Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

Man könnte sich einbilden, dass das blosse Eintreten des kapi-
talistischen Pächters in die landwirthschaftliche Produktion den
Beweis liefre, dass der Preis der Bodenprodukte, die von jeher in
der einen oder andern Form eine Rente zahlten, wenigstens zur
Zeit dieses Eintritts über den Produktionspreisen der Manufaktur
stehn muss; sei es weil er die Höhe eines Monopolpreises erreicht,
sei es weil er bis auf den Werth der Bodenprodukte gestiegen,
und ihr Werth in der That über dem durch den Durchschnitts-
profit regulirten Produktionspreis steht. Denn wenn nicht, so
könnte der kapitalistische Pächter, bei den vorgefundnen Preisen
der Bodenprodukte, unmöglich erst den Durchschnittsprofit aus dem
Preis dieser Produkte realisiren und dann aus demselben Preis noch
einen Ueberschuss über diesen Profit unter der Form der Rente
zahlen. Man könnte danach schliessen, dass die allgemeine Profit-
rate, die den kapitalistischen Pächter in seinem Kontrakt mit dem
Grundeigenthümer bestimmt, gebildet war ohne Einbegriff der Rente
und daher, sobald sie regulirend in die ländliche Produktion ein-
tritt, diesen Ueberschuss vorfindet und an den Grundeigenthümer
zahlt. Es ist in dieser traditionellen Weise, dass sich z. B. Herr
Rodbertus die Sache erklärt. Aber:

Erstens. Dieser Eintritt des Kapitals als selbständiger und
leitender Macht in den Ackerbau findet nicht auf einmal und all-
gemein, sondern allmälig und in besondren Produktionszweigen
statt. Er ergreift zuerst nicht den eigentlichen Ackerbau, sondern
Produktionszweige wie die Viehzucht, namentlich Schafzucht, deren
Hauptprodukt, die Wolle, bei Emporkommen der Industrie zunächst
beständigen Ueberschuss des Marktpreises über den Produktions-
preis bietet, was sich erst später ausgleicht. So in England während
des 16. Jahrhunderts.

Zweitens. Da diese kapitalistische Produktion zunächst nur
sporadisch eintritt, so ist keineswegs etwas gegen die Annahme
aufzubringen, dass sie zunächst nur solcher Komplexe von Lände-
reien sich bemächtigt, die in Folge ihrer specifischen Fruchtbarkeit
oder besonders günstigen Lage, im Ganzen eine Differentialrente
zahlen können.

Drittens. Gesetzt selbst, die Preise des Bodenprodukts ständen
beim Eintritt dieser Produktionsweise, die in der That ein zu-
nehmendes Gewicht der städtischen Nachfrage voraussetzt, über dem
Produktionspreis, wie dies z. B. im letzten Drittel des 17. Jahr-
hunderts in England zweifelsohne der Fall war; so wird, sobald
diese Produktionsweise sich einigermaßen aus der blossen Subsumtion

Man könnte sich einbilden, dass das blosse Eintreten des kapi-
talistischen Pächters in die landwirthschaftliche Produktion den
Beweis liefre, dass der Preis der Bodenprodukte, die von jeher in
der einen oder andern Form eine Rente zahlten, wenigstens zur
Zeit dieses Eintritts über den Produktionspreisen der Manufaktur
stehn muss; sei es weil er die Höhe eines Monopolpreises erreicht,
sei es weil er bis auf den Werth der Bodenprodukte gestiegen,
und ihr Werth in der That über dem durch den Durchschnitts-
profit regulirten Produktionspreis steht. Denn wenn nicht, so
könnte der kapitalistische Pächter, bei den vorgefundnen Preisen
der Bodenprodukte, unmöglich erst den Durchschnittsprofit aus dem
Preis dieser Produkte realisiren und dann aus demselben Preis noch
einen Ueberschuss über diesen Profit unter der Form der Rente
zahlen. Man könnte danach schliessen, dass die allgemeine Profit-
rate, die den kapitalistischen Pächter in seinem Kontrakt mit dem
Grundeigenthümer bestimmt, gebildet war ohne Einbegriff der Rente
und daher, sobald sie regulirend in die ländliche Produktion ein-
tritt, diesen Ueberschuss vorfindet und an den Grundeigenthümer
zahlt. Es ist in dieser traditionellen Weise, dass sich z. B. Herr
Rodbertus die Sache erklärt. Aber:

