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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

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mit dem Arbeitslohn zerfliesst, oder höchstens als ein vom Kapi-
talisten dem Grundeigenthümer abgepresster Theil dieses Mehr-
werths erscheint. Sie gehn also von einem Zustand aus, wo erstens
die agrikole Bevölkerung noch den weit überwiegenden Theil der
Nation ausmacht, und wo zweitens der Grundeigenthümer noch als
die Person erscheint, die in erster Hand die überschüssige Arbeit
der unmittelbaren Producenten vermittelst des Monopols des Grund-
eigenthums sich aneignet, wo also das Grundeigenthum auch noch
als die Hauptbedingung der Produktion erscheint. Für sie konnte
eine Fragestellung noch nicht existiren, die umgekehrt, vom Stand-
punkt der kapitalistischen Produktionsweise aus zu erforschen sucht,
wie das Grundeigenthum es fertig bringt, dem Kapital einen Theil
des von diesem producirten (d. h. den unmittelbaren Producenten
ausgepressten) und in erster Hand bereits angeeigneten Mehrwerths
wieder zu entziehn.

Bei den Physiokraten ist die Schwierigkeit schon andrer Natur.
Als in der That die ersten systematischen Dollmetscher des Kapi-
tals, suchen sie die Natur des Mehrwerths überhaupt zu analysiren.
Die Analyse fällt für sie zusammen mit der Analyse der Rente,
der einzigen Form, worin der Mehrwerth für sie existirt. Das
Rente tragende oder agrikole Kapital ist für sie daher das einzige
Mehrwerth erzeugende Kapital, und die von ihm in Bewegung
gesetzte agrikole Arbeit die allein Mehrwerth setzende, also vom
kapitalistischen Standpunkt aus ganz richtig die einzige produktive
Arbeit. Die Erzeugung von Mehrwerth gilt ihnen ganz richtig als
das bestimmende. Sie haben, von andren in Buch IV auseinander
zu setzenden Verdiensten abgesehn, zunächst das grosse Verdienst,
von dem allein in der Cirkulationssphäre fungirenden Handels-
kapital zurückzugehn zum produktiven Kapital, im Gegensatz zum
Merkantilsystem, das in seinem groben Realismus die eigentliche
Vulgärökonomie jener Zeit bildet, vor deren praktischen Interessen
die Anfänge wissenschaftlicher Analyse durch Petty und seine Nach-
folger ganz in den Hintergrund gedrängt waren. Beiläufig handelt
es sich hier, bei der Kritik des Merkantilsystems, nur um seine
Anschauungen von Kapital und Mehrwerth. Es ist schon früher
bemerkt worden, dass das Monetarsystem die Produktion für den
Weltmarkt und die Verwandlung des Produkts in Waare, daher
in Geld, richtig als Voraussetzung und Bedingung der kapitalistischen
Produktion verkündet. In seiner Fortsetzung im Merkantilsystem
entscheidet nicht mehr die Verwandlung des Waarenwerths in Geld,
sondern die Erzeugung von Mehrwerth, aber vom begriffslosen

mit dem Arbeitslohn zerfliesst, oder höchstens als ein vom Kapi-
talisten dem Grundeigenthümer abgepresster Theil dieses Mehr-
werths erscheint. Sie gehn also von einem Zustand aus, wo erstens
die agrikole Bevölkerung noch den weit überwiegenden Theil der
Nation ausmacht, und wo zweitens der Grundeigenthümer noch als
die Person erscheint, die in erster Hand die überschüssige Arbeit
der unmittelbaren Producenten vermittelst des Monopols des Grund-
eigenthums sich aneignet, wo also das Grundeigenthum auch noch
als die Hauptbedingung der Produktion erscheint. Für sie konnte
eine Fragestellung noch nicht existiren, die umgekehrt, vom Stand-
punkt der kapitalistischen Produktionsweise aus zu erforschen sucht,
wie das Grundeigenthum es fertig bringt, dem Kapital einen Theil
des von diesem producirten (d. h. den unmittelbaren Producenten
ausgepressten) und in erster Hand bereits angeeigneten Mehrwerths
wieder zu entziehn.

