklasse A in Anbau genommen
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/294>, abgerufen am 24.11.2024.
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