Erstens. Dieser Eintritt des Kapitals als selbständiger und
leitender Macht in den Ackerbau findet nicht auf einmal und all-
gemein, sondern allmälig und in besondren Produktionszweigen
statt. Er ergreift zuerst nicht den eigentlichen Ackerbau, sondern
Produktionszweige wie die Viehzucht, namentlich Schafzucht, deren
Hauptprodukt, die Wolle, bei Emporkommen der Industrie zunächst
beständigen Ueberschuss des Marktpreises über den Produktions-
preis bietet, was sich erst später ausgleicht. So in England während
des 16. Jahrhunderts.

Zweitens. Da diese kapitalistische Produktion zunächst nur
sporadisch eintritt, so ist keineswegs etwas gegen die Annahme
aufzubringen, dass sie zunächst nur solcher Komplexe von Lände-
reien sich bemächtigt, die in Folge ihrer specifischen Fruchtbarkeit
oder besonders günstigen Lage, im Ganzen eine Differentialrente
zahlen können.

Drittens. Gesetzt selbst, die Preise des Bodenprodukts ständen
beim Eintritt dieser Produktionsweise, die in der That ein zu-
nehmendes Gewicht der städtischen Nachfrage voraussetzt, über dem
Produktionspreis, wie dies z. B. im letzten Drittel des 17. Jahr-
hunderts in England zweifelsohne der Fall war; so wird, sobald
diese Produktionsweise sich einigermaßen aus der blossen Subsumtion

