Wachsen des produktiven Kapitals aus, wie die wachsenden Depo- siten bei den Londoner Aktienbanken, sobald diese anfingen, Zinsen auf Depositen zu zahlen. Solange die Produktionsleiter dieselbe bleibt, bewirkt diese Expansion nur Reichlichkeit des leihbaren Geldkapitals gegenüber dem produktiven. Daher niedriger Zinsfuss.
Hat der Reproduktionsprocess wieder den Stand der Blüte er- reicht, der dem der Ueberanspannung vorhergeht, so erreicht der kommercielle Kredit eine sehr grosse Ausdehnung, die dann in der That wieder die "gesunde" Basis leicht eingehender Rückflüsse und ausgedehnter Produktion hat. In diesem Zustand ist der Zins- fuss immer noch niedrig, wenn er auch über sein Minimum steigt. Es ist dies in der That der einzige Zeitpunkt, wo gesagt werden kann, dass niedriger Zinsfuss, und daher relative Reichlichkeit des verleihbaren Kapitals, zusammenfällt mit wirklicher Ausdehnung des industriellen Kapitals. Die Leichtigkeit und Regelmäßigkeit der Rückflüsse, verknüpft mit einem ausgedehnten kommerciellen Kredit, sichert das Angebot von Leihkapital trotz der gesteigerten Nachfrage, und verhindert das Niveau des Zinsfusses zu steigen. Andrerseits kommen jetzt erst in merklichem Grad die Ritter her- ein, die ohne Reservekapital oder überhaupt ohne Kapital arbeiten, und daher ganz auf den Geldkredit hin operiren. Es kommt jetzt auch hinzu die grosse Ansdehnung des fixen Kapitals in allen Formen, und die massenhafte Eröffnung neuer weitreichender Unter- nehmungen. Der Zins steigt jetzt auf seine Durchschnittshöhe. Sein Maximum erreicht er wieder, sobald die neue Krisis herein- bricht, der Kredit plötzlich aufhört, die Zahlungen stocken, der Reproduktionsprocess gelähmt wird und, mit früher erwähnten Aus- nahmen, neben fast absolutem Mangel von Leihkapital, Ueberfluss von unbeschäftigtem industriellem Kapital eintritt.
Im Ganzen also verläuft die Bewegung des Leihkapitals, wie sie sich im Zinsfuss ausdrückt, in umgekehrter Richtung zu der des industriellen Kapitals. Die Phase, wo der niedrige, aber über dem Minimum stehende Zinsfuss mit der "Besserung" und dem wach- senden Vertrauen nach der Krise zusammenfällt, und besonders die Phase, wo er seine Durchschnittshöhe erreicht, die Mitte, gleich- weit entfernt von seinem Minimum und Maximum, nur diese beiden Momente drücken das Zusammenfallen von reichlichem Leihkapital mit grosser Expansion des industriellen Kapitals aus. Aber am Anfang des industriellen Cyklus ist der niedrige Zinsfuss zusammen- fallend mit Kontraktion, und am Ende des Cyklus der hohe Zins- fuss mit Ueberreichlichkeit von industriellem Kapital. Der niedrige
Wachsen des produktiven Kapitals aus, wie die wachsenden Depo- siten bei den Londoner Aktienbanken, sobald diese anfingen, Zinsen auf Depositen zu zahlen. Solange die Produktionsleiter dieselbe bleibt, bewirkt diese Expansion nur Reichlichkeit des leihbaren Geldkapitals gegenüber dem produktiven. Daher niedriger Zinsfuss.
Hat der Reproduktionsprocess wieder den Stand der Blüte er- reicht, der dem der Ueberanspannung vorhergeht, so erreicht der kommercielle Kredit eine sehr grosse Ausdehnung, die dann in der That wieder die „gesunde“ Basis leicht eingehender Rückflüsse und ausgedehnter Produktion hat. In diesem Zustand ist der Zins- fuss immer noch niedrig, wenn er auch über sein Minimum steigt. Es ist dies in der That der einzige Zeitpunkt, wo gesagt werden kann, dass niedriger Zinsfuss, und daher relative Reichlichkeit des verleihbaren Kapitals, zusammenfällt mit wirklicher Ausdehnung des industriellen Kapitals. Die Leichtigkeit und Regelmäßigkeit der Rückflüsse, verknüpft mit einem ausgedehnten kommerciellen Kredit, sichert das Angebot von Leihkapital trotz der gesteigerten Nachfrage, und verhindert das Niveau des Zinsfusses zu steigen. Andrerseits kommen jetzt erst in merklichem Grad die Ritter her- ein, die ohne Reservekapital oder überhaupt ohne Kapital arbeiten, und daher ganz auf den Geldkredit hin operiren. Es kommt jetzt auch hinzu die grosse Ansdehnung des fixen Kapitals in allen Formen, und die massenhafte Eröffnung neuer weitreichender Unter- nehmungen. Der Zins steigt jetzt auf seine Durchschnittshöhe. Sein Maximum erreicht er wieder, sobald die neue Krisis herein- bricht, der Kredit plötzlich aufhört, die Zahlungen stocken, der Reproduktionsprocess gelähmt wird und, mit früher erwähnten Aus- nahmen, neben fast absolutem Mangel von Leihkapital, Ueberfluss von unbeschäftigtem industriellem Kapital eintritt.