Bei den Physiokraten ist die Schwierigkeit schon andrer Natur.
Als in der That die ersten systematischen Dollmetscher des Kapi-
tals, suchen sie die Natur des Mehrwerths überhaupt zu analysiren.
Die Analyse fällt für sie zusammen mit der Analyse der Rente,
der einzigen Form, worin der Mehrwerth für sie existirt. Das
Rente tragende oder agrikole Kapital ist für sie daher das einzige
Mehrwerth erzeugende Kapital, und die von ihm in Bewegung
gesetzte agrikole Arbeit die allein Mehrwerth setzende, also vom
kapitalistischen Standpunkt aus ganz richtig die einzige produktive
Arbeit. Die Erzeugung von Mehrwerth gilt ihnen ganz richtig als
das bestimmende. Sie haben, von andren in Buch IV auseinander
zu setzenden Verdiensten abgesehn, zunächst das grosse Verdienst,
von dem allein in der Cirkulationssphäre fungirenden Handels-
kapital zurückzugehn zum produktiven Kapital, im Gegensatz zum
Merkantilsystem, das in seinem groben Realismus die eigentliche
Vulgärökonomie jener Zeit bildet, vor deren praktischen Interessen
die Anfänge wissenschaftlicher Analyse durch Petty und seine Nach-
folger ganz in den Hintergrund gedrängt waren. Beiläufig handelt
es sich hier, bei der Kritik des Merkantilsystems, nur um seine
Anschauungen von Kapital und Mehrwerth. Es ist schon früher
bemerkt worden, dass das Monetarsystem die Produktion für den
Weltmarkt und die Verwandlung des Produkts in Waare, daher
in Geld, richtig als Voraussetzung und Bedingung der kapitalistischen
Produktion verkündet. In seiner Fortsetzung im Merkantilsystem
entscheidet nicht mehr die Verwandlung des Waarenwerths in Geld,
sondern die Erzeugung von Mehrwerth, aber vom begriffslosen

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[317/0326] mit dem Arbeitslohn zerfliesst, oder höchstens als ein vom Kapi- talisten dem Grundeigenthümer abgepresster Theil dieses Mehr- werths erscheint. Sie gehn also von einem Zustand aus, wo erstens die agrikole Bevölkerung noch den weit überwiegenden Theil der Nation ausmacht, und wo zweitens der Grundeigenthümer noch als die Person erscheint, die in erster Hand die überschüssige Arbeit der unmittelbaren Producenten vermittelst des Monopols des Grund- eigenthums sich aneignet, wo also das Grundeigenthum auch noch als die Hauptbedingung der Produktion erscheint. Für sie konnte eine Fragestellung noch nicht existiren, die umgekehrt, vom Stand- punkt der kapitalistischen Produktionsweise aus zu erforschen sucht, wie das Grundeigenthum es fertig bringt, dem Kapital einen Theil des von diesem producirten (d. h. den unmittelbaren Producenten ausgepressten) und in erster Hand bereits angeeigneten Mehrwerths wieder zu entziehn. Bei den Physiokraten ist die Schwierigkeit schon andrer Natur. Als in der That die ersten systematischen Dollmetscher des Kapi- tals, suchen sie die Natur des Mehrwerths überhaupt zu analysiren. Die Analyse fällt für sie zusammen mit der Analyse der Rente, der einzigen Form, worin der Mehrwerth für sie existirt. Das Rente tragende oder agrikole Kapital ist für sie daher das einzige Mehrwerth erzeugende Kapital, und die von ihm in Bewegung gesetzte agrikole Arbeit die allein Mehrwerth setzende, also vom kapitalistischen Standpunkt aus ganz richtig die einzige produktive Arbeit. Die Erzeugung von Mehrwerth gilt ihnen ganz richtig als das bestimmende. Sie haben, von andren in Buch IV auseinander zu setzenden Verdiensten abgesehn, zunächst das grosse Verdienst, von dem allein in der Cirkulationssphäre fungirenden Handels- kapital zurückzugehn zum produktiven Kapital, im Gegensatz zum Merkantilsystem, das in seinem groben Realismus die eigentliche Vulgärökonomie jener Zeit bildet, vor deren praktischen Interessen die Anfänge wissenschaftlicher Analyse durch Petty und seine Nach- folger ganz in den Hintergrund gedrängt waren. Beiläufig handelt es sich hier, bei der Kritik des Merkantilsystems, nur um seine Anschauungen von Kapital und Mehrwerth. Es ist schon früher bemerkt worden, dass das Monetarsystem die Produktion für den Weltmarkt und die Verwandlung des Produkts in Waare, daher in Geld, richtig als Voraussetzung und Bedingung der kapitalistischen Produktion verkündet. In seiner Fortsetzung im Merkantilsystem entscheidet nicht mehr die Verwandlung des Waarenwerths in Geld, sondern die Erzeugung von Mehrwerth, aber vom begriffslosen

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/326>, abgerufen am 23.11.2024.