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0344" n="335"/>
              <p>Man könnte sich einbilden, dass das blosse Eintreten des kapi-<lb/>
talistischen Pächters in die landwirthschaftliche Produktion den<lb/>
Beweis liefre, dass der Preis der Bodenprodukte, die von jeher in<lb/>
der einen oder andern Form eine Rente zahlten, wenigstens zur<lb/>
Zeit dieses Eintritts über den Produktionspreisen der Manufaktur<lb/>
stehn muss; sei es weil er die Höhe eines Monopolpreises erreicht,<lb/>
sei es weil er bis auf den Werth der Bodenprodukte gestiegen,<lb/>
und ihr Werth in der That über dem durch den Durchschnitts-<lb/>
profit regulirten Produktionspreis steht. Denn wenn nicht, so<lb/>
könnte der kapitalistische Pächter, bei den vorgefundnen Preisen<lb/>
der Bodenprodukte, unmöglich erst den Durchschnittsprofit aus dem<lb/>
Preis dieser Produkte realisiren und dann aus demselben Preis noch<lb/>
einen Ueberschuss über diesen Profit unter der Form der Rente<lb/>
zahlen. Man könnte danach schliessen, dass die allgemeine Profit-<lb/>
rate, die den kapitalistischen Pächter in seinem Kontrakt mit dem<lb/>
Grundeigenthümer bestimmt, gebildet war ohne Einbegriff der Rente<lb/>
und daher, sobald sie regulirend in die ländliche Produktion ein-<lb/>
tritt, diesen Ueberschuss vorfindet und an den Grundeigenthümer<lb/>
zahlt. Es ist in dieser traditionellen Weise, dass sich z. B. Herr<lb/>
Rodbertus die Sache erklärt. Aber:</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Erstens</hi>. Dieser Eintritt des Kapitals als selbständiger und<lb/>
leitender Macht in den Ackerbau findet nicht auf einmal und all-<lb/>
gemein, sondern allmälig und in besondren Produktionszweigen<lb/>
statt. Er ergreift zuerst nicht den eigentlichen Ackerbau, sondern<lb/>
Produktionszweige wie die Viehzucht, namentlich Schafzucht, deren<lb/>
Hauptprodukt, die Wolle, bei Emporkommen der Industrie zunächst<lb/>
beständigen Ueberschuss des Marktpreises über den Produktions-<lb/>
preis bietet, was sich erst später ausgleicht. So in England während<lb/>
des 16. Jahrhunderts.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Zweitens</hi>. Da diese kapitalistische Produktion zunächst nur<lb/>
sporadisch eintritt, so ist keineswegs etwas gegen die Annahme<lb/>
aufzubringen, dass sie zunächst nur solcher Komplexe von Lände-<lb/>
reien sich bemächtigt, die in Folge ihrer specifischen Fruchtbarkeit<lb/>
oder besonders günstigen Lage, im Ganzen eine Differentialrente<lb/>
zahlen können.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Drittens</hi>. Gesetzt selbst, die Preise des Bodenprodukts ständen<lb/>
beim Eintritt dieser Produktionsweise, die in der That ein zu-<lb/>
nehmendes Gewicht der städtischen Nachfrage voraussetzt, über dem<lb/>
Produktionspreis, wie dies z. B. im letzten Drittel des 17. Jahr-<lb/>
hunderts in England zweifelsohne der Fall war; so wird, sobald<lb/>
diese Produktionsweise sich einigermaßen aus der blossen Subsumtion<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[335/0344] Man könnte sich einbilden, dass das blosse Eintreten des kapi- talistischen Pächters in die landwirthschaftliche Produktion den Beweis liefre, dass der Preis der Bodenprodukte, die von jeher in der einen oder andern Form eine Rente zahlten, wenigstens zur Zeit dieses Eintritts über den Produktionspreisen der Manufaktur stehn muss; sei es weil er die Höhe eines Monopolpreises erreicht, sei es weil er bis auf den Werth der Bodenprodukte gestiegen, und ihr Werth in der That über dem durch den Durchschnitts- profit regulirten Produktionspreis steht. Denn wenn nicht, so könnte der kapitalistische Pächter, bei den vorgefundnen Preisen der Bodenprodukte, unmöglich erst den Durchschnittsprofit aus dem Preis dieser Produkte realisiren und dann aus demselben Preis noch einen Ueberschuss über diesen Profit unter der Form der Rente zahlen. Man könnte danach schliessen, dass die allgemeine Profit- rate, die den kapitalistischen Pächter in seinem Kontrakt mit dem Grundeigenthümer bestimmt, gebildet war ohne Einbegriff der Rente und daher, sobald sie regulirend in die ländliche Produktion ein- tritt, diesen Ueberschuss vorfindet und an den Grundeigenthümer zahlt. Es ist in dieser traditionellen Weise, dass sich z. B. Herr Rodbertus die Sache erklärt. Aber: Erstens. Dieser Eintritt des Kapitals als selbständiger und leitender Macht in den Ackerbau findet nicht auf einmal und all- gemein, sondern allmälig und in besondren Produktionszweigen statt. Er ergreift zuerst nicht den eigentlichen Ackerbau, sondern Produktionszweige wie die Viehzucht, namentlich Schafzucht, deren Hauptprodukt, die Wolle, bei Emporkommen der Industrie zunächst beständigen Ueberschuss des Marktpreises über den Produktions- preis bietet, was sich erst später ausgleicht. So in England während des 16. Jahrhunderts. Zweitens. Da diese kapitalistische Produktion zunächst nur sporadisch eintritt, so ist keineswegs etwas gegen die Annahme aufzubringen, dass sie zunächst nur solcher Komplexe von Lände- reien sich bemächtigt, die in Folge ihrer specifischen Fruchtbarkeit oder besonders günstigen Lage, im Ganzen eine Differentialrente zahlen können. Drittens. Gesetzt selbst, die Preise des Bodenprodukts ständen beim Eintritt dieser Produktionsweise, die in der That ein zu- nehmendes Gewicht der städtischen Nachfrage voraussetzt, über dem Produktionspreis, wie dies z. B. im letzten Drittel des 17. Jahr- hunderts in England zweifelsohne der Fall war; so wird, sobald diese Produktionsweise sich einigermaßen aus der blossen Subsumtion

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/344
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/344>, abgerufen am 23.11.2024.