Im Ganzen also verläuft die Bewegung des Leihkapitals, wie sie sich im Zinsfuss ausdrückt, in umgekehrter Richtung zu der des industriellen Kapitals. Die Phase, wo der niedrige, aber über dem Minimum stehende Zinsfuss mit der „Besserung“ und dem wach- senden Vertrauen nach der Krise zusammenfällt, und besonders die Phase, wo er seine Durchschnittshöhe erreicht, die Mitte, gleich- weit entfernt von seinem Minimum und Maximum, nur diese beiden Momente drücken das Zusammenfallen von reichlichem Leihkapital mit grosser Expansion des industriellen Kapitals aus. Aber am Anfang des industriellen Cyklus ist der niedrige Zinsfuss zusammen- fallend mit Kontraktion, und am Ende des Cyklus der hohe Zins- fuss mit Ueberreichlichkeit von industriellem Kapital. Der niedrige
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Wachsen des produktiven Kapitals aus, wie die wachsenden Depo-
siten bei den Londoner Aktienbanken, sobald diese anfingen, Zinsen
auf Depositen zu zahlen. Solange die Produktionsleiter dieselbe
bleibt, bewirkt diese Expansion nur Reichlichkeit des leihbaren
Geldkapitals gegenüber dem produktiven. Daher niedriger Zinsfuss.
Hat der Reproduktionsprocess wieder den Stand der Blüte er-
reicht, der dem der Ueberanspannung vorhergeht, so erreicht der
kommercielle Kredit eine sehr grosse Ausdehnung, die dann in
der That wieder die „gesunde“ Basis leicht eingehender Rückflüsse
und ausgedehnter Produktion hat. In diesem Zustand ist der Zins-
fuss immer noch niedrig, wenn er auch über sein Minimum steigt.
Es ist dies in der That der einzige Zeitpunkt, wo gesagt werden
kann, dass niedriger Zinsfuss, und daher relative Reichlichkeit des
verleihbaren Kapitals, zusammenfällt mit wirklicher Ausdehnung
des industriellen Kapitals. Die Leichtigkeit und Regelmäßigkeit
der Rückflüsse, verknüpft mit einem ausgedehnten kommerciellen
Kredit, sichert das Angebot von Leihkapital trotz der gesteigerten
Nachfrage, und verhindert das Niveau des Zinsfusses zu steigen.
Andrerseits kommen jetzt erst in merklichem Grad die Ritter her-
ein, die ohne Reservekapital oder überhaupt ohne Kapital arbeiten,
und daher ganz auf den Geldkredit hin operiren. Es kommt jetzt
auch hinzu die grosse Ansdehnung des fixen Kapitals in allen
Formen, und die massenhafte Eröffnung neuer weitreichender Unter-
nehmungen. Der Zins steigt jetzt auf seine Durchschnittshöhe.
Sein Maximum erreicht er wieder, sobald die neue Krisis herein-
bricht, der Kredit plötzlich aufhört, die Zahlungen stocken, der
Reproduktionsprocess gelähmt wird und, mit früher erwähnten Aus-
nahmen, neben fast absolutem Mangel von Leihkapital, Ueberfluss
von unbeschäftigtem industriellem Kapital eintritt.
Im Ganzen also verläuft die Bewegung des Leihkapitals, wie sie
sich im Zinsfuss ausdrückt, in umgekehrter Richtung zu der des
industriellen Kapitals. Die Phase, wo der niedrige, aber über dem
Minimum stehende Zinsfuss mit der „Besserung“ und dem wach-
senden Vertrauen nach der Krise zusammenfällt, und besonders
die Phase, wo er seine Durchschnittshöhe erreicht, die Mitte, gleich-
weit entfernt von seinem Minimum und Maximum, nur diese beiden
Momente drücken das Zusammenfallen von reichlichem Leihkapital
mit grosser Expansion des industriellen Kapitals aus. Aber am
Anfang des industriellen Cyklus ist der niedrige Zinsfuss zusammen-
fallend mit Kontraktion, und am Ende des Cyklus der hohe Zins-
fuss mit Ueberreichlichkeit von industriellem Kapital. Der niedrige
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/35>, abgerufen am 03.12.2024.
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